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„Wir können niemanden zwingen, bei Dynamo zu unterschreiben“

Sportchef Ralf Minge erklärt, was bei Torwart Markus Schubert Sache ist und wie er die Personalplanung für die nächste Saison angeht.

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Ralf Minge deutet im Dynamo-Trainingslager an, dass in der Winterpause ein Spieler geht. Aber wer?
Ralf Minge deutet im Dynamo-Trainingslager an, dass in der Winterpause ein Spieler geht. Aber wer? © Lutz Hentschel

Pause im Dynamo-Trainingslager, die Spieler haben am Donnerstag frei. Zeit für ein Gespräch mit dem Sportgeschäftsführer. Ralf Minge stellt sich im Mannschaftshotel „Regnum Carya“ in Belek den Fragen der mitgereisten Medienvertreter. Dabei geht es vor allem um eine Personalie, und am Ende kündigt er noch eine Überraschung an. Aus der Türkei berichtet SZ-Reporter Sven Geisler.

Ralf Minge, wie bewerten Sie das Trainingslager in der Türkei bisher?

Wir haben hier extrem tolle Bedingungen im Hotel genauso wie auf dem Trainingsplatz. Das ist hoch professionell. Klar, das Wetter war zwei, drei Tage nicht so toll. Aber für den Umgang mit Widrigkeiten war auch das ein ganz guter Test.

Die Mannschaft hat am Donnerstag freibekommen …

Ja, es steht Regeneration an, Behandlung. Ein Tag zum Durchschnaufen, am Freitag geht es mit zwei Trainingseinheiten weiter.

Sie wollen in der Türkei Gespräche mit Spielern führen, zwölf Verträge laufen im Sommer aus. Wie ist der Stand?

Wir führen die Gespräche auf Deutsch gesagt im Schweinsgalopp. Wir bewerten die Personalien intern. Das ist sehr vielfältig.

Können Sie schon bei jemandem Vollzug melden?

Nein, bisher nicht.

Wie sieht es bei Markus Schubert aus?

Da muss ich etwas weiter ausholen, muss in den Februar, März vorigen Jahres gehen. Vor meiner Krankheit hatte ich mit Kristian Walter (in Abwesenheit Minges Vertreter /d. A.) auch über die vertragliche Situation von Markus gesprochen. Er und seine Berater sagten damals, dass sie erst einmal abwarten, ob er Stammtorhüter wird. Als das mehr oder weniger feststand, haben wir im Oktober wieder das Gespräch gesucht. Uns wurde mitgeteilt, dass er sich im Winterurlaub Gedanken machen will. Das haben wir akzeptiert. Im Dezember ist Schubi auf uns zugekommen und sagte, er glaube nicht, dass er es über Weihnachten schon endgültig für sich klären kann. Dann haben wir natürlich gefragt – der Torwart ist ja eine extrem wichtige planerische Größe –, wann er es sich vorstellen könnte. Und er hat gesagt, bis zum Trainingslager. So kam dieser Termin zustande.

Es gab also keine Frist?

Von uns gab es nie ein Ultimatum. Wir haben ihm und seinen Beratern vor zwei Wochen ein für Dynamos Verhältnisse anspruchsvolles Angebot geschickt. Darauf gab es überhaupt keine Reaktion, was schon etwas verwunderlich ist. Wir haben aus meiner Sicht alles reingelegt, können aber niemanden zwingen, bei Dynamo zu unterschreiben.

Die Zeichen stehen also auf Trennung?

Ich bin lange genug im Geschäft, um die Situation zu bewerten. Die Fakten liegen auf dem Tisch, er weiß, was wir ihm hier bieten können, wie wir ihn die vergangenen Jahre unterstützt haben, welche Perspektive wir ihm bieten können. Daran wird sich in den nächsten drei oder vier Wochen nichts ändern. Ich werde aber im Trainingslager noch mal unter vier Augen mit ihm sprechen.

Mit den A-Junioren von Dynamo ist Markus Schubert (M.) in die Bundesliga aufgestiegen. Danach überreichte ihm Ralf Minge die Medaille.
Mit den A-Junioren von Dynamo ist Markus Schubert (M.) in die Bundesliga aufgestiegen. Danach überreichte ihm Ralf Minge die Medaille. © Robert Michael

Es gibt das Gerücht, er sei bereits an einen Bundesligisten verkauft und Dynamo leihe ihn bis Saisonende aus …

Er hat ja bis Saisonende bei uns Vertrag. Ich bin in der Branche gut vernetzt, ich weiß, wo er Gespräche geführt hat. Ich habe beim Spiel gegen Zagreb auch gesehen, wer da war: ein Torwartscout von einem Bundesligisten. Ich bin sehr gut im Bilde. Wir müssen uns realistisch einschätzen. Wenn es um eine wirtschaftliche Komponente geht, würden wir uns verheben. Das Gefälle ist zu groß.

Gibt es eine offizielle Anfrage?

Nein, an uns ist niemand herangetreten.

Bis wann wollen Sie Klarheit?

Wie gesagt, es gibt noch ein Vier-Augen-Gespräch. Es wäre jedoch grob fahrlässig, wenn wir nicht jetzt schon nach rechts und links gucken würden. Das war anders geplant, aber mitunter ist das so im Fußball.

Sie haben seinen Karriereplan entworfen, ihn unterstützt, sogar die Personal-Politik auf der Torhüter-Position mit den Ausleihen von Janis Blaswich und Marvin Schwäbe auf ihn ausgerichtet. Wie groß ist Ihre Enttäuschung?

Auch mit solchen vermeintlichen Niederlagen muss man umgehen können. Ich denke, dass wir mit Markus Schubert ein großes strategisches Investment getätigt haben – und das voller Überzeugung. Schmerzen lassen sich nicht vermeiden, das gehört zum Geschäft. Mittlerweile versuche ich, das etwas nüchterner zu betrachten, weil es um die Sache geht, um den Verein. Aber, klar, da bleibt menschlich etwas hängen. Entscheidend ist, wie man in dem Prozess miteinander umgeht, wie viel Ehrlichkeit da ist. Ich bin mir auch nicht sicher, inwieweit der Schubi diese Haltung hat oder Berater dahinterstecken. Ich habe sie kennengelernt. Das ist durchaus zu vermuten.

Das klingt, als wäre es definitiv. Ist es ausgeschlossen, dass er sich doch noch für Dynamo entscheidet?

Das liegt einzig und allein bei ihm. Wie gesagt: Unsere Karten liegen auf dem Tisch. Wir haben uns dabei relativ weit rausgelehnt, aber mit Überzeugung. Aber wenn man letztlich ignoriert wird, das kann man ja so sagen, kann ich die Zeichen deuten. Stand heute gehen wir davon aus: Am 30. Juni endet der Vertrag. Wir hoffen aber, dass sich doch noch etwas bewegt.

Es laufen im Sommer insgesamt zwölf Verträge aus. Wer ist für Sie ähnlich wichtig und bekommt ein Angebot?

Wir haben für die nächste Saison auch schon 19 Spieler unter Vertrag, müssen also nicht in Panik verfallen. Ich mache keinen Hehl daraus: Jannik Müller ist aus seiner Verletzung gut rausgekommen, ist neben Niklas Kreuzer – jetzt nenne ich einen zweiten Namen – ein Synonym für den Neuanfang nach dem Abstieg 2014. Wir sind aber nicht an dem Punkt, dass morgen die Tinte trocken ist.

Sie haben angekündigt, den Kader im Sommer zu verkleinern, aber qualitativ zu verbessern. Was heißt das konkret?

Es heißt nicht, dass wir sechs oder acht Spieler weniger haben werden. Mir ist es wichtig, weil es identitätsstiftend ist, Spieler aus dem eigenen Nachwuchs heranzuziehen und sie auch weiterzuentwickeln. Wir haben die besten Beispiele, ob das Justin Löwe ist, der noch mal einen Sprung gemacht hat, oder Osman Atilgan, der wie im Sommer auf sich aufmerksam macht. Wir haben sieben Spieler aus der eigenen Jugend hier am Start, das muss unser Weg sein und bleiben..

Qualitativ, wie meinen Sie das?

Es ist diskutiert worden über die Punkte-Quote mit und ohne Marco Hartmann. Wir wollen noch einen Spieler, der außer der sportlichen Klasse diese Leaderqualitäten mitbringt. Ich glaube, der würde der Mannschaft guttun. In der Regel haben wir Spieler von unterklassigen Vereinen verpflichtet, vielleicht muss man jetzt bei ein oder zwei Verpflichtungen anders rangehen, um die Mannschaft weiterzuentwickeln.

Sind Ihre Erwartungen an Patrick Ebert aufgegangen?

Man guckt sich die Biografie an und sagt: Okay, das muss vom Charakter her ein richtig guter Typ sein. Und das hat er absolut bestätigt. Duisburgs Trainer Torsten Lieberknecht hat nach unserem 3:1-Sieg dort nicht umsonst gesagt, einen Bekloppten wie Ebert hätte er sich gewünscht, bei dem man spürt: Der will unbedingt gewinnen. Das lebt er, und menschlich passt es total.

Auch sein Vertrag läuft aus, planen Sie weiter mit ihm?

Das wird sich automatisch erledigen, es gibt eine Option auf Verlängerung bei einer bestimmten Anzahl von Spielen.

Wird es in der Winterpause noch Neuzugänge geben?

Den zweiten Moussa Koné haben wir im Moment nicht auf dem Zettel. Es muss Sinn machen, voller Überzeugung greifen. Ich sehe nicht den dringenden Bedarf, auch, weil einige Spieler zurück sind, die länger verletzt waren. Niklas Kreuzer und Patrick Möschl sind kurz davor. In den Testspielen hat man auch gesehen, was ich immer betont habe: dass wir junge, talentierte Spieler haben, die es zu entwickeln gilt. Dafür benötigen sie die Chance.

Andersrum: Sollen Spieler ausgeliehen werden, zum Beispiel Sascha Horvath?

Es gibt einige, bei denen wir uns damit auseinandersetzen. Aber auch dabei muss alles passen – für beide Seiten. Es gibt eine konkrete Personalie, da steht aber keine Ausleihe im Raum, sondern ein Transfer. Damit tun wir uns aber schwer. Ansonsten ist es viel Säbelrasseln, ohne dass Fleisch dran ist.

Wen betrifft die Anfrage? Haris Duljevic spielt selten, ist sicher unzufrieden …

Das ist ein schwebendes Verfahren, es wäre unseriös, wenn ich einen Namen in der Öffentlichkeit preisgeben würde.

Dynamo hat in der zweiten Liga nach oben wie unten Luft. Was muss sich die Mannschaft für die verbleibenden 16 Spiele vornehmen?

Wir haben vorige Saison erfahren, wie eng es bei der Leistungsdichte in dieser zweiten Liga noch mal werden kann. Wir wollen mehr Konstanz in unser Spiel kriegen, die Leistungen waren zu wechselhaft. Flexibilität ist ein Thema, wo wir mit der Umstellung auf 4:4:2 gegen Duisburg einen Anfang gemacht haben. Aber das Ende der Fahnenstange ist auch in dem Punkt bei Weitem noch nicht erreicht.

Das Gespräch führte Sven Geisler

Sie haben Fragen, wir fragen!

Über unseren Instagram-Kanal haben wir vor diesem Interview mit Ralf Minge unsere Follower zum Einsenden von Fragen aufgerufen. Drei davon konnten wir dem Sportlichen Leiter von Dynamo stellen. Hier die Fragen und Antworten in einem Clip.