Update Wirtschaft
Merken

Explodierende Energie-Kosten: Auch die sächsische Wohnungswirtschaft schlägt Alarm

Neubau, Sanierung, Modernisierung: In der Wohnungswirtschaft werden zahlreiche Investitionen gestoppt, weil die Energiekosten steigen. Ein Verband fordert staatliche Hilfe.

Von Thilo Alexe
 3 Min.
Teilen
Folgen
Wohnungsunternehmen drängen auf zinslose Darlehen.
Wohnungsunternehmen drängen auf zinslose Darlehen. © dpa/Jan Woitas

Die Energiekrise wirkt sich negativ auf Investitionen der Wohnungswirtschaft im Freistaat aus. Mehr als die Hälfte der knapp 130 im Verband der sächsischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VDW) zusammengeschlossenen Unternehmen mussten geplante Projekte stoppen. Wie aus einer Umfrage des VDW hervorgeht, betrifft das 56,3 Prozent der Mitgliedsunternehmen. 84 Prozent gaben an, Vorhaben verschieben oder umplanen zu müssen. "Diese Zahlen sind hochgradig alarmierend", mahnte Verbandsdirektor Rainer Seifert am Mittwoch.

Er machte eine "verfehlte Energiepolitik" dafür verantwortlich, dass der Wohnungswirtschaft "gerade massiv Liquidität entzogen wird". Für die Energiewende im Gebäudesektor und das bezahlbare Wohnen der Zukunft sei das ein Rückschlag. Bei mehr als zwei Dritteln (69 Prozent) der eingefrorenen Maßnahmen handle es sich um Sanierungen und Modernisierungen. Betroffen seien davon auch Instandhaltung (15 Prozent) und Neubau (neun Prozent). "Wir erleben gerade eine scharfe Abbruchkante bei den Investitionen", betonte Seifert. Er forderte die Politik zum Handeln auf.

Die Wohnungsunternehmen müssen nach Darstellung des Verbandes als eine Art Inkassounternehmen für die Energiewirtschaft Millionenbeträge bei den Nebenkosten vorfinanzieren. Seifert: "Das bindet dringend benötigte Liquidität und würgt damit Investitionen ab." Es drohten zudem immense Zahlungsausfälle, weil sich viele Mieterhaushalte die Nebenkostennachzahlungen im kommenden Jahr nicht mehr leisten könnten. "Um die zum Teil existenzbedrohende Finanzlücke zu überbrücken, braucht es zinslose Darlehen für die Wohnungsunternehmen, die mit einer Ausfallbürgschaft von Land oder Bund ausgestattet sein müssen", forderte Seifert.

Die Mieter könnten zahlen

Als weitere Lösungsmöglichkeit schlug er vor, Wohnungsunternehmen dazu zu ermächtigen, steigende Energiepreise direkt an Mieter weiterzugeben. "Nachdem der Staat ein ähnliches Vorgehen für die Energieunternehmen ermöglicht hat, muss dies auch für die Wohnungswirtschaft möglich sein, die nichts mit den Energiepreisen und deren Steigerung zu tun hat", sagte Seifert. Die im Verband vertretenen Wohnungsunternehmen bewirtschaften mit rund 300.000 Wohnungen knapp ein Viertel des sächsischen Mietwohnungsbestandes.

Das für die Wohnungspolitik des Freistaates zuständige Ministerium für Regionalentwicklung wies durch einen Sprecher darauf hin, dass die Staatsregierung die problematische Lage bei den Energiepreisen im Blick habe. Allerdings sei auch der Bund gefordert, etwa wenn es um rechtliche Fragen gehe. Seifert ist mit seiner Sicht nicht allein. Auch der Verband der sächsischen Wohnungsgenossenschaften (VSWG) fordert Entlastungen. Nach VSWG-Darstellung werden für eine Durchschnittswohnung von 60 Quadratmetern im Jahr neben den steigenden Energiepreisen 2.520 Euro mehr fällig.

Deckelung der Energiepreise?

Verantwortlich dafür sei das gesetzliche Pflichtprogramm seit Jahresbeginn – unter anderem mit CO2-Umlage, Gasumlage und Heizungsüberprüfung. Letztlich landeten die Kosten beim Mieter. Doch zunächst brächten sie den Genossenschaften Liquiditätsengpässe, da diese die Mittel vorfinanzierten. "Was wir brauchen sind schnelle und effiziente Entlastungsmaßnahmen für die Mieter und eine anreizorientierte Deckelung der Energiepreise", sagte VSWG-Vorstand Mirjam Philipp Sächsische.de. Dazu zähle auch ein Gaspreisdeckel.

Zumindest scheint Bewegung in die Förderkulisse zu kommen. Da wegen steigender Baupreise und Zinsen etwa in Dresden der soziale Wohnungsbau zu stocken droht, bringt der Baupolitiker der mitregierenden Grünen im Landtag, Thomas Löser, höhere Fördersätze sowie einen freien Zuschuss für soziale Wohnprojekte ins Gespräch.