Von Daniel Klein
Uwe Sonntag saß mit seinen Helfern gerade bei einer Besprechung, als die Meldung aus Boston eintraf. Am 28. April führt der Oberelbe-Marathon wie immer von Königstein ins Dresdner Heinz-Steyer-Stadion, Sonntag ist seit vielen Jahren der Organisationschef. „Wir haben spontan beschlossen, beim Start eine Gedenkminute für die Opfer abzuhalten“, sagt er.
Viel mehr kann er nicht tun. Er habe Kontakt zum Innenministerium aufgenommen, erzählt er, will wissen, ob es Warnhinweise gibt. Sonntag hält das aber für unwahrscheinlich. „Es wäre absolut falsch, jetzt Panik zu verbreiten. Das bringt nichts.“ Die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden bei einer öffentlichen Großveranstaltung sind begrenzt, auf einer Strecke von 42 Kilometern wird es noch komplizierter. „Wir können nicht alle fünf Meter Polizisten hinstellen“, verdeutlicht Sonntag. „Ich glaube auch nicht, dass dies das Sicherheitsgefühl von Läufern und Zuschauern erhöhen würde.“ Anmeldungen seien nicht zurückgezogen worden, sagt er.
Auch Peter Eckstein, Organisator des Dresdner Morgenpost-Marathons am 20. Oktober, macht sich Gedanken. „Wir nehmen das ernst, werden unser Sicherheitskonzept überprüfen und wenn nötig überarbeiten“, erklärt er. „Aber unser Lauf führt mitten durch eine Großstadt. Da kann man unmöglich jeden Zuschauer und jeden Zaungast kontrollieren.“ Bei Veranstaltungen in Stadien sei dies einfacher.
Angespannt ist die Lage insbesondere in Leipzig, Hamburg und London, wo bereits am kommenden Sonntag Marathon-Läufe gestartet werden. Alle sollen wie geplant stattfinden. In der Olympiastadt von 2012 werden eine halbe Million Zuschauer erwartet, Prinz Harry wird trotz der Vorfälle in Boston die Siegerehrungen vornehmen, hieß es vom Buckingham Palast. In Hamburg sind 400 Beamte im Einsatz. „Für Veranstaltungen wie diese haben wir generell ein hohes Sicherheitsniveau, daran ändert sich nichts“, sagte ein Polizeisprecher.
Eine größere Gefährdung für die Marathons in Deutschland sieht der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop, nicht. „Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, aber eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben.“
Zu ersten Konsequenzen führte der Bombenanschlag in Sotschi, dem Olympiaort der Winterspiele im kommenden Februar. Ab dem 1. Juni werden die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt verschärft, teilte das russische Innenministerium mit. „Für Russland, das bald einige sportliche Großereignisse ausrichten wird, ist das eine ernst zu nehmende Warnung“, sagte Sportminister Witali Mutko. 2018 ist das Land zudem Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft. (mit dpa/sid)