Von Dominique Bielmeier
Landkreis Meißen. In mittlerweile neun Fällen sind in diesem Jahr Rückstände verbotener Pflanzenschutzmittel in Weinstöcken durch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) nachgewiesen worden. Die SZ hat bei der Behörde nachgefragt, was die neuesten Funde bedeuten:
Wie wurden verbotene Mittel in den drei jüngsten Fällen nachgewiesen?
Das LfULG kontrolliert, ob das Pflanzenschutzgesetz eingehalten wird. Dabei werden regelmäßig Rindenproben entnommen und auf eine Vielzahl von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen analysiert.
Welche und wie oft wurden Pflanzenschutzmittel gefunden?
„Im Rahmen dieser Probenanalysen wurden in diesem Jahr in insgesamt sieben Fällen Rückstände des Pflanzenschutzmittels Dimethoat (beziehungsweise dessen Metabolit Omethoat) und in zwei Fällen Rückstände des Pflanzenschutzmittels Iprodion in der Rinde von Weinreben analysiert“, erklärt LfULG-Sprecherin Karin Bernhardt. Die Mittel sind im Weinbau verboten. Bei den aktuellsten Analysen wurden drei dieser insgesamt neun Fälle festgestellt.
Das heißt, die Winzer haben verbotene Mittel gespritzt?
Nicht unbedingt, wie Bernhardt betont. Die analytische Feststellung sei noch kein Nachweis für eine verbotene Anwendung durch den Traubenerzeuger. „Vielmehr sind im Ordnungswidrigkeitenverfahren, das auch eine Anhörung des Traubenerzeugers umfasst, alle relevanten Fakten und Informationen zusammenzuführen.“ Auf dieser Grundlage erfolge eine Bewertung durch das LfULG, ob ein Verstoß gegen Pflanzenschutzrecht gegenüber einer Person nachgewiesen ist und ein Bußgeldbescheid erlassen wird. Bis dahin gelte für jeden Erzeuger die Unschuldsvermutung – weshalb die betroffenen Weinbauern auch nicht namentlich genannt werden.
Was bedeuten die Funde für den Wein, der an diesen Rebstöcken wächst?
Das sächsische Sozialministerium erklärt dazu: „Der Rebstock ist kein Lebensmittel, dies ist nur die Traube nach der Ernte. Wenn also auf der Traube kein Dimethoat nachweisbar ist, dann kann diese vermarktet beziehungsweise verarbeitet werden.“ Insektengift auf den Stöcken bedeutet also nicht automatisch, dass wieder belasteter Wein in den Handel gelangen wird.
Wie scharf wird der hiesige Wein nun kontrolliert?
Das LfULG will in diesem und in den kommenden Jahren „verstärkt und risikoorientiert Kontrollen auf die Einhaltung der Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes in Traubenerzeugerbetrieben durchführen“. Diese umfassen auch das Entnehmen von Proben. Im Rahmen des Sonder-Überwachungsprogrammes des Sozialministeriums wurden in den vergangenen Monaten vermehrt Kontrollen durchgeführt und dabei in Weinen aus insgesamt sechs sächsischen Kellereien Rückstände von Dimethoat und Iprodion festgestellt.
Ein Erzeuger – nach SZ-Informationen handelt es sich um die Winzergenossenschaft – sei mit mehreren 100 000 Litern besonders stark betroffen, sagte Verbraucherschutzministerin Barbara Klepsch bei einer Pressekonferenz im Juni. Ab der diesjährigen Lese sollen alle Weine, für die als Qualitäts- und Prädikatsweine eine AP-Nummer beantragt wird, ausschließlich an der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen analysiert werden. Das Sozialministerium will diese Weine zusätzlich überprüfen. Winzer scherzen, der sächsische Wein sei mittlerweile der am meisten untersuchte Wein weltweit.
Was sagen die Winzer zu der ganzen Affäre?
Sie sind genervt bis wütend, vor allem, da die Namen der Verursacher nicht genannt werden. Im SZ-Interview sagte Jan Ulrich, in dessen Kellerei der Skandal durch den Zukauf belasteter Trauben begonnen hatte: „Schlimm finde ich, dass dem, der die Trauben gespritzt hat, nicht viel passiert. Eigentlich dürfte der keinen Wein mehr anbauen.“ Der Mann habe per Rechtsanwalt verhindert, dass sein Name genannt werde.
Georg Prinz zur Lippe sagte der SZ: „Ross und Reiter müssen meiner Meinung nach in der Öffentlichkeit klar und vollständig benannt werden, um den seit Monaten gepflegten Generalverdacht gegen alle sächsischen Winzer abzuwehren.“ Diese Informationspflicht sei doch klar durch den Paragrafen 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und durch geltendes EU-Recht geregelt.