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Fotovoltaikanlagen werden immer attraktiver

Steuerbefreiungen und höhere Vergütung: Mit vier Neuerungen soll es sich nun noch mehr rechnen, Strom selbst zu produzieren.

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Volleinspeisung oder Eigenverbrauch? Welches Modell sich für Photovoltaikbetreiber eher lohnt, lässt sich berechnen.
Volleinspeisung oder Eigenverbrauch? Welches Modell sich für Photovoltaikbetreiber eher lohnt, lässt sich berechnen. © dpa/Laura Ludwig

Haben Sie in der Vergangenheit darüber nachgedacht, eine Fotovoltaikanlage (PV-Anlage) auf Ihrem Hausdach zu installieren? Dann dürften die Gesetzesänderungen zum 1. Januar 2023 Ihr Vorhaben beflügeln. Denn nun könnte es sich zunehmend rechnen, selbst Strom zu produzieren. Was sich konkret ändert:

1. Umsatzsteuer bei Neukauf, Erweiterung und Austausch fällt weg

Wer sich seit Jahresanfang eine Fotovoltaikanlage auf, an oder in der Nähe seines Eigenheims installieren lässt, zahlt auf die Lieferung, den Erwerb und die Installation keine Umsatzsteuer, sagt Corinna Kodim vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Gleiches gilt für einen mitgelieferten Stromspeicher und alle weiteren Komponenten, die für den Betrieb der Anlage notwendig sind. Voraussetzung dafür ist, dass die maximale Leistung der Anlage höchstens 30 Kilowatt (kW) beträgt.

Bislang konnten sich Hauseigentümer die beim Kauf gezahlte Mehrwertsteuer nur erstatten lassen, wenn sie auf ihre Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet haben, schreibt die Zeitschrift Finanztest (Ausgabe 11/2022). Weil das erheblichen bürokratischen Aufwand nach sich zog und für den selbst erzeugten Strom dadurch Umsatzsteuer abgeführt werden musste, haben viele darauf verzichtet.

Eine „willkommene Nebenwirkung“ der vereinfachten Regelungen ist laut Finanztest: Bislang dürfen Lohnsteuerhilfevereine keine Arbeitnehmer beraten, die selbst Solarstrom erzeugen. Das ändert sich nun.

Auch der Austausch defekter Komponenten von Fotovoltaikanlagen sowie die Erweiterung bestehender Module fällt laut dem Bundesfinanzministerium unter die Steuerbefreiung. Ebenso die Anschaffung eines sogenannten Balkonkraftwerks. Auf Reparaturen ohne gleichzeitige Ersatzteillieferung fallen aber wie bislang auch 19 Prozent Umsatzsteuer an.

Ob die Anschaffungs- und Installationskosten der Anlagen dadurch im kommenden Jahr sinken, bleibt abzuwarten. Das Bundesfinanzministerium weist in einem umfangreichen Fragen-und-Antworten-Katalog darauf hin, dass Händler und Hersteller zwar angehalten sind, die Umsatzsteuerbefreiung an Kunden weiterzugeben. Verpflichtet sind sie dazu allerdings nicht.

2. Erträge aus Stromeinspeisung bleiben steuerfrei

Wer seinen Fotovoltaikstrom, oder zumindest Teile davon, künftig einspeist, muss die daraus resultierenden Einnahmen nicht versteuern. Die Steuerbefreiung gilt bei Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW. Bei Mehrfamilienhäusern oder gemischt genutzten Immobilien darf die Bruttonennleistung der Fotovoltaikeinheit höchstens 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit betragen.

Das Datum der Inbetriebnahme ist für die Steuerbefreiung unerheblich, sagt eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Sie gilt also auch für Bestandsanlagen. Und noch wichtiger: Die Steuerbefreiung wird sogar rückwirkend für alle Fotovoltaikeinnahmen gewährt, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt worden sind.

Aber Achtung: Trotz der Steuerbefreiung sind Anlagenbetreiber, die Strom einspeisen, dazu verpflichtet, sich beim zuständigen Finanzamt anzumelden. Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gelten sie weiterhin als Unternehmer.

3. Höhere Vergütungssätze bei Einspeisung

Für alle Anlagen, die vom 30. Juli 2022 bis zum 31. Januar 2024 in Betrieb genommen werden oder bereits genommen worden sind, gelten neue, höhere Vergütungssätze für den eingespeisten Solarstrom. Sie gelten für das Jahr der Inbetriebnahme sowie die 20 Folgejahre. Ebenfalls neu: Es gibt jetzt zwei unterschiedliche Tarife.

Modell Eigenverbrauch: Wer sich dafür entscheidet, den erzeugten Solarstrom vorzugsweise selbst zu verbrauchen und nur den Überschuss ins öffentliche Netz einzuspeisen, bekommt laut Finanztest bis zu 8,2 Cent je Kilowattstunde (kWh) – 25 Prozent mehr als zuvor.

Modell Volleinspeisung: Wer seinen erzeugten Strom komplett ins öffentliche Netz einspeist, bekommt sogar bis zu 13 Cent je kWh. Volleinspeiser sparen dafür aber keinen Cent bei der eigenen Stromrechnung. Wer von der höheren Einspeisevergütung profitieren möchte, muss seinem Netzbetreiber im Startjahr vor Inbetriebnahme mitteilen, dass der Strom vollständig eingespeist werden soll. In den darauffolgenden Jahren muss die Mitteilung laut Finanztest bis zum 1. Dezember vorliegen.

Betreiber von Fotovoltaikanlagen müssen sich nicht für alle Zeiten auf ein Modell festlegen, sondern können Jahr für Jahr neu bewerten, mit welchem Tarif sie besser fahren. „Das ist wichtig, weil je nach Strompreisentwicklung für die gleiche Anlage mal das eine, mal das andere Modell vorteilhaft sein kann“, schreibt Finanztest. Außerdem könne sich der Eigenverbrauch mit der Zeit erhöhen, etwa nach der Anschaffung eines E-Autos oder einer Wärmepumpe.

Grundsätzlich kann sich die Volleinspeisung laut Finanztest dann lohnen, wenn man nur einen geringen Teil des erzeugten Stroms selbst verbrauchen kann – etwa bei großen Anlagen oder geringem Strombedarf. Wer genauer berechnen möchte, welches Modell sich für den eigenen Haushalt lohnt, kann den Fotovoltaikanlagen-Rechner der Stiftung Warentest nutzen.

4. Leistungsbegrenzung wird aufgehoben

Um einer möglichen Überbelastung des Stromnetzes vorzubeugen, waren Anlagenbetreiber bislang dazu verpflichtet, die Einspeiseleistung ihrer Anlage bis 25 kW entweder auf 70 Prozent ihrer Nennleistung zu drosseln oder sie mit einer teuren Steuerungseinrichtung auszustatten.

Für Neuanlagen, die nach dem 14. September 2022 in Betrieb gegangen sind, ist diese Regelung bereits vorzeitig aufgehoben worden. Seit dem 1. Januar 2023 gilt diese sogenannte 70-Prozent-Regelung auch bei Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung nicht mehr. (dpa)