Dresden
Merken

Energiekrise: Dresdner Friseurmeister geht unkonventionelle Wege

David Michel hat bereits während der Corona-Schließzeiten alle Einsparpotentiale in seinem Dresdner Friseursalon umgesetzt. Jetzt hat er unkonventionelle Vorschläge.

Von Kay Haufe
 5 Min.
Teilen
Folgen
Friseurmeister David Michel macht sich Sorgen um seine Zukunft und die seines Salons.
Friseurmeister David Michel macht sich Sorgen um seine Zukunft und die seines Salons. © Sven Ellger

Dresden. David Michel ist Optimist, lacht gern und sieht vor allem die positiven Seiten im Leben. Inzwischen aber hat der Friseurmeister schlaflose Nächte, wenn er an seine Arbeit und die Zukunft seines Salons denkt. "Schon seit Beginn der Corona-Krise sind die Kosten gestiegen. Aber was sich seit einigen Monaten abspielt, das bereitet mir wirkliche Existenzangst", sagt er und zählt die vielen Posten auf, die teurer geworden sind.

So hätten sich die Stromkosten für den Salon auf der Striesener Oehmestraße verdoppelt, für Gas rechnet er mit dem vierfachen Preis, hat aber noch keine Berechnung erhalten. "Wir sind im Haus eine Eigentümergemeinschaft, vielleicht können wir gemeinsam ein besseres Angebot bekommen", hofft er.

Inzwischen nutzt er immer öfter seine Klimaanlage, die über eine Wärmepumpe betrieben wird. "Das ist jetzt ein richtiger Luxus, denn sie heizt bis 17 Grad, sodass wir nur wenig mit Gas dazu heizen müssen. Aber das Warmwasser wird natürlich über Gas hergestellt."

Das Schlimmste für David Michel aber ist, dass momentan kein Energieversorger eine klare Ansage macht, wie es preistechnisch weitergeht, obwohl der Gaspreis am Weltmarkt wieder relativ stabil ist. Eine solide Kalkulation ist für Michel deshalb unmöglich. Doch genau die benötigt er.

Produkthersteller erhöhen mehrfach jährlich die Preise

Die hohen Energiekosten sind aber nur ein Teil seiner Probleme. Auch für Material wie Shampoos, Farbe oder Haarspray zahlt der 40-Jährige inzwischen jedes Quartal zwischen vier bis sechs Prozent mehr. "Vor der Corona-Pandemie haben die Hersteller einmal jährlich um rund drei Prozent erhöht, um die Inflation auszugleichen. Aber jetzt flattern die Briefe alle drei Monate ins Haus."

David Michel erinnert sich an seine ersten Jahre im Beruf. 1999 habe eine Tube Farbe 4,80 D-Mark netto gekostet. Heute sind es 13,80 Euro netto. Eine Steigerung um 575 Prozent. Die Hersteller verweisen auf steigende Energiekosten bei der Produktion, höhere Liefer- und Materialkosten, die sie einfach weitergeben müssten. "Aber in dem Ausmaß kann ich das nicht nachvollziehen", sagt der Friseurmeister.

Seit Oktober sind auch die Lohnkosten durch die Anhebung des Mindestlohnes gestiegen. Damit zahlt Michel auch höhere Lohnnebenkosten wie Krankenkasse für sich und seine Mutter. Vor vier Jahren hat er das Geschäft von ihr übernommen und sie ist seine Angestellte. "Dazu kommen Pflichtbeiträge für die Berufsgenossenschaft und die Handwerkskammer, die dann ebenfalls höher sind."

Und als wäre die Liste nicht schon lang genug, hat ihm in dieser Woche nun auch noch die Ostsächsische Sparkasse eine Erhöhung der Kreditzinsen für die Salonräume angekündigt. "Das ist leider so, wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöht und der Kunde einen variablen Zinssatz vereinbart hat", sagt Sparkassen-Sprecher Andreas Rieger. Dann trage der Kunde das Risiko, profitiere aber auch, wenn es sehr niedrige Zinsen gebe.

Alle drei Monate werde der Zinssatz angepasst. "Wir stehen unseren Kunden aus dem Mittelstand aber zur Seite, da werden sich Lösungen finden", sagt Rieger.

Kunden strecken Besuchs-Intervalle

Klar, dass David Michel auch im Salon um Preissteigerungen nicht herumkommt. Aber er stellt sich immer öfter die Frage, wie lange die Kunden sich das noch leisten können und wollen. Denn die erlebten in vielen Lebensbereichen höhere Kosten. "Deutlich spürbar ist, dass Frauen wie Männer bereits die Intervalle zwischen den Besuchen bei uns strecken", sagt er. Statt aller sechs kommen einige zum Beispiel jetzt nur alle acht Wochen zu ihm und seiner Mutter.

"Ich kann derzeit gar nicht alle gestiegenen Kosten umlegen, sonst würden wahrscheinlich nur noch sehr wenige Kunden kommen. Aber ich kann auch nicht nur draufzahlen." Denn durch die vielen geschlossenen Monate während der Corona-Zeit sind seine Rücklagen aufgebraucht.

Jammern ist aber überhaupt nicht das Ding von David Michel. "Noch geht es uns einigermaßen gut." Gemeinsam mit seiner Mutter hat er überlegt, wo noch eingespart werden könnte. Obwohl er bereits während coronabedingter Schließzeiten energetisch viel verändert hat mit digitalen Thermostaten, die die Heizung eine Stunde vor Ladenschluss runterfahren, oder Druckminderern für die Wasserhähne, die zehn Prozent Wasser einsparen.

Jetzt überlegt er, für Männerhaarschnitte anzubieten, dass die Herren mit gewaschenen Haaren kommen und er so kein Wasser verbrauchen muss. Das würde die Kosten senken. Auch eine der zwei täglich anfallenden zwei Waschmaschinen könnte wegfallen, wenn Kunden ihr eigenes Handtuch mitbringen würden. "Was für mich undenkbar ist, sind 19 Grad Raumtemperatur. Mit nassen Haaren empfindet man das als noch kälter. Ich werde auf 22 Grad heizen."

Mehrwertsteuersenkung wäre die Lösung

Um dem Friseurhandwerk zu helfen, gäbe es aus Michels Sicht eine Lösung: die Senkung der Mehrwertsteuer von derzeit 19 auf sieben Prozent. Das würde den Kostendruck auffangen, den auch Kollegen von David Michel verspüren.

So steigt auch bei Friseurin Doreen Neumann in Tolkewitz der Strompreis um 7,1 Cent pro Kilowattstunde, vom Gasanbieter hat sie noch keinerlei Informationen erhalten. "Das ist das größte Problem, denn ohne diese Kosten ist für mich nichts kalkulierbar. Aber egal, wo Du anrufst, keiner will etwas Konkretes sagen."

Ihr Produkthersteller hätte dieses Jahr einmal zum Oktober erhöht. "Aber auch deshalb, weil zum Beispiel die Beschaffung der Alutuben für die Haarfarbe sehr viel schwieriger geworden ist", sagt Neumann.