Noch steht sie, die Riesenantenne. Geht es nach den Willen vieler Wilsdruffer, so soll sich daran nichts ändern. Sie hoffen, dass das Amt für Denkmalpflege den geplanten Abbruch zumindest indirekt in letzter Minute aufhalten kann.
Zu diesem Kreis der Antennenfreunde gehört Matthias Schlönvogt. Der Wilsdruffer, der für die Freien Wähler im Wilsdruffer Stadtrat sitzt, verweist auf eine Auflage des Amtes für Denkmalpflege. Dieses verpflichtet den Eigentümer der Antenne, die Kölner Firma Media Broadcast, dass diese bei der Sprengung das Antennenhaus unter dem Turm "nicht beschädigt werden darf".
Auch der Isolationskörper soll erhalten bleiben
Schlönvogt fordert, dass diese Auflage eingehalten wird. Norbert Roepke, ein pensionierter Funk- und Sendetechnik-Ingenieur, der in Meiningen wohnt und aus der Ferne das Geschehen verfolgt, geht noch weiter. Er verlangt, dass auch der Isolationskörper, auf dem die Antenne steht, nicht beschädigt werden darf. Schönvogt: Kann die Denkmalschutzbehörde nicht garantieren, dass diese beiden Bestandteilen nicht beschädigt werden, müsse sie ihre Zustimmung zum Abriss zurückziehen.
Doch das wird wohl nicht passieren. Sabine Webersinke, Sprecherin des Landesamtes für Denkmalpflege erklärt, dass ihr Amt der Media Broadcast umfangreiche Auflagen zur Dokumentation des Bestands gemacht habe. Diese seien sämtlich erfüllt worden. Zudem verlangt ihr Amt, bei der Sprengung die übrigen Gebäude und das Freigelände mit der Baumpflanzungen zu schützen. "Besonderes Augenmerk galt dabei dem Antennenhaus, auf welchem der Mast steht", erklärt Sabine Webersinke. Dieses muss stehen bleiben.
Die Denkmalbehörden haben sich auch bemüht, ein unteres Teilstück des Mastes mit dem Keramikfuß original zu erhalten. Doch das lasse sich technologisch nicht umsetzen, erklärt sie. Und da nicht sicher sei, ob der Keramikfuß die Sprengung überlebt und auch kein potenzieller Abnehmer in Sicht war, gab es dazu keine Auflage.
Landkreis ist Herr des Verfahrens
Das Einhalten der Auflagen wird von der Denkmalschutzbehörde des Landkreises kontrolliert. Diese sei die "rechtliche Herrin des Verfahrens" und ist "für die Durchsetzung des Bescheids" zuständig.
Sabine Webersinke bedauert, dass es dem Landesamt nicht gelungen sei, den "weithin sichtbaren technischen Kern des einzigartigen Ensembles zu erhalten". Der Wille sei da gewesen. Seit 2009 bekannt wurde, dass die Telekom und ihre damalige Tochterfirma Media Broadcast das Funkamt Wilsdruff verkaufen wollte, habe sich das Landesamt "intensiv um den Erhalt des ab 2015 nicht mehr genutzten Mastes bemüht."
So habe man versucht, einen neuen Eigentümer zu finden. Dazu seien über die Jahre intensive Gespräche mit der Stadt Wilsdruff und dem Verein ehemaliger Mitarbeiter des Funkamtes geführt worden. Als das Gelände an einen Privaten verkauft wurden, habe man versucht, den Mast in dessen Eigentum zu überführen. Doch das scheiterte.
Da die Media Broadcast weiterhin hohe Mieten an den Eigentümer des Geländes zahlen musste, zu der sie gerichtlich verpflichtet wurde, habe die Firma den Abriss beantragt. Diesen haben die Denkmalschutzbehörden von Land und Kreis zunächst abgelehnt, so Sabine Webersinke. Es kam zu neuen Verhandlungen mit dem Eigentümer des Geländes, in denen ihr Landesamt vermittelte. Doch es sei keine Einigung zustande gekommen.
Für die Media Broadcast wirtschaftlich unzumutbar
Die Media Broadcast habe deshalb am Abbruch festgehalten und beim Verwaltungsgericht Dresden eine Untätigkeitsklage gegen den Landkreis und seine Denkmalbehörde eingereicht. Das Gericht befasste sich mit dem Thema und sei zum Schluss gekommen, dass es für das Unternehmen wirtschaftlich unzumutbar wäre, den Turm weiter zu erhalten. Es legte dem Landkreis nahe, der Forderung nachzukommen.
Der Kreis gab nach. Hätte er nicht reagiert, hätte das Gericht entschieden, so Webersinke. Für den Denkmalschutz wäre das die schlechtere Option gewesen. Denn dann wäre es zu einem Abriss ohne Auflagen und ohne Schutz des restlichen Geländes gekommen.
Die Rettung des Turms scheiterte nach Meinung von Sabine Webersinke "an den Vertragsbedingungen, an der Sturheit der Beteiligten und dem fehlenden Willen der Kommune an einer konstruktiven Mitwirkung." Die geplante Sprengung werden zu einem "herben Verlust der sächsischen Kulturlandschaft" führen. "Ein Zeugnis früher DDR-Rundfunkgeschichte wird nachhaltig geschwächt", sagt die Sprecherin.
Noch wird die Riesenantenne auf der öffentlich zugänglichen Online-Datenbank des Landesamtes aufgeführt. Das wird sich ändern, wenn die Antenne gesprengt wurde. Damit ist das Kulturdenkmal gestorben. "Es wird aus der Denkmalliste nicht gelöscht, sondern als abgebrochenes Denkmal weitergeführt", erklärt Sabine Webersinke. Sie verschwindet aus der öffentlich einsehbaren Denkmalliste, in der internen Datenbank bleibt sie. Zumindest dort "lebt" das 153 Meter lange Stahlrohr dann weiter.