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Neue Studie hält Grundsteuer-Modell auch in Sachsen für verfassungswidrig

Wer zuletzt Grundsteuer-Post vom Finanzamt bekam, erlebte oft eine böse Überraschung. Verbände empfehlen, im Zweifel Einspruch einzulegen. Und sie wollen selbst klagen - auch in Sachsen.

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Die Grundsteuerreform wird wohl noch Jahre ein Ärgernis für viele Immobilienbesitzer bleiben - und ein Betätigungsfeld für Juristen.
Die Grundsteuerreform wird wohl noch Jahre ein Ärgernis für viele Immobilienbesitzer bleiben - und ein Betätigungsfeld für Juristen. © Symbolfoto: dpa/Bernd Weißbrod

Berlin. Dem Fiskus droht in vielen Bundesländern eine Klagewelle wegen der neuen Berechnung der Grundsteuer. Der Verfassungsrechtler Gregor Kirchhoff hält das in elf Ländern angewandte Gesetz des Bundes für verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kommt der Jurist in einer Studie im Auftrag des Steuerzahlerbunds und des Eigentümerverbands Haus und Grund, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Die Verbände wollen nun in fünf Bundesländern mit Musterklagen vor Gericht ziehen - in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Den Eigentümern empfehlen sie, Einspruch gegen die von den Finanzämtern zum Teil bereits verschickten Bescheide zum Wert ihrer Immobilien einzulegen. Diese Bescheide sind in den meisten Bundesländern Grundlage für die künftige Grundsteuer-Berechnung. "Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert und am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt", sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel.

Ab 2025 soll die Grundsteuer neu berechnet werden. Nicht alle Länder müssen dabei gleiche Kriterien anwenden: Während die meisten das kritisierte Modell des Bundes nutzen, haben Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen eigene Berechnungsmethoden entwickelt.

Zuletzt hatten wegen der Reform bereits Tausende Immobilienbesitzer bei ihren Finanzämtern eine Erklärung mit Daten zu ihrem Grundstück und Haus abgeben müssen. Denn der Wert von fast 36 Millionen Immobilien muss neu berechnet werden.

Kritik an Bodenrichtwerten

Kirchhoff kritisierte, die daraufhin festgelegten Bodenrichtwerte seien nicht vergleichbar. So habe etwa die begehrte Wohnlage Wannsee in Berlin einen geringeren Richtwert erhalten als die weniger attraktive Lage Neukölln. Außerdem würden individuelle Umstände wie Denkmalschutz-Auflagen, Baumängel, Altlasten und anderes bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Der Jurist hält die Grundsteuer-Berechnung über den Bodenrichtwert generell für problematisch - im Vergleich etwa zu Modellen nur mit Fläche und Gebäudeart.

Rund 15 bis 20 Millionen Steuerbescheide wurden seit Einreichung der Unterlagen ausgestellt. Viele Eigentümer erlebten dabei eine böse Überraschung: Oft sind die Bodenrichtwerte deutlich höher als bisher. "Wir haben noch nie so viele besorgte Steuerzahler gehabt", sagte Holznagel. Der Präsident von Haus und Grund, Kai Warnecke, berichtete von einem "irrsinnigen Mitglieder-Zulauf" deswegen. Sehr irritierend sei für die Eigentümer, dass es keine Angaben gebe, was man ab 2025 tatsächlich an Grundsteuer zu zahlen habe.

Das wird auch noch eine Weile offenbleiben. Denn die Höhe der Grundsteuer hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab, die erst kurzfristig festgelegt werden. Dann sei es aber häufig zu spät, sich gegen die Bescheide zu wehren, warnen die Verbände. Sie appellieren an die elf Bundesländer, sich vom Berechnungsmodell des Bundes zu lösen und eigene, aus ihrer Sicht weniger angreifbare Methoden zu entwickeln. (dpa)