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Niemals das Haus vor dem Grundstück kaufen

Ohne Grundstück kein Hausbau. Eigentlich. Tatsächlich aber unterschreiben manche Menschen Bauverträge, ohne zu wissen, wo das Haus stehen wird.

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© stock.adobe.com/js-photo (Symbolfoto)

Bauland ist vielerorts knapp. Angehende Immobilieneigentümer unterschreiben trotzdem immer wieder Kaufverträge für Häuser, ohne über das nötige Grundstück zu verfügen. Aus Sicht von Experten ist das nicht unproblematisch.

Interessenten gingen teilweise hohe Risiken ein, um an Baugrund zu kommen, sagt Rechtsanwalt Ingo Kolms von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Architektenrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). "Eines davon ist, sich auf Versprechen von Bauunternehmen einzulassen, ein passendes Grundstück nachzureichen."

Angebote passen nicht immer

Das sogenannte Bauträgermodell, bei dem Haus und Boden aus einer Hand verkauft werden, ist weit verbreitet. Es funktioniert gut, wenn der Bauträger wirklich über beides verfügt: Haus und Grundstück. Aber auch für Bauträger sind Grundstücke derzeit Mangelware. Deshalb müssen sie ihre Kunden schon mal vertrösten.

"Verkaufsteams mancher Schlüsselfertigfirmen unterbreiten den Bauwilligen seltsame Offerten", weiß Holger Freitag. "Zum Beispiel koppeln sie den Abschluss eines Bauvertrags für ein schlüsselfertiges Haus mit der mündlichen Zusage für ein Grundstück", erklärt der Vertrauensanwalt beim Verband Privater Bauherren (VPB). "Darauf sollten sich Bauherren niemals einlassen."

Denn die Erfahrung zeigt: Vom Grundstück ist auch nach längerem Warten oft keine Spur. Und selbst wenn Grundstücke angeboten werden, passen sie nicht unbedingt zu den Vorstellungen des Bauherren. Oder das bereits gekaufte Haus kann dort aus baurechtlichen Gründen nicht gebaut werden.

Normaler Kaufvertrag ist wirksam

"Verträge für ein Haus vom Bauträger müssen - wegen des im Gesamtpaket enthaltenen Grundstücks - immer über einen Notar abgeschlossen werden", erklärt Holger Freitag. Ein Verstoß gegen dieses Formgebot mache den Vertrag insgesamt nichtig.

Das kann für Kunden ernste Konsequenzen haben. "Der Vertrag muss im ungünstigsten Fall rückabgewickelt werden. Das wird teuer, etwa wenn der Bauträger schon Leistungen erbracht hatte", sagt Ingo Kolms.

Wird dagegen nur ein normaler Kaufvertrag über das Haus abgeschlossen, ist dieser auch dann wirksam, wenn kein Grundstück gefunden wird. "Das ist vielen Kunden nicht klar", weiß Holger Freitag. "Die Verkäufer der Häuser beruhigen die Leute bei der Vertragsunterzeichnung, suggerieren, dass sie jederzeit kostenfrei aussteigen können, wenn kein Grundstück gefunden wird. Aber was wirklich gilt, steht in den Vertragsklauseln."

Forderungen gut prüfen

Auch eine Kündigung ist schwierig. "Die kann pauschale Zahlungsforderungen vom Bauträger oder Bauunternehmer nach sich ziehen", so Ingo Kolms. "Teilweise werden zehn Prozent der Kaufsumme und mehr verlangt." Zwar haben private Bauherren ein Widerrufsrecht und können vom Verbraucherbauvertrag zurücktreten, aber die Widerrufsfrist beträgt bei korrekter Belehrung nur 14 Tage ab Vertragsabschluss.

Das Problem: In dieser kurzen Zeit wird vielen noch gar nicht richtig bewusst, worauf sie sich eingelassen haben. So verstreicht die Frist dann ungenutzt. Betroffene sollten Forderungen von Baufirmen jedoch nicht ungeprüft nachkommen. Die Rechtsprechung zeigt, dass durchaus Chancen bestehen, sie abzuwenden.

So wies das Oberlandesgericht Celle die Klage eines Bauunternehmens ab, weil der Provisionsvertreter den Kunden vor dem Abschluss des Hausvertrages hätte darauf hinweisen müssen, dass dieser auch unabhängig vom Erwerb eines Grundstücks Wirksamkeit erlangen würde.

Obwohl ihm zum Zeitpunkt des Abschlusses des Hausvertrages bekannt war, dass die Käufer noch kein Grundstück für ihr ausgesuchtes Massivhaus in Aussicht hatten, hatte er das nicht getan (Az.:14 U 247/00).

Am besten Rat bei Experten suchen

Es ist wichtig, sämtliche Verträge vor der Unterzeichnung von unabhängigen Fachleuten prüfen zu lassen. "Denn für Laien ist es oft nicht einfach, die Klauseln in den Verträgen der Bauunternehmen richtig zu interpretieren", so Holger Freitag.

Sie sind oft schwammig oder es fehlen wichtige Vereinbarungen, wie zum Beispiel eine Rücktrittsklausel. Dann wird es schwierig, die Forderungen der Baufirmen abzuwehren. Allerdings sind manche dieser Klauseln unwirksam, das erhöht wiederum die Chancen der Käufer.

Steuerliche Vorteile können nachteilig sein

Vorsicht ist laut VPB beim sogenannten verdeckten Bauherrenmodell geboten. Hier werden Haus- und Grundstückskauf auf zwei Personen oder Firmen aufgeteilt. Das verdeckte Bauherrenmodell spaltet den Erwerb von Haus und Grundstück also in zwei separate Verträge auf. Und zwar in einen notariell beurkundungspflichtigen Grundstückskaufvertrag, in dem der Bauherr das Baugrundstück erwirbt und in einen Bauvertrag zwischen Bauherr und Verkäufer.

Dieser Bauvertrag wird nicht von einem Notar beurkundet. "Dass müsste er aber, wenn allen Beteiligten klar ist, dass Kauf- und Bauvertrag miteinander stehen und fallen sollen. So droht auch hier die Formnichtigkeit beider Absprachen", sagt Holger Freitag. "Käufer, die sich darauf einlassen wollen, um zum Beispiel Steuern zu sparen, sollten sich vorher gut über die Risiken informieren. Das dürfte sie davon abhalten", meint Holger Freitag.

Letztlich ist der Bauherr immer selbst verantwortlich für alle Verträge, die er unterschreibt - und ihre Folgen. "Damit er nicht in Fallen tappt oder aus Unkenntnis falsche Entscheidungen trifft, sollte er sich von Anfang an von einem unabhängigen Fachmann beraten lassen, am besten schon vor dem ersten Verkaufsgespräch", rät Holger Freitag. So lassen sich teure Fehler vermeiden. (dpa/tmn)