Ronny Teupner steht hinter der Theke und lächelt. Vor ihm liegen Wiener Würste, Wurstaufschnitte und Knackwürste. Auch mehrere Salate gibt es. Eben alles, was man von einer Fleischerei erwartet. Das sind Spezialitäten aus Thüringen, versichert er.
Eigentlich wollte er diese nur im November und Dezember in Wilsdruff verkaufen. Doch nun ist schon März, und der 41-jährige Thüringer steht mit seinem Team immer noch hinter der Theke der traditionsreichen Fleischerei Roß, die sich unweit von Wilsdruffer Markt in der Dresdner Straße befindet.
Das Geschäft ist gut angelaufen. "Die Wilsdruffer lassen sich gern mal auf etwas Neues ein, um es zu probieren und geben dafür auch mal einen Groschen mehr aus", sagt Teupner. Er ist vom Fach, ein gelernter Fleischfachverkäufer. Teupner wuchs in Pößneck auf, wohnt in Mittweida und pendelt seit mehreren Wochen täglich nach Wilsdruff.
Corona bringt Geschäftsmodell durcheinander
Sein Unternehmen hat den Mietvertrag, den es mit Jörg Roß abgeschlossen hat, verlängert. Eigentlich betreibt die Firma, bei der Teupner angestellt ist, den Imbiss Mister Burger & Co in Chemnitz. In der Herbst- und Winterzeit verkauft die Firma außerdem noch Thüringer Wurstwaren auf verschiedenen Märkten. Die Corona-Pandemie und die Auflagen setzten dem Geschäftsmodell aber im vergangenen Jahr zu.
Ein Fastfood-Lokal, in das man nicht einkehren kann, macht keinen Sinn. "Wer kauft sich einen Burger, lässt ihn sich einpacken, um ihn nach Hause zu nehmen und dort in der Mikrowelle aufzuwärmen?" Es dürften nicht viele sein, sagt Teupner und schmunzelt. Deshalb hat seine Chefin den Imbiss mit dem Lockdown geschlossen.

Auch der Verkauf auf den Märkten kam durch die Auflagen ins Stocken. Der Herbstmarkt in Olbernhau fand noch statt, andere Märkte wurden abgesagt. Der Christmarkt in Freiberg wurde zwischendurch von heut auf morgen geschlossen.
Aufgrund dieser unsicheren Lage schaute sich das Imbiss-Team bereits im Herbst nach Alternativen um. "Wir suchten nach Fleischereien, die leer stehen oder Nachfolger suchen", erzählt Teupner. Und so sei man zu einer Fleischerei in Bermsgrün bei Schwarzenberg und auf die Fleischerei Roß in Wilsdruff gekommen.
Fleischerei seit 2001 in Wilsdruff
Fleischermeister Jörg Roß, der seit 2001 Wurst- und Fleischspezialitäten herstellt und verkauft, begann fast zeitgleich einen Nachfolger zu suchen. Der Grund: Bei seiner Frau Brit wurde Krebs diagnostiziert. Um mehr Zeit füreinander zu haben, beschloss das Ehepaar, das Geschäft aufzugeben. So richtig ging der Plan nicht auf.
Trotz des beherzten Eingreifens der Mediziner verlor Brit Roß, die ein Energiebündel und voller Tatendrang war, Mitte Dezember den Kampf gegen den Krebs. "Das Schlimmste war, dass meine Frau sich nicht verabschieden konnte", sagt Jörg Roß. Das schmerzt noch immer. Roß, der das Geschäft von Anfang an im Team mit seiner Frau vorantrieb, konnte sich nicht vorstellen, hier allein weiterzumachen. Deshalb nahm er Abschied vom Fleischerhandwerk und ging zu einem privaten Forstbetrieb.

Für seine Fleischerei fand er einige Interessenten. Das Team um Ronny Teupner legte ein Konzept vor, das sich schnell realisieren ließ und zu funktionieren schien. Deshalb gab er der Chemnitzer Firma den Zuschlag. Bereut hat er es nicht.
Obwohl im Vergleich zu früheren Zeiten weniger Leute hier einkaufen, was zum Teil auch an den Corona-Auflagen liegen kann, läuft das Geschäft gut. Der neue Pächter ist jedenfalls zufrieden. "Die Kundenresonanz ist sehr gut", sagt Ronny Teupner. Gut gekauft werden Salate, die Zungenwurst im Naturdarm, Knackwürste und die Thüringer Roster und Rostbrätel.

Diese werden in mittelständischen Fachbetrieben in Erfurt und Aschera bei Bad Langensalza produziert und zweimal die Woche nach Wilsdruff geliefert.
Dass viele Kunden dem Geschäft treu geblieben sind, liegt aber nicht nur an den thüringischer Spezialitäten und dem guten Ruf, den sich Jörg Roß über Jahre erarbeitet hat. Auch der erweiterte Service von Teupners Team kommt gut an. Es bietet täglich ein Mittagessen und vier Salate an. "Drei Firmen der Region bestellen bei uns", sagt Teupner. Der Favorit sind Spaghetti mit Tomatensoße.
Erste Bestellungen für die Schuleinführung
Etabliert hat sich auch der Platten- und Party-Service, mit dem das Team Feiern zwischen 35 und 50 Leuten versorgen kann. Trotz Corona-Vorschriften wurde der Service schon oft gebucht. "Wir haben die ersten Bestellungen für Jugendweihe- und Schuleinführungsfeiern."
Jörg Roß zollt dem Team Respekt: "Sie haben mehr gemacht, als sie am Anfang vorhatten. Herr Teupner macht fast alles möglich." Über dieses Kompliment freut sich Teupner. "Wir möchten hier gern länger bleiben", sagt er. "Ich spreche bewusst von wir, denn wir entscheiden als Team." Zu diesem gehören insgesamt sieben Leute.
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