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Wirbt die Bundeswehr an Schulen?

Jugendoffiziere und Karriereberater des Heeres besuchen regelmäßig Schulen in Großenhain. Nicht jedem gefällt das.

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© Waltraud Grubitzsch/dpa

Von Jörg Richter

Großenhain. Damit hat Schulleiterin Manuela Fuchs nicht gerechnet. Ihre 1. Oberschule Am Kupferberg taucht in einer Aufzählung der Bundesregierung auf. Das Verteidigungsministerium reagierte damit vor Kurzem auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter der Fraktion Die Linke. Sie kritisieren, dass die Bundeswehr an Schulen für sich wirbt. Das liefe auf eine Militarisierung der Schulen hinaus.

Laut Bundesregierung haben Jugendoffiziere und Karriereberater der Bundeswehr im vergangenen Jahr 9,6 Prozent mehr Schüler erreicht als noch 2016. Insgesamt waren es bundesweit rund 120 000 Schüler. Im Jahresbericht 2017 der Jugendoffiziere der Bundeswehr, der der Sächsischen Zeitung ebenfalls vorliegt, ist sogar von rund 157  000 Jugendlichen die Rede, die an Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Truppenbesuchen, Berufsmessen und anderen Informationsveranstaltungen teilnahmen. An 90 sächsischen Schulen hielten die Bundeswehr-Karriereberater insgesamt 419 Vorträge. Unter anderem auch an der Kupferbergschule Großenhain.

Das bestätigt Manuela Fuchs. Die Bundeswehr sei im vergangenen Jahr zur Berufsmesse an der Kupferbergschule eingeladen worden. „Das war keine Werbeveranstaltung“, sagt die Schulleiterin. Dieser Begriff sei negativ behaftet. Das würde nach „Kaffeefahrt“ klingen, wo Leute abgezockt werden. Vielmehr habe die 1. Oberschule der Bundeswehr die Möglichkeit einräumen wollen, sich vorzustellen. „Schließlich ist die Bundeswehr, genauso wie die Polizei, ein attraktiver Arbeitgeber“, sagt Manuela Fuchs und verweist darauf, dass sich bei der aller zwei Jahre stattfindenden Berufsmesse auch 15 regionale Betriebe und Handwerksfirmen präsentiert haben.

Auch Axel Hackenberg, der Leiter der 2. Oberschule Am Schacht, sieht die regelmäßigen Besuche der Bundeswehr „völlig emotionslos“. Erst im vergangenen Herbst habe ein Jugendoffizier im Rahmen des Gemeinschaftskunde-Unterrichts einen Vortrag in der Klassenstufe 9 gehalten. Später besuchten Schachtschüler auch die Offiziershochschule des Heeres in Dresden und das dortige Militärhistorische Museum. „Dabei geht es weniger um Werbung, sondern vielmehr um politische Bildung“, so Hackenberg. „Das so was auch werbend wirkt, ist eine andere Sache.“

Diesen fließenden Übergang kritisiert nicht nur die Linken-Bundestagsfraktion, sondern auch die Pazifische Liga Großenhain (ehemals Pazifistische Liga Großenhain, kurz: Paligro). Für deren Sprecher Daniel D. Dietze stellen die Besuche der Bundeswehr an Schulen generell ein Problem dar, so lange die deutsche Armee an Auslandseinsätzen teilnimmt. „Wir verstehen sie als Angriffseinsätze“, so Dietze. „Dass unsere Soldaten im Ausland nur Brunnen bauen, ist doch nur die halbe Wahrheit.“ Wäre die Bundeswehr eine reine Verteidigungsarmee, sei an ihren Schulbesuchen nichts einzuwenden.

Seit 2010 gibt es zwischen der Bundeswehr und dem sächsischen Kultusministerium eine Kooperationsvereinbarung, die Veranstaltungen der Jugendoffiziere an Schulen erleichtert. Trotzdem geht z. B. das Großenhainer Siemensgymnasium solchen Terminen aus dem Weg. Dort wurden seit Jahren keine Jugendoffiziere gesehen. Doch eine andere Wahrheit ist, dass die Bundeswehr deutschlandweit besonders stark an Gymnasien Vorträge und Seminare hält. Bei Realschülern sind dagegen die Besuche der Truppe sehr beliebt.