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Erdgaskonzern VNG Leipzig bekommt Hunderte Millionen vom Staat

Seit der sächsische Erdgas-Importeur VNG teuren Ersatz für russisches Gas kaufen muss, gab es Gerüchte um Finanzprobleme. Jetzt hilft der Bund.

Von Georg Moeritz
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Die Konzernzentrale von VNG in Leipzig: der drittgrößte deutsche Erdgasimporteur bekommt Hilfe vom Bund.
Die Konzernzentrale von VNG in Leipzig: der drittgrößte deutsche Erdgasimporteur bekommt Hilfe vom Bund. © Jan Woitas / dpa

Leipzig. Sachsens umsatzstärkster Konzern bekommt mehrere Hundert Millionen Euro Hilfe vom Bund. Die VNG AG in Leipzig teilte am Freitag mit, sie habe sich in einem Vergleich mit dem Bund geeinigt und nehme nun ihren Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen zurück. Ähnlich wie der größere Erdgasimporteur Uniper muss VNG Erdgas teuer auf dem Markt einkaufen, seit die russischen Lieferanten ihre Verträge nicht mehr erfüllen.

VNG wird nun vom Staat mit einem "mittleren dreistelligen Millionenbetrag" unterstützt. Nach Angaben des Konzerns deckt diese Hilfe "teilweise" die Aufwendungen, mit denen VNG die Versorgungssicherheit mit Erdgas in Ostdeutschland gewährleistet. Das Unternehmen liefert Gas an 400 Stadtwerke und Industriekunden.

Mehrere ostdeutsche Städte sind an VNG beteiligt, darunter Dresden, Leipzig, Chemnitz und Hoyerswerda. Hauptbesitzer ist aber die Energie Baden-Württemberg (EnBW), die ebenfalls in kommunalem Besitz ist. Vor Kurzem hatte das Unternehmen Medienberichte zurückgewiesen, über eine Beteiligung des Bundes an VNG werde diskutiert.

Vertrag mit russischem Lieferanten wird formal beendet

VNG bekam seit Jahrzehnten billiges Erdgas von Tochterfirmen des Gazprom-Konzerns aus Russland. Zeitweise versuchte VNG auch, eigene Quellen vor der norwegischen Küste zu finden. Mit der Gazprom-Tochterfirma WIEH gibt es einen Liefervertrag über 65 Terawattstunden pro Jahr, mit GPE über etwa 35 Millionen. Mit WIEH hatte VNG sich im Oktober geeinigt, die Lieferbeziehung formal zum Ende des Jahres zu beenden. WIEH verpflichtet sich, Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Erdgas auf dem Markt im laufenden Jahr zu übernehmen.

Nun endet der Vertrag mit dem zweiten großen Lieferanten GPE ebenfalls zum Jahresende, wie VNG am Freitag mitteilte. Gemeinsam mit dem Bund sei die Lösung gefunden worden, die VNG für Mehrkosten entschädigt. Damit werde der Leipziger Konzern wirtschaftlich stabilisiert. Die darüber hinaus auflaufenden Verluste werde VNG "aus eigener Kraft" und gemeinsam mit den Anteilseignern tragen. Demnach können auch auf die sächsischen Städte Kosten zukommen, beziffert wurden sie noch nicht. Vorstandschef Ulf Heitmüller sagte, er erwarte "eine stabile Vermögens- und Finanzsituation" der VNG. Es werde nicht zu einer Beteiligung des Bundes an VNG kommen.

Thomas Kusterer, Finanzvorstand der EnBW, sagte in Karlsruhe: „Damit sind die wesentlichen Schritte zur Stabilisierung der VNG gelungen." In Folge der Vereinbarung mit dem Bund und der gesunkenen Marktpreise werde die Gesamtbelastung aus den beiden Gaslieferverträgen für das Ergebnis von EnBW höchstens 1,18 Milliarden Euro erreichen. Ursprünglich hatte EnBW nur für das vierte Quartal dieses Jahres 600 Millionen Euro Ergebnisbelastung einkalkuliert. Für die erste Jahreshälfte hatte Kusterer früher schon Kosten von 550 Millionen Euro für Gas-Ersatzbeschaffung genannt.

Erleichterung in Sachsen

VNG versicherte, weiter ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten - zur Transformation von Erdgas hin zu "grünen Gasen". VNG baue das Geschäft mit Biogas aus und arbeite daran, Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen in Umlauf zu bringen. Vor wenigen Tagen hatte VNG mitgeteilt, gemeinsam mit dem Unternehmen Total Eren den Import von chilenischem Wasserstoff oder Ammoniak aus Windstrom zu planen. 2028 könnte das erste Schiff aus Südamerika damit kommen.

In Sachsen wurde die Millionenhilfe aus Berlin erfreut aufgenommen. Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) sagte, die Einigung zwischen Bundeswirtschaftsministerium und VNG sei wichtig für die Versorgungssicherheit. Diese Lösung gebe der VNG Sicherheit und Planbarkeit. "Die VNG ist systemrelevant", sagte Günther. VNG hat fast 1.500 Beschäftigte. Im vorigen Jahr rechnete der Konzern rund 18,5 Milliarden Euro Umsatz um - so viel Geld fließt bei keinem anderen sächsischen Unternehmen durch die Konten, mit großem Abstand folgt VW Sachsen.

Im Sommer hatte die Bundesregierung geplant, Unternehmen wie Uniper und VNG mit einer Umlage zu retten - das Geld sollte ab Oktober durch einen Aufschlag auf die Gaspreise eingenommen werden. Doch kurz vor dem Start stoppte die Regierung die geplante Gaspreisumlage, Erdgas war schon sehr teuer.

Auf der Internetseite des Leipziger Konzerns äußern sich Vorstand und Gesamtbetriebsrat von VNG in einer gemeinsamen Erklärung "zutiefst bestürzt über das militärische Vorgehen der russischen Regierung und verurteilen den russischen Angriffskrieg mitten in Europa auf das Schärfste". Nicht wenige der ehemaligen und heutigen Mitarbeiter hätten Familie und Freunde in der Ukraine und Russland.