Update Wirtschaft
Merken

Verbot neuer Öl- und Gasheizungen schon ab 2024 – wie realistisch ist das?

Schon 2024 will Habeck den Einbau von reinen Öl- und Gasheizungen untersagen. Doch es fehlt an Arbeitskräften und Material. Was jetzt auf Mieter und Vermieter zukommt.

 5 Min.
Teilen
Folgen
Das Wirtschafts- sowie das Bauministerium arbeiten an einem Gesetzentwurf zum Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen von 2024 an. Stattdessen sollen in Neubauten beispielsweise Wärmepumpen verbaut werden,
Das Wirtschafts- sowie das Bauministerium arbeiten an einem Gesetzentwurf zum Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen von 2024 an. Stattdessen sollen in Neubauten beispielsweise Wärmepumpen verbaut werden, © Silas Stein/dpa (Symbolbild)

Von Valerie Höhne und Felix Hackenbruch

Es ist bislang nur ein gemeinsamer Referentenentwurf, den das Wirtschaftsministerium und das Bauministerium an das Bundeskanzleramt verschickt haben, doch er erregt die Gemüter bereits enorm. Die FDP wettert gegen „Grüne Verschrottungsorgien von Heizungen“, Bayern Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wittert den „Umbau der Gesellschaft“, der Mieterverband warnt vor „sozialen Verwerfungen“, der Eigentümerverband Haus & Grund hält den Vorstoß „für ein Gesetz aus der grünen Märchenwelt“.

Doch was war eigentlich passiert? Um die Klimaziele einzuhalten, wollen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) die Wärmewände im Gebäudebereich vorantreiben. Noch hinkt Deutschland seinen Zielen hier weit hinterher.

Rund jeder zweite der 41 Millionen Haushalte wird noch immer mit Erdgas beheizt, gefolgt von Öl-Heizungen, die jede vierte Wohnung erwärmen. Diesen fossilen Heizkörpern wollen Habeck und Geywitz nun an den Kragen. Schon ab 2024 – so der Referentenentwurf für das Gebäude Energiegesetz – soll der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen gesetzlich untersagt werden.

Stattdessen sollen in Neubauten Wärmepumpen, Fernwärmeanschlüsse, Heizkörper mit Biomasse oder sogenannte Hybrid-Heizungen verbaut werden, die beispielsweise Solarenergie und Wärmepumpen kombinieren, aber auch Gasheizungen und PV-Anlagen.

Einzige Bedingung: Jede neu eingebaute Heizung muss mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dasselbe gilt beim Austausch von Heizkörpern, die älter als 30 Jahre sind.

FDP lehnt ein Verbot von Öl- und Gas-Heizungen ab

Eigentlich ist das auch Konsens unter den Ampel-Parteien. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, dass die Regelung ab 2025 gelten soll.

Im Koalitionsausschuss im März 2022, kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine und unter dem Eindruck explodierender Gas-Preise, einigten sich die Parteispitzen auf diese Formulierung: „Wir werden jetzt gesetzlich festschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll.“

Ein Jahr später sieht sich die FDP daran jedoch nicht mehr gebunden. „Der FDP-Fraktion liegt kein Entwurf zum Verbot von Öl- und Gasheizungen vor. Dazu wird es auch nicht kommen“, sagt Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der Liberalen, dem Tagesspiegel.

Er befürchte, dass durch das Verbot die Bau- und Mietkosten weiter steigen könnten. „Pauschale Verbote halte ich für falsch, – stattdessen sollten wir technologieoffen bleiben und dafür sorgen, dass auch klassische Heizungen in Zukunft klimaneutral betrieben werden können“, sagt Dürr.

Der klimapolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, äußert sich noch deutlicher: „Die vom grünen Wirtschaftsminister Habeck vorgeschlagene Verschrottungsorgie von Heizungen ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.“ Mieter und Eigentümer dürften nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden, teilte Kruse mit.

Bei Systemwechsel drohen Wohnungsbesitzern 50 Prozent Mehrkosten

Das sehen auch die beteiligten Verbände so: „Eine sozialverträgliche Ausgestaltung ist zentral, da ansonsten Mieterinnen und Mieter die Kosten des Heizungsaustausches alleine tragen müssen“, sagt Franz Michel vom Deutschen Mieterbund. Er plädiert dafür, dass ein Heizungstausch nicht als Modernisierungsumlage gilt, der von den Mietern getragen werden muss, sondern als Instandhaltung gewertet wird, womit die Vermieter in der Pflicht wären.

Jochen Brückmann, Präsident des Verbands deutscher Grundstückbesitzer, hält den Gesetzentwurf per se für sinnvoll. „Für den Neubau ist das eine gute und richtige Entscheidung“, sagt er dem Tagesspiegel.

Problematischer sei es für den Wechsel von Öl- und Gas-Heizungen im Bestand. Hier sei der Systemwechsel von einer fossilen zu einer erneuerbaren Heizung im Schnitt 50 Prozent teurer als ein Ersetzen der alten Gas-Heizkörper.

Die Mehrkosten für eine Hybrid-Heizung bei einem klassischen Einfamilienhaus würden zum Beispiel bei mindestens 10.000 Euro liegen. „Das haben viele Haushalte einfach nicht“, sagt Brückmann, der für einen sozialen Ausgleich oder ein Moratorium für Geringverdiener plädiert.

Darüber scheinen auch Grüne und SPD verhandlungsbereit. Aus den beiden federführenden Ministerien wird am Dienstag betont, dass es sich nur um einen Referentenentwurf in der Frühkoordinierung handle. „In jedem Fall behalten wir die finanzielle Leistungsfähigkeit, die sozialen Auswirkungen und die Machbarkeit im Auge“, sagt SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz.

Die bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Christina-Johanne Schröder, verteidigt den Entwurf. „Jede ausgebaute Gas- oder Ölheizung, jede energetische Verbesserung macht uns freier und unsere Gebäude robuster“, sagte sie dem Tagesspiegel. Darauf habe man sich bereits geeinigt, betonte sie. „Wir gestalten die Wärmewende sozial“, sagte Schröder weiter und verwies darauf, dass der Einbau von nachhaltigen Heizungen schon jetzt mit bis zu 40 Prozent der Kosten gefördert werde.

Doch nicht nur das Geld könnte Habeck noch einen Strich durch sein Vorhaben machen. Bei Wärmepumpen und PV-Anlagen gibt es seit Monaten Lieferengpässe. „Das wird eine Herkulesaufgabe“, sagt Frank Ebisch, Sprecher beim Zentralverband Heizung, Sanitär, Klima.

Wie so vielen Bereichen im Handwerk fehlen auch hier viele Arbeitskräfte. Denn auch für die Pläne beim Neubau, dem Bau von Bädern und Umstellung auf altersgerechte Badezimmer werden Sanitär und Heizungsbauer dringend gebraucht.

„Wir brauchen in Summe 60.000 zusätzliche Monteure“, sagt Ebisch. Zumal der Einbau einer Wärmepumpe deutlich komplexer sei als der einer Gas-Heizung. „Unsere Leute sind bereit“, sagt Ebisch, „aber wir dürfen die Realität nicht aus dem Blick lassen.“