Von Ralf Schönball
Strom ist teuer und teurer als Gas. Wie ist es dann möglich, dass Wärmepumpen im Betrieb günstiger sind als Gasheizungen? Diese Frage warf kürzlich ein Leser des Berliner Tagesspiegels auf und lieferte folgende Rechnung für seine Annahme, dass dies wohl ein Mythos sein muss: Der Strom für eine Wärmepumpe kostet 0,272437 Euro je Kilowattstunde.
Hinzu kommen 71,60 Euro Grundpreis pro Jahr. Gas gibt es viel billiger: Die Kilowattstunde kostet nur 0,1864 Euro. Auch hier kommt der Grundpreis dazu, den der Versorger in Berlin mit 107,40 Euro berechnet.
„Bereits bei einem (unrealistisch niedrigen) Jahresverbrauch von nur 1.000 Kilowattstunden kostet der Betrieb der Wärmepumpe 344,04 Euro. Dieselbe Menge an Gas kostet nur 293,80 Euro, also 50,24 weniger.“ Bei einem Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden wäre die Wärmepumpe sogar um 824,57 Euro teurer als Gas: 2.795,97 Euro gegenüber 1.971,40 Euro bei der Gasheizung.
Die Rechnung des Lesers stimmt, die Grundannahme dagegen nicht. Die Deutsche Energieagentur sagt dazu: „Der Betrieb einer Gasheizung und der Betrieb einer Wärmepumpe sind anhand der reinen Preise für eine Kilowattstunde Gas oder Strom nicht miteinander zu vergleichen, weil die Technologien vollkommen anders arbeiten“. Der Unterschied ergebe sich daraus, dass sich bei einer Gasheizung der Wärmeverbrauch eines Hauses fast direkt in die Zahl der verbrauchten Kilowattstunden Gas umrechnen lässt: Eine Kilowattstunde Gas erzeugt rund 0,9 Kilowattstunden Wärme.
Bei einer Wärmepumpe gilt diese Gleichung nicht: Hier erzeugt eine Kilowattstunde Strom bei einer korrekt eingestellten Anlage und einem gut geeigneten Gebäude bis zu vier Kilowattstunden Wärme.
Im besten Fall ist der Faktor zur Umrechnung von Kilowattstunde Strom in Kilowattstunde Wärme sogar noch größer. Experten nennen dieses Verhältnis zwischen eingesetztem Strom und erhaltener Wärme die „Jahresarbeitszahl“ (JAZ). Und diese spielt bei der Einstellung und dem Betrieb einer Wärmepumpe eine große Rolle.
Wer nun mit diesem Hintergrund die Betriebskosten unter den Preisannahmen unseres Lesers die beiden Heizungstechnologien vergleicht, kommt zu folgenden Ergebnissen:
Wer einen Jahresverbrauch von 1.000 Kilowattstunden Wärme erzeugen will, bezahlt für Gas rund 315 Euro. Beim Einsatz einer Wärmepumpe mit korrekter Einstellung und entsprechend guter „Jahresarbeitszahl“ bezahlt man dagegen nur 140 Euro für Strom, also 175 Euro weniger als für Gas. Bei einer durchschnittlich effizienten Wärmepumpe läge die Einsparung gegenüber einer Gasheizung noch bei 152 Euro. Und sogar bei einer ineffizienten Anlage läge die Höhe der eingesparten Kosten noch bei 134 Euro.
Entsprechend höher lägen die Einsparungen bei einem Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden. Hierfür müssten an den Gasversorger 2.179 Euro überwiesen werden. Bei einer Wärmepumpe fielen an Stromkosten dagegen nur 753 Euro im besten Fall an (JAZ 4,0), bei durchschnittlichen Anlagen wären es nur 980 Euro (JAZ 3,0). Und sogar bei einer falsch eingestellten Anlage (JAZ 2,5) würde der Nutzer nur halb so hohe Kosten für die Erzeugung der Wärme haben, nämlich 1.161 Euro.
Das Vergleichsportal „Verivox“ hat nach eigenen Berechnungen „im bundesweiten Durchschnitt rund 39 Prozent“ geringere Kosten beim Betrieb von Wärmepumpen ermittelt gegenüber einer Wärmeproduktion mit einer Gasheizung. „Selbst bei einer nicht sehr effizienten Wärmepumpe sind die Kosten noch rund 11 Prozent niedriger“, schreibt ein Verivox-Experte.
Der Vergleich beruhte auf den Kosten für Gas und Strom von Mitte 2022. Je nachdem, welcher Zeitpunkt für den Vergleich zur Grundlage genommen wird, kann sich die Berechnung also verändern: Falls die Preise für Gas schneller oder stärker sinken als die für Strom, verbessert sich die Bilanz zugunsten entsprechender Heizungen.
Wichtig zu beachten bei diesem Vergleich der Betriebskosten ist die künftige Entwicklung der Preise für die Energieträger. Die Schwankungen an den Märkten lässt sich nicht voraussagen. Fest steht allerdings, dass Gas teurer werden wird in den kommenden Jahren, weil der Gesetzgeber eine CO₂-Bepreisung diesen fossilen Energieträger beschlossen hat. Pro Tonne CO₂ liegt diese Bepreisung seit Januar 2021 bei 25 Euro. Diese verdoppelt sich bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro und soll im Jahr 2026 in einem „Preiskorridor“ zwischen 55 und 65 Euro gelten.
Und diese „Besteuerung“ wird sich auf den Preis der Kilowattstunde Gas niederschlagen, den Bundesbürger für den Betrieb ihrer Anlage bezahlen. Und das wird wiederum die Bilanz beim Betriebskostenvergleich von Gasanlagen und Wärmepumpen zugunsten der neuen Technik aufbessern.