Von Ingo Kramer
Seine Biografie ist die einer langen Flucht. „Als der Kosovokrieg 1998 begann, war ich zwölf Jahre alt“, sagt Sejdija Asani. Ein Jahr später wurde alles bombardiert. Der junge Roma musste in der siebenten Klasse die Schule abbrechen, hat sie bis heute nicht vollendet: „1999 sind alle meine Träume gestorben.“ Eigentlich habe er Automechaniker werden wollen. Stattdessen wurde er Flüchtling. Zuerst war er innerhalb des früheren Jugoslawien unterwegs, lernte seine Frau Samira kennen. Tochter Gilden wurde 2006 in Montenegro geboren. Slowenien war 2008 die erste Station der Familie in der EU, dann Schweden, wo Verwandte lebten. Doch die Familie wurde zurück nach Slowenien geschickt, wo 2009 Sohn Adrian geboren wurde. Auch in der Schweiz, der nächsten Station, durften sie nicht bleiben. Ein Ausländerheim in Slowenien wurde 2010 bis 2014 erneut zum Wohnort. Dort hat Asani für Kinder Theater gespielt, die Muppet-Show. Auch als Fußballtrainer war er aktiv, doch mehr war ohne Schulabschluss und Berufsausbildung nicht drin.
Ende 2014 die Flucht nach Deutschland. Stationen in Passau, München, Chemnitz, Schneeberg, Zittau – und Görlitz, im März 2015. Neben Frau und Kindern war auch seine Mutter dabei. „Wir bekamen zu fünft eine Wohnung in der Rauschwalder Straße, bald darauf sogar Internet“, sagt er. Mit der Integration sei es schnell gegangen. Asani zeigt ein Zertifikat der Volkshochschule: Von April bis September 2015 hat er an der Erstorientierung für Asylbewerber teilgenommen, 200 Stunden insgesamt. Doch er zeigt ein zweites Dokument, seinen Duldungsausweis, in Behördendeutsch: „Aussetzung der Abschiebung“. Der Kosovo gilt als sicheres Herkunftsland, die Familie hat keine echte Chance, hierzubleiben. Unter „Erwerbstätigkeit“ steht im Duldungsausweis: „Nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet.“ Drei Monate habe er mal Gartenarbeit machen dürfen, mehr nicht. Seine Frau ist schwer krank, auf Medikamente angewiesen. Die Mutter wurde 2016 ausgewiesen, lebt seither in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Also fast in der Heimat: Der Kosovo war vor seiner Eigenständigkeit eine Teilregion der Republik Serbien. Die Kinder sind in Görlitz gut integriert. Gilden besucht die fünfte Klasse der Oberschule Rauschwalde, Adrian die zweite Klasse in Weinhübel. Außerdem spielt Gilden erfolgreich Faustball. „Ihre Mannschaft wollte die Abschiebung verhindern“, sagt Vater Sejdija. Gelungen ist das nicht. Aber: „Wir konnten verhindern, dass wir im Juni ausreisen müssen.“ Er wollte, dass seine Kinder das Schuljahr hier abschließen können. Das durften sie.
Damit, dass sie diesen Monat raus müssen, hat sich die Familie abgefunden: „Wir wollen in Belgrad neu anfangen.“ Wann genau es so weit ist, steht noch nicht fest: „Wir warten auf Post von der Ausländerbehörde.“ Auf Serbien freut er sich nicht: „Dort ist Chaos.“ Aber seine Mutter ist dort. Auch sie ist krank, braucht seine Hilfe. Für die Kinder wird der erneute Umzug ebenso schwer. Beide sprechen Roma, Deutsch und Englisch, die Tochter zudem Albanisch. Was sie nicht können, ist Kyrillisch – und der Schulunterricht dort ist in kyrillischer Schrift. Auch sonst ist vieles unklar: „Wir müssen serbische Ausweise organisieren, dann Gesundheitsausweise und eine Wohnung.“ Asani ist vorige Woche 33 Jahre geworden, müde von 19 Jahren auf der Flucht, will jetzt in Serbien bleiben, keinen neuen Versuch in Richtung EU starten. Was er sich wünscht, ist ein kleines finanzielles Startkapital, um mit seiner Familie in den ersten Wochen in Serbien über die Runden zu kommen. Wer ihm etwas Geld geben will, kann sich bei ihm melden unter 0157 57640951. (SZ/ik)