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Dieser Mann könnte heute König von Sachsen sein

Daniel von Sachsen ist Chef der Wettiner und sieht sich als ganz normalen Bürger. Seine Brötchen muss er selbst verdienen.

Von Dominique Bielmeier
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Daniel Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen in seinem großen Wohnzimmer in Friedewald. Der 43-Jährige kann auf über 1000 Jahre Familiengeschichte zurückblicken – viel lieber möchte er aber etwas für die nächsten Generationen schaffen.
Daniel Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen in seinem großen Wohnzimmer in Friedewald. Der 43-Jährige kann auf über 1000 Jahre Familiengeschichte zurückblicken – viel lieber möchte er aber etwas für die nächsten Generationen schaffen. © Norbert Millauer

Moritzburg. Wenn seine fünfjährige Tochter das pinke Kleid mit der Aufschrift „Prinzessin“ anziehen will, bekommt ihr Vater schon mal einen roten Kopf. „Aber jedes kleine Mädchen hat wohl den Traum, eine Prinzessin zu sein“, sagt er. Seine Tochter lebe das genauso – „ohne das Bewusstsein dafür zu haben.“

Denn Anna-Catharina Sophie ist ja tatsächlich eine Prinzessin, ihr Vater Daniel der Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen und Hauschef der Wettiner. Hätte Friedrich August III. vor fast genau 100 Jahren nicht abdanken müssen – der Überlieferung nach mit den Worten „Macht euern Dreck alleene“ – wäre Daniel von Sachsen heute vielleicht sogar König. Seine Kinder aber, neben Anna der dreijährige Gero, sollen so normal wie möglich aufwachsen. Ohne das Wissen um ihr fürstliches Erbe.

Ein wenig fürstlich sieht es trotzdem aus in ihrem großen Wohnzimmer mit dem Gemälde von Schloss Moritzburg an einer Wand, daneben je ein silberner Hirschkopf, links davon ein großer Kamin, der viel Wärme ausstrahlt und vor den sich Schweißhund Ayck gerne ausstreckt. Königlich, aber irgendwie auch modern – so wie die Familie, die hier lebt. Übrigens nicht in einem Schloss oder alten Landsitz: Das Haus im Friedewald ist ein ehemaliger HO-Markt. Drei Enteignungswellen haben die Wettiner im 20. Jahrhundert mitgemacht, dabei gingen auch alle Immobilien verloren.

Daniel von Sachsen lächelt über das Zitat des Sachsenkönigs, das übrigens nicht belegt sei. Friedrich August III. sei für seine Anekdoten bekannt gewesen. Mühelos kann der 43-Jährige aus über 1 000 Jahren Familiengeschichte zitieren. Wer einem Geschlecht wie dem der Wettiner angehört, kann sich Ahnenforschung sparen. Aber Daniel von Sachsen blickt viel lieber nach vorne, betont gerne, dass er Demokrat ist, und distanziert sich deutlich von monarchistischen Bewegungen, die ihm am liebsten noch eine polnische Königskrone aufsetzen würden.

Erst am Tag zuvor ist er aus der Schweiz wiedergekommen, wo er sich Inspiration geholt hat, wie man in Zukunft mit dem Wald umgehen soll. Dieses Jahr sei schon sehr schwierig gewesen, sagt er, nächstes Jahr werde noch schlimmer. „Ich versuche halt zu reagieren und die Wertschöpfungskette weiter auszubauen, um aus der Not eine Tugend zu machen“, erklärt von Sachsen. „Meckern bringt ja nichts.“

Es ist fast ein Leitmotto für den Chef der Wettinischen Forstverwaltung, beruflich wie privat. Lange engagierte er sich im Kreistag, bis heute sitzt er im Gemeinderat. Dabei zog er erst im Jahr 2002 nach Moritzburg und damit auch zurück ins Land seiner Vorfahren, aufgewachsen ist er in den alten Bundesländern. Mit seinem eigenen Namen konnte er deshalb lange nur aus historischer Sicht etwas anfangen. „Aber was ist ein Name ohne Aufgabe und Land?“, fragt er heute. „Da kann man auch Müller heißen.“

Aus der Familie kam damals die Anfrage, ob Daniel von Sachsen sich vorstellen könne, den Wald zu bewirtschaften, den die Familie von der BVVG zurückkaufen konnte. „Da habe ich zwei, drei Tage darüber nachgedacht und dann gesagt: Ja, das kann ich mir durchaus vorstellen.“ Dabei hatte er mit dem Thema Wald zuvor gar nichts am Hut.

Von Sachsen studierte noch einmal Forstwirtschaften und beschäftigte sich außerdem über ein Jahr lang intensiv mit der Geschichte der Wettiner, um sie digital zugänglich zu machen. „Im DDR-Schulsystem haben die Wettiner ja kaum eine Rolle gespielt“, sagt er. Doch das Projekt half ihm auch, sich selbst besser zu verstehen.

Seine „alte neue Heimat“ nennt Daniel von Sachsen den Freistaat heute. Es war nicht immer ein einfaches Verhältnis zwischen dem Haus und dem Land, 18 Jahre lang wurde um die Rückgabe des ehemaligen Eigentums der Wettiner gestritten. Die gütliche Einigung, die vor vier Jahren erzielt wurde, steht heute wieder auf der Kippe: Den Wettinern wurde wertloser Sondermüll aufgeschwatzt. Den Stand des Gerichtsverfahrens kennt Daniel von Sachsen nicht, sagt er. „Das ist nicht meine Aufgabe, ein Glück.“ Damit beschäftige sich eine ältere Generation des Hauses. „Ich lebe hier in der Gegenwart, ich muss meine Brötchen selbst verdienen.“