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Wirbel um die Wassergymnastik

Die Kirnitzschtalklinik in Bad Schandau hat dem Osteoporoseverband die Verträge gekündigt. Eine neue Lösung gibt es, aber nicht für alle.

Von Dirk Schulze
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Jahrelang konnten die Mitglieder des Osteoporoseverbands Sachsen in der Kirnitzschtalklinik Bad Schandau Gymnastikkurse besuchen.
Jahrelang konnten die Mitglieder des Osteoporoseverbands Sachsen in der Kirnitzschtalklinik Bad Schandau Gymnastikkurse besuchen. © Foto: Dirk Zschiedrich

Hans-Christian Kratzsch blickt dem neuen Jahr mit Ungewissheit entgegen. Der 76-jährigen Bad Schandauer leidet an Osteoporose, umgangssprachlich auch Knochenschwund genannt. Seit dem Herbst 2017 nahm er auf ärztliche Verordnung an wöchentlichen Übungseinheiten in der Kirnitzschtalklinik Bad Schandau teil, immer im Wechsel einmal Trocken- und einmal Wassergymnastik. Vor Kurzem ereilte ihn nun die Nachricht, dass die Gymnastikübungen künftig nicht mehr stattfinden würden. Zum Jahresende ist Schluss. „Wir hängen voll in der Luft“, sagte Hans-Christian Kratzsch Mitte November zur SZ. Etwa 200 Osteoporose-Patienten aus Bad Schandau und Umgebung wüssten nicht, wie es ab Januar für sie weitergeht.

Wer der Sache auf den Grund geht, stößt auf zwei Akteure, die anfangs eng miteinander verbandelt waren und über fast zwei Jahrzehnte kooperierten: den Landesverband Sachsen für Osteoporose mit Sitz in Pirna und die Kirnitzschtalklinik in Bad Schandau. Der seit 2001 bestehende Verband organisiert die Gymnastikangebote für Patienten in ganz Sachsen. Bis vor einigen Jahren hatte er seinen Sitz in direkter Nachbarschaft zur Klinik, diese hat die Vereinsgründung seinerzeit sogar mit initiiert. Seit einiger Zeit ist das Verhältnis nun, gelinde gesagt, angespannt.

Die Kirnitzschtalklinik hat dem Landesverband zum 31. Dezember die Trainingsangebote in Bad Schandau gekündigt. Das Schreiben ging im September beim Landesverband ein, sagt Geschäftsführerin Kerstin Birke. Aus Sicht des Verbands hat die Klinik vor allem wegen der zu geringen Auslastung der Kurse die Zusammenarbeit beendet.

Zu jeder Gruppe gehören 15 Patienten. Die tatsächliche Teilnehmerzahl schwankt jedoch. Mal kommen mehr, mal weniger. Ihr volles Honorar erhält die Klinik aber nur, wenn mindestens acht Personen an der Übung teilnehmen. Sind es weniger, gibt es nur einen geringeren Satz.

Bereits zu Jahresbeginn habe die Klinik dies angemahnt, berichtet der Landesverband. Es folgten mehrere Gespräche, etliche E-Mails-gingen hin und her. Eine Einigung kam aber nicht zustande. „Wir haben auf die Teilnehmerzahlen keinen direkten Einfluss“, sagt Kerstin Birke vom Osteoporoseverband. Während einer Grippewelle im Winter oder bei großer Hitze im Sommer kann es schon sein, dass nur eine Handvoll den Weg zur Gymnastikübung findet. Das habe sich über die Jahre aber nicht verändert.

Der Geschäftsführer der Kirnitzschtalklinik, Ingo Graban, führt hingegen vor allem die Personalsituation in seinem Hause als Grund für die Kündigung der Kurse an. Die große Mehrzahl seiner Physiotherapeuten arbeite in Teilzeit – auf eigenen Wunsch. Die Übungseinheiten für die Osteoporosegruppen seien ein freiwilliges Angebot der Klinik gewesen. Sie fänden nach dem eigentlichen Dienstschluss am Nachmittag statt, wenn die Therapien für die Hauspatienten erledigt sind. Mit den wenigen zur Verfügung stehenden Vollzeitkräften sei es immer schwieriger geworden, die Termine zu besetzen. Er habe den Osteoporoseverband deshalb gebeten, die Gruppenanzahl von zwölf auf fünf zu reduzieren. Das sei nicht passiert.

Zudem gebe es ein Problem mit der Versicherung. An den Übungen nahmen sowohl Patienten mit Rezept als auch Selbstzahler teil. Ohne Rezept seien die Teilnehmer aber nicht versichert, sagt Klinikchef Graban. Die Selbstzahler sind über eine Versicherung des Osteoporoseverbands abgesichert, sagt hingegen der Verband.

Der Landesverband hat sich mit der Kündigung mittlerweile abgefunden und Alternativen organisiert. Fünf bis sechs Gruppen können künftig in der Toskana-Therme in Bad Schandau trainieren – allerdings nur Trockengymnastik. Für drei weitere Gruppen gibt es Plätze im Kräutervitalbad in Sebnitz und auch im Mariba in Neustadt sollen im Januar noch Angebote folgen. Man sei überall freundlich aufgenommen worden, sagt Vorstandsvorsitzende Ursula Geisler. Seit vergangener Woche werden nun alle Betroffenen telefonisch über die neuen Trainingsmöglichkeiten informiert. Eine frühere Benachrichtigung der Mitglieder sei nicht möglich gewesen, da die Alternativen erst seit Anfang Dezember feststehen.

Doch auch die Kirnitzschtalklinik macht den Osteoporose-Patienten jetzt ein Angebot – wenn sie zahlen. Für eine Pauschale von 275 Euro können Privatzahler ein Jahr lang wöchentliche Wassergymnastik buchen, teilt Klinikchef Graban mit. Für die Versicherung genüge in diesem Fall die Bescheinigung eines Arztes, dass die Teilnehmer fit genug sind für die Übungen.