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„Wir pflanzen eine Million Bäume im Jahr“

Im Forstbezirk Bärenfels werden die Wälder verjüngt. Dieses Jahr wurde mehr gepflanzt als geplant – nicht ohne Grund.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Der Forstbezirk ist 800 Quadratkilometer groß. Er erstreckt sich von Freital über den Tharandter Wald und das Osterzgebirge bis an die tschechische Grenze. Langfristig soll es wieder mehr Baumarten dort geben, die in den vergangenen Jahrhunderten vor allem von der Fichte verdrängt wurden. Diese wächst derzeit noch auf zwei Dritteln der dortigen Waldflächen. Es wird auf mehr Vielfalt gesetzt und aufgeforstet – auch dieses Jahr. Im SZ-Gespräch zieht Forstdirektor Sven Irrgang eine erste Bilanz und blickt auf 2017 voraus.

Herr Irrgang, war 2016 bislang ein gutes Jahr für die Wälder im Forstbezirk?

Insgesamt war es bis jetzt noch ein gutes Jahr, insbesondere wegen der für den Wald günstigen Witterung mit ausreichend Niederschlägen bis Juli. Die seit August zunehmende Trockenheit und der Trockenstress aufgrund hoher Temperaturen sind problematisch. Es ist zu befürchten, dass das Auswirkungen auf die Vitalität und Schadanfälligkeit der Wälder und damit auch auf die diesjährige Waldverjüngung hat. Ein Ausmaß etwaiger Schäden im Forstbezirk kann aber erst mit Beginn der nächsten Vegetationsperiode eingeschätzt werden.

Inwiefern waren Schädlinge dieses Jahr ein Thema in den Wäldern der Region?

Lokal begrenzt gab es einige von verschiedenen Rüsselkäfern verursachte Schäden an jungen Bäumen. Im Herbst könnten auch wieder Mäuse ein Problem werden …

… und was ist mit dem Borkenkäfer?

Der Fichtenborkenkäfer stellt indes nach wie vor eine Gefahr für die Wälder dar – zur Vermeidung von größeren Schäden ist eine permanente Überwachung und Sanierung erforderlich. Das ist ein Grund für den Waldumbau von reinen Fichtenbeständen.

Mit welcher Geschwindigkeit wird der Waldumbau betrieben?

Derzeit haben wir hier 80 Prozent Nadelbäume und 20 Prozent Laubbäume. Auf rund 5 000 Hektar, auf denen vor allem Fichten wachsen, wurden in den vergangenen Jahren überwiegend Rotbuchen und Weißtannen gepflanzt. Der Prozess wird mit etwa 200 Hektar pro Jahr fortgesetzt. Der Waldumbau wird in allen Revieren des Forstbezirks vorangetrieben. Schwerpunkte gibt es dabei nicht. Künftige Waldstrukturen sind als Mischwälder mit vielfältigen Baumarten und unterschiedlichen Altersstrukturen geplant. Aber es kommt auch zu Schwierigkeiten. Wegen des trockenen Frühjahres 2015 gab es viele Pflanzenausfälle. So mussten wir dieses Jahr auf 80 Hektar mit neuen Pflanzen nachbessern.

Warum ist der Waldumbau so wichtig?

Im Fokus steht die ökologische Stabilisierung der Wälder. Ein langfristiges Ziel ist, dass der zukünftige Wald sich selbst verjüngen sowie Entwicklungspotenziale ausbilden kann. Für die Regenerationsfähigkeit und die nachhaltige Entwicklung sind beispielsweise in aller Regel auch kleinflächige Waldstrukturen erforderlich. So ergeben sich auch vielfältige Lebensräume für viele andere Pflanzen- und Tierarten.

Der Waldumbau geht voran. Vor allem von März bis Mai forsten Ihre Mitarbeiter dazu auf. Hat der Forstbezirk in diesem Jahr seine Ziele erreicht?

Ja, mit Aufforstung meinen wir aber in aller Regel die „künstliche“ Waldverjüngung meist unter dem Schutz des bestehenden Waldbestands. Eine Aufforstung im Sinne einer Waldmehrung auf bisher nicht bewaldeten Flächen findet in vergleichsweise sehr geringem Umfang statt. Das hängt mit vielen Gründen zusammen, vor allem mit Eigentumsverhältnissen. Dieses Jahr wollten wir ursprünglich 170 Hektar Wald verjüngen. Tatsächlich waren es bis jetzt etwa 185 Hektar. Dazu kommen noch Flächen, die sich natürlich verjüngen – jährlich sind das hier im Schnitt mindestens 50 Hektar.

Ist die Aufforstung für das Jahr 2016 bereits komplett abgeschlossen?

Zum großen Teil ist sie abgeschlossen. Im Herbst werden noch einige Hektar Saaten mit Weißtannen und Rotbuchen dazukommen. Je nach Winterwitterung werden wir rund 200 bis 220 Hektar „künstliche“ Waldverjüngung erreicht haben. Insgesamt werden dieses Jahr im Forstbezirk Bärenfels rund eine Million Bäume gepflanzt.

Welche Bäume wurden in diesem Jahr gepflanzt?

Es wurden jeweils etwa 50 Prozent Nadel- und Laubbäume im bestehenden Waldbestand gepflanzt, grob gesagt 80 Hektar Weißtanne, 70 Hektar Rotbuche, 30 Hektar Fichte und zehn Hektar Eiche. Weitere 15 Hektar Waldverjüngung erfolgten mit anderen Baumarten wie zum Beispiel Bergahorn, Roterle, Vogelkirsche und Lärche.

Wie sehen die Aufforstungspläne für 2017 aus? Und was wird wo gepflanzt?

Die „künstliche“ Waldverjüngung ist auf circa 200 Hektar geplant – ähnlich wie in diesem Jahr, wobei der Weißtannen-Anteil weiter steigen wird. Die neuen Pflanzen stammen zur Hälfte aus Baumschulen des Staatsbetriebes Sachsenforst sowie aus privaten Baumschulen. Außerdem werden wieder etwa 20 bis 30 Hektar gesät. Bevorzugt wird dabei eigenes Saatgut – wie dieses Jahr nach der Rotbuchenernte.

In Spechtshausen sollen nun ebenfalls kleinere Flächen aufgeforstet werden – in Siedlungsnähe. Stimmt das?

Dies dürfte nur eine einzige Fläche von gut einem Hektar sein, am Mühlweg, wo sich der Wildverkauf des Forstbezirks befindet. Für den siedlungsnahen Flächenanteil wäre dabei aber ohnehin eine Weihnachtsbaumplantage und/oder eine Streuobstwiese vorgesehen. Die angrenzende Besiedlung würde nicht beeinflusst werden.

Inwiefern müssen bei solchen Aufforstungen Abstandsflächen zur Wohnbebauung berücksichtigt werden?

Für solche Waldmehrungsflächen sind verschiedene gesetzliche Regeln, zum Beispiel nach Bau-, Wasser-, Umwelt- oder Waldrecht, zu beachten. Die Flächen müssen bei den Behörden des Landkreises beantragt werden. Dann werden verschiedene Behörden, Körperschaften et cetera einbezogen.

Können betroffene Gemeinden überhaupt mitbestimmen, was und wie viel in den Wäldern auf ihren jeweiligen Gebieten angepflanzt wird?

Nein, sofern waldgesetzliche Regeln eingehalten werden, obliegt das – wie zum Beispiel im landwirtschaftlichen Bereich – allein dem Eigentümer. Für die Waldbewirtschaftung, unter anderem die des Landeswalds, werden hierzu umfangreiche Planungswerke erarbeitet. Der Forstbezirk ist für rund 19 000 Hektar Landeswald zuständig. Er betreut und bewirtschaftet zudem 7 000 Hektar Privat- und Kommunalwald.

Noch eine Frage zum Schluss: Wie viel kostet die Umsetzung der jährlichen Aufforstungspläne im Forstbezirk?

Der Aufwand für den Waldumbau beziehungsweise für die Waldverjüngung kostet rund 1,5 bis zwei Millionen Euro pro Jahr.

Das Gespräch führte Stephan Klingbeil.