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Dresden trommelt die Nerds zusammen

Silicon Saxony will mit Konferenz „DecompileD“ die verstreute Softwareentwickler-Szene zum gemeinsamen Austausch bringen.

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Statt einsam besser gemeinsam: In Dresden startet die Konferenz für Software-Entwickler.
Statt einsam besser gemeinsam: In Dresden startet die Konferenz für Software-Entwickler. © www.imago-images.de

Von Heiko Weckbrodt

Dresden. Die Software-Entwickler in Dresden bereiten einen Neustart vor: Nach zweijähriger Corona-Zwangspause treffen sie sich wieder zu einer gemeinsamen Konferenz unter dem Motto „DecompileD“, was man ganz frei übersetzen kann als: „Wer sich wirklich auskennt, schaut der Software unter die Haube – und zwar in DD wie Dresden“. Internationale Experten und Auskenner aus der Region diskutieren am Freitag im „Ostradome“ neben dem Dresdner Messegelände über digitale Zwillinge, ein Nervensystem à la Kafka, raffinierte Kraken, Software-Selbstverteidigung gegen Menschen und ähnliche Trendthemen. Veranstalter Alexander Bresk, der die Konferenz im Auftrag des sächsischen Hochtechnologie-Branchenverbandes „Silicon Saxony“ organisiert, rechnet mit über 300 Besuchern und Besucherinnen – und hofft auf Folgeeffekte: „Wir wollen die hiesige Entwickler-Community defragmentieren und dazu bringen, miteinander zu reden“, sagt er. „Womöglich ergeben sich daraus gemeinsame Projekte.“ Zudem sei die Konferenz eine gute Chance für Software-Unternehmen, fähige Fachkräfte zu suchen und zu finden.

2018 hatte Bresk, damals noch für seinen damaligen Arbeitgeber „Lovoo“, die „DecompileD“ das erste Mal ausgerichtet und auf Anhieb rund 200 Fachbesucher und -besucherinnen dafür begeistert. Auslöser für die neue Tech-Konferenz war nicht zuletzt die große Dynamik in der Branche: Vor allem seit der Jahrtausendwende gehört der Softwaresektor zu den dynamischsten Wirtschaftssparten im Freistaat. In den vergangenen sieben Jahren sind hier rund 14.000 neue Jobs entstanden. Mittlerweile beschäftigen die über 1700 Softwareschmieden im Freistaat in Summe über 31.000 Menschen. Und pro Jahr schafft die Branche rund 2000 neue Arbeitsplätze.

Wenn man nun Programmierer über diese Erfolgsgeschichte befragt, so haben sie eine klare Meinung, wer das Rückgrat dieser Boom-Branche bildet: die Entwickler, die all die Softwarepakete Codezeile für Codezeile schreiben. Manche sind auf Rechnerwolken spezialisiert, andere auf Apps, wieder andere auf Maschinensteuerungen. Zudem gilt Sachsen mittlerweile als wichtiger Standort für eine Königsklasse: die Betriebssystem-Entwicklung. Viele der dahinterstehenden „Developer“ sitzen in Dresden, Leipzig, Chemnitz, aber eben auch in Mittweida, Bautzen und anderen kleineren Expertise-Hochburgen. „Mein Eindruck ist, dass die Community enorm fragmentiert ist“, erklärt Alexander Bresk.

Das liegt sicher auch an den Besonderheiten eingefleischter Programmierer: Vorsichtig ausgedrückt, gelten viele von ihnen nicht eben als Leuchtfeuer der Sozialkompetenz. Und selbst die Kommunikativeren unter ihnen kokettieren gerne mit ihrem Status als „Nerd“, wie völlig auf ihr besonderes Fachgebiet fokussierte Menschen im Englischen genannt werden. Bresk versucht das Problem diplomatisch auszudrücken: „Es ist superschwierig, Entwickler und Entwicklerinnen dazu zu bringen, entspannt miteinander zu reden.“ Deshalb hat er das „Ostradome“ genannte Zirkuszelt, in dem er die „DecompileD“ ausrichtet, mit Roulette-Tischen, Kickertischen, Spielekonsolen und allerlei Kasino-Interieur vollgestopft. Außerdem können die Damen und Herren Developer einen Oldtimer-Bully begutachten und ein „Light Bike“ aus dem Nerd-Kultfilm „Tron“. Alles eben, damit sich der gemeine Programmierer wohl fühlt. Unter solchen Bedingungen sind die Nerds dann womöglich auch zum „Netzwerken“ bereit und dazu, ihre Tricks und Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Die Themen, die Bresk auf die Konferenz-Agenda gesetzt haben, klingen für Laien sehr speziell. Dahinter stecken aber Schlüssel für den Wohlstand von morgen. Die erwähnte „Krake“ zum Beispiel ist ein Programm, das Rechenaufgaben auf diejenigen Computer rund um den Erdball verteilt, die gerade Zeit übrig haben. Mit „Apache Kafka“ wiederum lassen sich große Datenströme ähnlich wie in einem Nervensystem lenken und verarbeiten. Und hinter der „Software-Selbstverteidigung“ stecken Verfahren, um Computerprogramme davor zu schützen, die Vorurteile ihrer menschlichen Schöpfer zu übernehmen. Daneben werden auch Künstliche Intelligenzen im Smartphone-Format, das maschinelle Lernen mithilfe von Googles „Tensorflow“-Technologie, die Erfahrungen von Huawei mit komplexen Apps und ähnliche Themen eine Rolle spielen.

Währenddessen schmieden „Silicon Saxony“ und die „DecompileD“-„Organisatoren schon Pläne für die nächsten Jahre: 2022 soll die Konferenz weiter wachsen, dann auch konkrete Software-Projekte vor Ort zeigen und neue Trends aufgreifen. Auch Roboter-Software soll dann auf der Tagesordnung stehen, wenn es nach Alexander Bresk geht, der „hauptberuflich“ zu den Gründern von „Waku Robotics“ gehört. Zwillings- und Satellitenkonferenzen in Leipzig und Chemnitz stehen ebenfalls zur Debatte. „Wir werden aber erst mal zuhören, was die Developer-Community dazu sagt.“