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Drittes Entlastungspaket - das sind die Details

Die Ampel-Regierung hat sich angesichts der Energie-Krise auf neue Entlastungen geeinigt. Wer am meisten profitiert - der Überblick.

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Bundeskanzler Olaf Scholz stellt gemeinsam mit Grünen-Che Omid Nouripour, SPD-Chefin Saskia Esken und FDP-Chef Christian Lindner das dritte Entlastungspaket vor.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellt gemeinsam mit Grünen-Che Omid Nouripour, SPD-Chefin Saskia Esken und FDP-Chef Christian Lindner das dritte Entlastungspaket vor. © dpa

Berlin. Die Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) will Bürgerinnen und Bürger angesichts steigender Preise mit einem dritten Unterstützungspaket in Höhe von mehr als 65 Milliarden Euro entlasten. "Deutschland steht zusammen in einer schwierigen Zeit. Wir werden als Land durch diese schwierige Zeit kommen", sagte Scholz am Sonntag in Berlin bei der Vorstellung der Ergebnisse der Beratungen des Koalitionsausschusses. Die ersten beiden Entlastungspakete hatten zusammen einen Umfang von 30 Milliarden Euro.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten etwa 18 Stunden lang bis zum Sonntagmorgen über Details verhandelt. Neben Scholz nahmen unter anderem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) an den Beratungen teil. Auch weitere Minister sowie die Spitzen der drei Bundestagsfraktionen und Parteien waren im Kanzleramt versammelt.

Drittes Entlastungspaket: Die Ergebnisse im Überblick

  • Energiepauschale für Rentner und Studierende. Rentnerinnen und Rentner sollen zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Studierende und Auszubildende sollen einmalig 200 Euro erhalten. Für Berufstätige war bereits eine Energiepreispauschale von 300 Euro auf den Weg gebracht worden.

  • Ampel-Koalition will Strompreis für Basisverbrauch vergünstigen. Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig ein vergünstigter Preis gelten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt.

  • Neues bundesweites Nahverkehrsticket soll kommen. Die Ampel-Koalition will ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket schaffen. Ziel sei eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Die Länder müssen der Finanzierung noch zustimmen.

  • Koalition will Regelsätze für Bedürftige erhöhen. Mit der geplanten Einführung des Bürgergelds Anfang kommenden Jahres wollen SPD, Grüne und FDP die Regelsätze für Bedürftige auf rund 500 Euro erhöhen. Heute erhalten Alleinstehende in der Grundsicherung 449 Euro pro Monat.

  • Koalition will Kindergeld um 18 Euro erhöhen. Die Ampelkoalition will Familien spürbar entlasten. So soll das Kindergeld deutlich steigen. Es soll zum Jahresbeginn um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind steigen.

  • Was bisher zur Entlastung beschlossen wurde. Bisher wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt, und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.

Scholz betonte, mit den ersten beiden früher im Jahr beschlossenen Paketen komme man nun auf insgesamt 95 Milliarden Euro. Es gehe um sehr viel Geld, aber die Ausgaben seien notwendig. Zum Ziel der Entlastungen sagte er: "Es geht darum, unser Land sicher durch diese Krise zu führen." Viele Menschen machten sich derzeit Sorgen. "Wir nehmen alle diese Sorgen sehr, sehr ernst." Erneut betonte Scholz: "You’ll never walk alone, wir werden niemanden alleine lassen."

Der Kanzler kündigte an, dass übermäßige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen. Er sprach von einer "großen und dramatischen Entlastung" auf dem Strommarkt. "Die erste Aufgabe ist also, solche Zufallsgewinne zu nutzen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger."

Scholz macht Russland für Krise verantwortlich

Im Beschlusspapier steht dazu: "Zudem werden auf europäischer Ebene Möglichkeiten der Abschöpfung von Zufallsgewinnen von Energieunternehmen diskutiert, die in der aktuellen Marktlage aufgrund des europäischen Strommarktdesigns deutlich über die üblichen Renditen hinausgehen. Dazu gehören insbesondere Erlös- bzw. Preisobergrenzen für besonders profitable Stromerzeuger."

Scholz machte den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen dessen Angriffskriegs auf die Ukraine für die schwierige Lage auch in Deutschland verantwortlich. Der Krieg habe Folgen auch für Engpässe bei der Energieversorgung: "Putins Russland ist vertragsbrüchig geworden", es erfülle seine Lieferverträge schon lange nicht mehr. Scholz ergänzte: "Russland ist kein zuverlässiger Energielieferant mehr." Der Kanzler äußerte sich zugleich zuversichtlich, dass man die schwierige Zeit überstehen werde: "Wir werden durch diesen Winter kommen", sagte er.

Ökonomen loben Entlastungspaket - Kritik an Details

Mehrere Wirtschaftswissenschaftler Paket gelobt. Für einzelne Maßnahmen gab es jedoch auch Kritik. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung stellte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die zielgerichtete Unterstützung besonders belasteter Gruppen wie Rentner und Studenten heraus. Zuschüsse bekämen vor allem Menschen, die Härten selbst nicht abfedern können.

Die geplanten Maßnahmen am Strommarkt sowie zum Schutz besonders belasteter Gaskunden seien aber noch zu wenig konkret, sagte Grimm. Bei der Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" dürfe man nicht über das Ziel hinausschießen, um Investitionen nicht unattraktiv zu machen. "Diese Investitionen brauchen wir dringend, um die Energiekrise mittelfristig zu überwinden."

Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte der "Bild"-Zeitung, das Paket habe Licht und Schatten. Die Regierung sei erkennbar bemüht, Preise und damit Anreize zum Energiesparen wirken zu lassen. Die Unterstützungen seien aber zu wenig zielgenau. "Hier ist man teils mit der Gießkanne unterwegs." Die Entlastung bei Strompreisen käme auch Haushalten mit höheren Einkommen zugute. Eine Steuer- und Abgabenfreiheit für Zusatzzahlungen an Beschäftigte bezeichnete er als "nicht sinnvoll". "Der Staat sollte die Lohnsetzung den Tarifpartnern überlassen."

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, lobte viele "wichtige und sinnvolle" Einzelmaßnahmen in dem Paket - etwa die gezielte Unterstützung für Rentner und Studenten, die Erhöhung des Kinder- und die Anpassung des Bürgergelds. Damit würden einige Gerechtigkeitslücken geschlossen. (dpa)