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„Mit der Bahnhofstraße beginnen“

Radebeuls Baubürgermeister Jörg Müller sagt, was die Probleme und auch Lösungen im Sanierungsgebiet West und an der Meißner Straße sind.

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© Norbert Millauer

Herr Müller, Sanierungsgebiet West ist der große Plan, der bis 2023 verwirklicht werden soll. Für die Schule läuft der Architekturwett-bewerb. Aber am Bahnhof geht es nicht voran. Für die Bahnhofstraße wollen Bürger in der Umfrage was anderes als die Stadt. Ist das Sanierungsgebiet gefährdet?

Auf den Standorten Glasinvest und Moritz-Garte-Steg an der Meißner Straße ist wieder oder noch alles offen.
Auf den Standorten Glasinvest und Moritz-Garte-Steg an der Meißner Straße ist wieder oder noch alles offen. © Norbert Millauer
Auf den Standorten Glasinvest und Moritz-Garte-Steg an der Meißner Straße ist wieder oder noch alles offen.
Auf den Standorten Glasinvest und Moritz-Garte-Steg an der Meißner Straße ist wieder oder noch alles offen. © Norbert Millauer

Die Laufzeit des Sanierungsgebietes ist zunächst bis 2023 avisiert. Zum Vergleich: In Radebeul-Ost war die erste sichtbare Maßnahme die Sanierung der Hauptstraße. Das war 2006. Begonnen haben wir mit dem Sanierungsgebiet 2003. Man sollte sich die Zeit für die Vorbereitungen, die Grundstücksangelegenheiten nehmen. Die Verfahren sind aufwendiger geworden. Das dauert. Wir sind dran. Für die Bahnhofstraße müssen wir eine Entscheidung treffen. Der Abwägungsprozess im Stadtrat läuft. Soll die Straße dem Anliegen der Gewerbetreibenden nachkommen, oder ist es anders gewollt.

Man könnte die Schule auch ohne das Sanierungsgebiet bauen?

Das will die Stadt 2018 bauen

Hochwasserschadensbeseitigung: Kötzschenbrodaer Straße an der Stadtgrenze zu Dresden, fertig Ende Februar; Kottenleite soll nach Möglichkeit Ende des Jahres 2018 fertig sein;

Hauptstraßennetz: Gerhart-Hauptmann-Straße ab Straßenbahngleis und die sich anschließende Mittlere Bergstraße bis Spitzgrundweg; Kiefernstraße; Forststraße;

Emil-Schüller-Straße das Pflaster zwischen Kötitzer Straße und Fabrikstraße durch Asphalt ersetzen;

Bildungsbereich: Luisenstift im Rohbau fertig; Planung Schillerhort in Ost, Ende des Jahres Baubeginn, Ende 2019 fertig; Oberschule Kötzschenbroda, Architekturwettbewerb läuft; Turnhalle in Naundorf bis Ende 2019 sanieren; Brandschutzkonzepte in Schulen umsetzen.

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Theoretisch ja. Für die Schule klären wir, ob es Fördermittel aus der Fachförderung gibt. Das muss immer gemacht werden, bevor wir Mittel aus der Städtebauförderung nehmen.

In der Umfrage zur Bahnhofstraße hat keine große, aber eine Mehrheit gesagt, es soll alles so bleiben, wie es ist. Das hieße, kein Wochenmarkt. Welche Meinung haben Sie?

Wir sind ja mit dem Sanierungsgebiet gestartet, weil es einen Hilferuf aus den Geschäften gab, etwas zu tun. Ein Überleben der Handelseinrichtungen gibt es nur, wenn eine Belebung in der Straße erfolgt. Nur mit Aufhübschen ist es nicht getan. Wir brauchen eine neue Zielrichtung. Und die könnte sein: Etablierung eines Wochenmarktes. Da muss man Entscheidungen treffen, man es nicht allen recht machen kann. Wir werden diese Diskussion mit weiteren Fakten untersetzen, damit die Stadtgremien sicher in ihrer Entscheidung sein können.

Der Inhaber des Bahnhofs ist mehrfach von Ihnen und vom Stadtrat eingeladen worden – und ist nicht gekommen. Bis wann möchten Sie von ihm ein klares Wort, wie es weitergeht?

Er hat gesagt, dass er gerne kommen will. Aber er möchte dann auch etwas vorstellen, was umgesetzt wird. Er hatte sich selbst vorgestellt, im letzten Jahr bereits den Bauantrag einzureichen. Das hat er bisher nicht getan. Es sind wohl noch Abstimmungen zu treffen. Von Anfang an hat er gesagt, er will sich nicht vom Sanierungsgebiet abhängig machen. Also, keine Förderung in Anspruch nehmen. Aber sie stehen ihm – wie jedem anderen im Gebiet – grundsätzlich zu. Seine Überlegungen, etwa zum Bahnhofsvorplatz, fügen sich in die Überlegungen der Stadt ein. Die Öffnung des Bahnhofes nach außen, mit Café und Tischen. Es wäre allerdings auch wirklich schön, wenn es mit dem Bahnhof vorwärtsgehen würde.

Es kann also sein, dass zuerst mit der Bahnhofstraße begonnen wird?

Das bringt sicher etwas. Ausgangspunkt waren nun mal die Geschäftsinhaber. Die haben uns angezeigt: Hier stimmt was nicht, hier kippt was. Genauso war es in Ost. Wenn in der Straße etwas vorangeht, die Leute sehen, was sich entwickelt, dann ergeben sich die nächsten Schritte auch einfacher und werden angenommen.

Meißner Straße: 2018 passiert definitiv nichts mehr in Radebeul-Mitte?

Wir wären gerne 2018 mit dem Bau gestartet. Gegen den Planfeststellungsbeschluss, mit dem man sofort bauen könnte, haben zwei Parteien Klage eingereicht. Und zwar auch mit Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Jetzt müssen wir die Entscheidung des Gerichts zu diesem Punkt abwarten. Wenn diese Entscheidung im ersten Halbjahr fallen würde, worauf wir hoffen, dann könnte anschließend in die Ausschreibung gegangen werden. Vielleicht wäre dann im Herbst, sinnvollerweise aber nach dem Winter Baubeginn. Dort sind wir abhängig von den Gerichten. Wenn die aufschiebende Wirkung hergestellt wird, dann bauen wir wahrscheinlich auch nicht im nächsten Jahr. Das hoffen wir natürlich nicht, da – wenn nicht schnell etwas passiert – der Straßenbahnbetrieb wegen des schlechten Gleiszustands gefährdet ist.

Es sollte doch demnächst einen Gütetermin geben, oder?

Daran arbeiten wir und stecken sehr viel Energie rein, um uns mit den Klägern zu verständigen. Wir hoffen stark, dass das Gericht diesen Termin bis Ende Februar festsetzt.

Hat die Stadt einen Spielraum mit möglichen Angeboten?

Ich will dem nicht vorgreifen. Wir gehen aber auch nicht in das Verfahren mit der Ansicht: Es bleibt alles beim Alten. Es verlangt einen Kompromiss von beiden beteiligten Seiten.

Könnte es sein, dass die Straße deswegen anders gebaut wird?

Die eigentliche Achse mit der Straßenbahn kann nicht verändert werden. Es muss hier noch andere Möglichkeiten geben. Das Verschieben der Achse würde totale Neuplanung bedeuten.

Haben die Kläger gesagt, was sie erreichen wollen – mehr Abstand vom Haus, eine Mauer?

Bisher macht ein Kläger vor allem Fehler am Verfahren insgesamt geltend. Ich baue auf den Gütetermin. Wir haben keine Tabuthemen. Beide müssen aufeinander zugehen. Im Interesse der Allgemeinheit.

Es gibt auch Pläne für Ost, für die Meißner Straße zwischen der Gleisschleife und der Hauptstraße. Könnte das Vorhaben nicht vorgezogen werden?

Eigentlich wollten wir ja Mitte und Ost gleichzeitig bauen, um nur einmal sperren zu müssen. Wir sind in Ost verfahrensrechtlich auch noch nicht weiter als vor einem Jahr. Das Verfahren liegt bei der Landesdirektion. Der Erörterungstermin und die Abwägung der Einwände stehen noch aus. Und dann dauert es auch noch bis zum Planfeststellungsbeschluss.

Aber Sie wollen den Klägern jetzt nicht laut sagen, dass Ost möglicherweise vorgezogen wird und dann damit noch viel Zeit für Mitte wäre?

Es kann irgendwann den Zustand geben, dass Mitte komplett neu geplant werden muss. Das wollen wir aber nicht. Der Planungsprozess zieht sich ja schon seit 2004 lange genug hin.

Glasinvest liegt auch an der Meißner Straße. Die bisherigen Investoren schmeißen jetzt hin und verkaufen das Areal. Was ist schief gelaufen zwischen den Besitzern und der Stadt?

Da müssten Sie natürlich zuerst die Investoren selbst fragen. Wir waren auf einem guten Weg. Zum Schluss gab es Probleme mit dem Lärm, der von der Meißner Straße auf die Fassaden prallt. Dort gab es einen Lösungsansatz. Daraus ergaben sich weitere Änderungen. Schlussendlich hat einer der Partner für alle gesagt: Wir ziehen die Notbremse. Jetzt muss man sehen, wie sich ein neuer Partner positioniert. Das bisherige Verfahren ist praktisch darniederliegend. Es gibt jetzt keinen Vorhabenträger für das Bauvorhaben.

Hat die Stadt daran eine Mitschuld, indem die Auflagen zu drastisch waren?

An der Situation, wie sie jetzt eingetreten ist, nicht. Das haben die Partner letztlich so bestimmt. Die Problematik mit dem Lärm muss geklärt werden. Dafür gab es Ansätze. Die Rahmenbedingungen werden wir nicht verschärfen. Ein Neuer kann daran anschließen. Lärm, Erschließung, kein großflächiger Einzelhandel, das bleibt allerdings so.

Behindert die Ausbauplanung Meißner Straße in Ost den Glasinvest-Bau?

Nein. Das kann jeweils aneinander anschließen und wäre sogar vorteilhaft, wenn der Straßenbahnhaltepunkt und der Fußweg schon da wären.

Am Moritz-Garte-Steg, gegenüber von den Landesbühnen, ist seit dem Abriss seit Längerem eine Brache. Der Platz soll für einen Schulbau reserviert werden. Muss das deshalb lange als Brache so unansehnlich liegen bleiben?

Wir müssen die weitere Schulentwicklung klären. Daraus ergibt sich, wie lange dort ein Provisorium sein könnte und welches Geld wir aufwenden sollten, etwa für eine gepflegte Grünfläche. Geklärt sein soll das nach der Sommerpause. Anschließend kann man überlegen, was auf der Fläche kurzfristig hergerichtet wird.

In Radebeul kursiert, dass das Hochhaus, in dem sich das DDR-Museum befand, abgerissen wird. Ist das so?

Das höre ich zum ersten Mal. Wir haben für das Areal einen Bebauungsplan aufgestellt, um dem Gebiet eine klare Zukunft zu geben. Also, das Hochhaus kann abgerissen werden, aber darf nicht in der gleichen Höhe neu gebaut werden. Der Bebauungsplan sagt, dass dreigeschossig wieder aufgebaut werden kann. Theoretisch könnte auch alles abgerissen werden. Es gilt allerdings ebenfalls Bestandsschutz, wenn nichts verändert wird. Es sind ja schon Gebäude saniert worden. Die Besitzer, die nicht in Deutschland ansässig sind, loten wohl gerade aus, was möglich ist. Wir sind gesprächsbereit. Vorgesehen ist dort ein Wohnstandort, kein Einkaufsstandort.

Was passiert an der Gellertstraße? Die Erdablagerungen von Glasinvest sind jedenfalls abtransportiert.

Es laufen die Vorbereitungen des bestätigten Bebauungsplanes. Dort sollen mehre Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 60 Wohnungen entstehen. Bauherr und Eigentümer ist die Wohnungsgenossenschaft Lößnitz.

Das Interview führten Nina Schirmer und Peter Redlich.