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Der Winter dauert dieses Jahr auf Sachsens Arbeitsmarkt länger

Die Zahl der Erwerbslosen ist in diesem März kaum gesunken. Warum die Arbeitsagentur trotzdem optimistisch ist und was Sachsens Arbeitgeberpräsident fordert.

Von Georg Moeritz
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In Sachsen ist die Zahl der Arbeitslosen im März leicht gesunken: um etwa 500 auf rund 132.000. Die Frühjahrsbelebung verzögert sich.
In Sachsen ist die Zahl der Arbeitslosen im März leicht gesunken: um etwa 500 auf rund 132.000. Die Frühjahrsbelebung verzögert sich. © Marijan Murat/dpa

Dresden. Viel Bewegung in Sachsens Unternehmen: Im März haben ungefähr 9.000 Sachsen die Arbeit verloren, etwa gleich viele kamen aus Arbeitslosigkeit in eine Anstellung. Insgesamt sank die Zahl der arbeitslosen Sachsen um rund 500 auf 131.635. Davon sind etwa 30.000 Ausländer. Aus der Ukraine stammen etwa 10.500 von ihnen.

Die übliche Frühjahrsbelebung ist „noch nicht spürbar eingetreten“, sagte am Freitag Michaela Ungethüm, Vizechefin der sächsischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Chemnitz. Der Winter auf dem Arbeitsmarkt dauere dieses Jahr länger, Bau- und Landschaftsbaubetriebe starteten anscheinend verzögert in die neue Saison. Doch die Einstellungsbereitschaft nehme wieder zu. „Das Frühjahr bringt immer positive Impulse für den Arbeitsmarkt“, sagte Ungethüm.

Die Behördenleiterin zeigte sich auch deshalb optimistisch, weil in den letzten zwölf Monaten mehr als 3.000 zusätzliche Stellen mit Sozialversicherung in Sachsen entstanden sind. Zwar schrumpfte die Beschäftigung bei Baufirmen, im Handel und in der Leiharbeit, doch es gab Aufbau bei vielen Dienstleistungen – von Kommunikation bis Sozialwesen. Zum Stand Januar waren auch 5.400 Ukrainer in Sachsen sozialversichert beschäftigt, weitere 1.100 in Minijobs. Andere sind noch in Sprachkursen oder warten darauf.

Minister Dulig fordert mehr Hilfe für Menschen mit Kind

Ungethüm betonte, die Unternehmen suchten händeringend Fachkräfte. Wer noch nicht als Fachkraft arbeiten könne, bekomme Qualifizierungsangebote. Rund 40.000 freie Stellen stehen in den Computern der Jobcenter. Innerhalb Sachsens sind die Unterschiede noch immer groß: Am niedrigsten ist die Arbeitslosenquote im Erzgebirgskreis mit 5,1 Prozent, während der Kreis Görlitz 8,6 Prozent meldet.

Die Zahl der Arbeitslosen ist höher als vor einem Jahr, auch wenn sie im März gesunken ist. Etwa 10.500 Ukrainer sind inzwischen in Sachsen arbeitslos gemeldet.
Die Zahl der Arbeitslosen ist höher als vor einem Jahr, auch wenn sie im März gesunken ist. Etwa 10.500 Ukrainer sind inzwischen in Sachsen arbeitslos gemeldet. © SZ Grafik

Fast 45.000 Menschen in Sachsen sind allerdings länger als ein Jahr arbeitslos. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sprach von „vielschichtigen Problemen und Bedürfnissen“, beispielsweise Krankheiten. Häufig seien alleinerziehende Eltern langzeitarbeitslos. Mehr gezielte Unterstützung für Menschen mit Kindern sei nötig.

Arbeitgeberpräsident Brückner: Rente mit 70 nicht nötig

Sachsens Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner sagte in Dresden, der Rekord mit 35 Millionen sozialversicherten Beschäftigten bundesweit und davon 1,6 Millionen in Sachsen sei mehr als erfreulich. Doch die Alterung der Gesellschaft sei eine Herausforderung. „Die Zuwanderung von Fachkräften kann da nur ein Teil der Lösung sein“, sagte Brückner.

Anders als vor 20 Jahren müsse Arbeit auf weniger Schultern verteilt werden. Zwar sei eine pauschale Verlängerung der Lebensarbeitszeit – eine Rente mit 70 – aus seiner Sicht nicht erforderlich. Aber der erfreulich längere Ruhestand müsse im aktiven Erwerbsleben durch eigene Arbeit finanziert werden, sagte Brückner: „Die Last kann man nicht pauschal auf die nächste Generation oder Zuwanderer verlagern“.

Der Staat müsse Bedingungen wie die Kinderbetreuung verbessern und Einkommensteuern senken, forderte Sachsens Arbeitgeberpräsident. Brückner hatte im Februar bei einem Streitgespräch mit Minister Dulig gefordert, es müsse Schluss sein mit immer neuen Teilzeitmodellen und der Rente mit 63.

In Sachsen zeigen 960 Unternehmen Kurzarbeit an

Auch in Deutschland insgesamt ist die Zahl der Arbeitslosen im März nur leicht gesunken: um 26.000 auf 2,594 Millionen Menschen. Verglichen mit dem März 2022 ist die Zahl der Arbeitslosen nun um 232.000 höher, wie die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mitteilte. Die Arbeitslosenquote blieb gegenüber dem Februar stabil, liegt aber mit 5,7 Prozent um 0,6 Punkte über dem März vorigen Jahres. Die Bundesagentur griff in der Monatsstatistik auf Daten vom 13. März zurück, Entwicklungen in den vergangene zwei Wochen sind also noch nicht mitgerechnet.

"Die Frühjahrsbelebung setzt nur verhalten ein", sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. Die schwache Konjunktur hinterlasse Spuren. Selbst ohne Berücksichtigung der ukrainischen Geflüchteten in der Statistik wäre die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich gestiegen, teilte die Bundesagentur weiter mit.

Die Kurzarbeit hat sich den Angaben zufolge jedoch nicht mehr erhöht. Zwischen dem 1. und dem 27. März hätten Unternehmen für 50.000 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet. Wie viel davon in Anspruch genommen wird, ist noch nicht bekannt. Die frischesten Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stammen aus dem Januar. In diesem Monat wurde für 140.000 Menschen konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. In Sachsen waren nach jüngstem Stand im Dezember rund 9.100 Menschen in etwa 600 Betrieben in Kurzarbeit. Im ersten Quartal des neuen Jahres zeigten rund 960 Unternehmen Kurzarbeit aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit an.

Weiterhin auf sehr hohem Niveau bewegt sich die Zahl der Beschäftigten. Im Februar seien 45,6 Millionen Erwerbstätige gezählt worden, 423.000 mehr als im Februar 2022 und 31.000 mehr als im Januar dieses Jahres. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ging aber zuletzt etwas zurück. Im März waren bei der Bundesagentur 777.000 offene Stellen gemeldet, 62.000 weniger als vor einem Jahr. (mit dpa)