Fritz Garling kennt sich in Wilsdruff sehr gut aus. Und das liegt nicht nur an seinem Alter. Garling ist 83, rüstig und vielseitig interessiert. Der Wilsdruffer hat schon zeitig begonnen, sich für seine Heimatstadt zu interessieren. Sein Vorteil: Er wohnt in der Löwenapotheke und damit direkt am Marktplatz. Wenn es dort Konzerte und andere Veranstaltungen gibt, braucht er nur das Fenster aufzumachen, um dabei zu sein. "Ich sitze in der ersten Reihe", sagt er und lächelt. Aber auch sonst ist er ein aufmerksamer Beobachter seiner Heimatstadt, in der er fast 60 Jahren wohnt.
Aufgewachsen ist er in Mecklenburg, einem Ort bei Güstrow. Beim Studium in Greifswald lernte er seine Frau kennen. Mit ihr ging er im Oktober 1963 nach Wilsdruff, weil sie dort eine Apotheke übernehmen konnte. Garling arbeitete als Geologe zunächst in Freiberg, später in Dresden. Er kümmerte sich um die Entwässerung und die Trinkwassergewinnung in vielen Orten der früheren DDR.
Sehnsucht nach dem Norden
"An sich hat es mich immer gen Norden gezogen. Doch ich bin geduldig hiergeblieben." Als seine Kinder geboren waren, wurde er sesshaft, begann, sich für die Geschichte der Stadt und der Region zu interessieren. 1978 fing er an, Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften zu sammeln, zunächst zur Heimatgeschichte, wie über die Entstehung und die Standorte der Wilsdruffer Postmeilensäule.

1990 weitete er seine Sammelleidenschaft aus. Er schnitt jeden Artikel aus, der in der Sächsischen Zeitung über Wilsdruff erschien, klebte ihn mit Datum versehen auf Papier und heftete ihn ab. Auch Artikel anderer Zeitungen - wie dem Wilsdruffer Tageblatt -, aber auch Prospekte und Flyer zu Ladeneröffnungen oder Festen hob er auf und sammelte sie. Chronologisch.
Später griff Fritz Garling zur Feder. Er machte sich dran, Bücher und Broschüren zu schreiben. Der Geologe mit Doktortitel verfasste das Buch "Heimatbelege Wilsdruffer Stadtgeschichte", in dem er historische Postkarten, Notgeld und Firmenlogos veröffentlichte und einordnete.
In der Broschüre "Vom Wasser", die in der Reihe "Beiträge zur Heimatgeschichte" des Arthur-Kühne-Vereins erschien, beschreibt er die Geschichte der Wassernutzung in Wilsdruff. Außerdem hat er die Geschichte der Wilsdruffer Löwen-Apotheke dokumentiert, die seine Frau bis 2002 führte und in der er seit 1990 in der Buchhaltung und als Hausmeister tätig war. Parallel dazu sammelte er aber weiter die Zeitungsbeiträge.

Nach den Eingemeindungen von Kesselsdorf, Mohorn und den anderen heutigen Ortsteilen interessierte er sich auch für die Artikel, die über das Geschehen in diesen Orten berichteten. Nur eins sparte er aus: den Sport. "Ich weiß, dass die Vereine selbst sammeln", sagt er.
Verein übernimmt das Zeitungsarchiv
Inzwischen ist ein stattliches Archiv mit 19 Ordnern entstanden. Aus Altersgründen möchte er die Arbeiten daran in diesem Jahr abschließen. Seinen ursprünglichen Plan, eine Art Chronik zu verfassen, die 1990 beginnt, hat er aufgegeben. Ihm fehlt die Zeit dazu, sagt er. Schon zeitig machte er sich Gedanken, was aus den Ordnern werden soll. Er bot sie Jürgen Stumpf, dem Chef des Artur-Kühne-Vereins an. Obwohl beide Gründungsmitglieder im Verein sind und sich schon lange kennen, war Stumpf überrascht. Von dieser akribischen Sammelleidenschaft habe er nichts gewusst.

Der Verein wird die Ordner übernehmen. Damit das Zeitungsarchiv für Recherchen genutzt werden kann, werden zwei Mitstreiter des Artur-Kühne-Vereins die Seiten nummerieren, jeden Artikel verschlagworten und ein Verzeichnis anlegen. Wer künftig nach einem Thema sucht, wird über diese Datenbank schnell fündig.
Für Jürgen Stumpf ist das ein weiterer Schatz, den sich der Verein sichern konnte. 2017 konnte er das Fotoarchiv von Erhardt Freund übernehmen. Auch das war ein wichtiger Schritt, um die jüngere Vergangenheit der Stadt später einmal aufarbeiten zu können. Bald schon wird er sich wieder mit Fritz Garling treffen. Dann wird Vivien Ernst dabei sein. Die junge Frau will das Zeitungsarchiv weiterführen.
Heimatforscher auf vielen Gebieten aktiv
Fritz Garling wird es nicht langweilig. Der Senior möchte sich jetzt verstärkt um die Erforschung der Familiengeschichte kümmern. Auch hier fängt er nicht bei null an. In den letzten 40 Jahren hat er einen prall gefüllten Aktenordner zusammengetragen. Nun hat er einen Stammbaum anlegen können, der fast bis ins Jahr 1600 zurückgeht.
Jürgen Stumpf weiß die ehrenamtliche Arbeit seines Mitstreiters zu schätzen. Für diese gab es schon Lob von höchster Stelle. Für sein Buch vom Wasser erhielt Fritz Garling vom sächsischen Kultusministerium einen Ehrenpreis.
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