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Abschwung auf Sachsens Bau kostet schon Arbeitsplätze

In Sachsen sind mehr Menschen arbeitslos als vor einem Jahr. Es liegt nicht nur daran, dass jetzt Ukrainerinnen mitgezählt sind.

Von Georg Moeritz
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In Sachsen ist die Arbeitslosenquote von April zu Mai leicht gesunken. Doch viel mehr Menschen als vor einem Jahr sind arbeitslos.
In Sachsen ist die Arbeitslosenquote von April zu Mai leicht gesunken. Doch viel mehr Menschen als vor einem Jahr sind arbeitslos. © sächsische zeitung

Dresden. Ein jahrelanges Wachstum geht zu Ende: Die Beschäftigung in Sachsen hat fürs Erste „ihren Maximalwert erreicht“. Das sagte am Mittwoch Klaus-Peter Hansen, Chef der sächsischen Agenturen für Arbeit. Etwa 1,67 Millionen Menschen sind jetzt in Sachsen auf Arbeitsplätzen mit Sozialversicherung. Das ist laut Hansen ein Rekord. Doch der Zuwachs verlangsame sich und werde in den nächsten Monaten zum Erliegen kommen.

Schon ist die Beschäftigung in manchen Wirtschaftszweigen gesunken: Sachsens Baugewerbe beispielsweise bekommt die gestiegenen Preise und Kreditzinsen zu spüren und damit weniger Aufträge. Etwa 2.800 weniger Bauarbeiter als vor einem Jahr sind in Sachsen beschäftigt. Auch sächsische Händler und Leiharbeitsfirmen haben Stellen gestrichen. Einen Zuwachs melden dagegen Branchen wie Kommunikation, Sozialwesen sowie Metall- und Elektro-Industrie.

Aussichten: Arbeitslosigkeit in Sachsen sinkt nicht weiter

Die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen ist im Vergleich zum Mai vorigen Jahres gestiegen: 128.252 Menschen in Sachsen zählten Mitte Mai offiziell als arbeitslos. Das sind 18.139 mehr als vor einem Jahr. Hansen wiederholte seine Prognose, nach der er für dieses Jahr mit einer „Seitwärtsbewegung“ bei der Arbeitslosenzahl rechnet – es würden wohl nicht wesentlich weniger. Entscheidend sei in den kommenden Monaten, dass die Unternehmen ihre Materialbeschaffung in den Griff bekämen und die Energiepreise bezahlen könnten.

Nach Hansens Angaben melden sich zunehmend Menschen bei der Arbeitsagentur, die nach besser bezahlten Stellen als bisher suchen. Andere wollten mehr Stunden im Monat arbeiten und ihre Arbeit gerne von Teilzeit- auf Vollzeitstellen erweitern, weil sie aufgrund der hohen Inflation höhere Einkommen benötigten.

Ukrainer: Etwa 7.000 haben Arbeit in Sachsen

Die Zahl der arbeitslosen Ausländer in Sachsen wuchs innerhalb eines Jahres um 14.221. Auch ohne ukrainische Geflüchtete wäre die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich gestiegen, sagte in Nürnberg Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. In Sachsen waren Mitte Mai rund 11.000 Menschen aus der Ukraine arbeitslos gemeldet. Hoffnungsvoll stimmt Hansen, dass 5.700 Menschen aus der Ukraine eine Beschäftigung mit Sozialversicherung haben und weitere 1.300 einen Minijob. Hansen sagte, mit guten Sprach-Abschluss stiegen ihre Chancen.

Arbeitslosigkeit von April zu Mai leicht gesunken

Von April zu Mai ist die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen leicht gesunken, um 2.678. Doch das sei nicht die übliche Frühjahrsbelebung, sagte Hansen – sie sei in diesem Jahr fast ausgefallen. Die Arbeitslosenquote in Sachsen sank damit von 6,2 auf 6,0 Prozent, mit großen Unterschieden innerhalb des Landes: Im Kreis Görlitz und in der Stadt Chemnitz liegt die Quote bei 8,2 Prozent, im Erzgebirgskreis und in Mittelsachsen dagegen bei 4,8 Prozent.

Freie Stellen: Arbeitgeber werden zögerlicher

In den Computern der Jobcenter und Arbeitsagenturen stehen fast 39.500 freie Stellen. Im Mai erteilten sächsische Unternehmen der Arbeitsagentur rund 7.000 neue Aufträge zur Stellenbesetzung. Doch laut Hansen ist diese Zahl unterdurchschnittlich.

Sachsens Arbeitsminister Martin Dulig (SPD) sagte, die Zurückhaltung bei der Nachbesetzung von Stellen zeige, „dass wir verstärkt in die Qualifizierung der Beschäftigten investieren müssen“. Auf diese Weise lasse sich verhindern, dass die Arbeitslosenzahlen stiegen – bei gleichzeitigem Mangel an Fachkräften. Ein wichtiger Schritt sei der Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung mit besseren Förderkonditionen bei der Bundesagentur.

Ausbildung: Speed-Dating in Dresdner Straßenbahnen

Für das kommende Lehrjahr beobachtet die Handwerkskammer Dresden einen „respektablen Auftakt“. 746 neue Ausbildungsverträge als Zwischenstand zählte Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden. Das seien etwa so viele wie vor einem Jahr. Für 7. Juni laden Kammern, Betriebe und Arbeitsagentur Jugendliche zum Azubi-Speed-Dating in Dresden ein. Von 13 bis 18.30 Uhr sind reservierte Straßenbahnen unterwegs, in denen Bewerber sich zehn Minuten lang bei Arbeitgebern vorstellen können. Anmeldung ist nötig über eine Internetseite der Industrie- und Handelskammer Dresden: www.dresden.ihk.de/asd

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat einem Handelsunternehmen recht gegeben, das eine Leiharbeiterin schlechter bezahlte als die Stammbelegschaft. Die Frau hatte 2017 fürs Einräumen von Waren 9,23 Euro Leiharbeits-Tariflohn pro Stunde bekommen, während Laden-Angestellte 13,64 Euro erhielten. Das Gericht erklärte den Leiharbeits-Tarifvertrag für gültig, weil die Ungleichbehandlung auf andere Weise ausgeglichen werde: Die Leiharbeiter bekommen in entleihfreien Zeiten weiterhin Lohn, aufgrund staatlicher Regeln. Das verstoße nicht gegen europäisches Recht.

Aktenzeichen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Mai 2023 – 5 AZR 143/19