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Steuererklärung für Rentner: Eine Anleitung in 12 Schritten

Weil der steuerpflichtige Anteil der Rente steigt, könnten 2022 mehr Senioren in die Steuerpflicht rutschen. Diese Anleitung hilft bei der Erklärung.

Von Kornelia Noack
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Steuern werden nicht immer fällig, auch wenn Rentner erst einmal eine Steuererklärung abgeben müssen.
Steuern werden nicht immer fällig, auch wenn Rentner erst einmal eine Steuererklärung abgeben müssen. © 123rf

Fast 545.000 Rentner in Sachsen haben vergangenes Jahr eine Steuererklärung abgegeben. Wer 2021 oder 2022 in den Ruhestand gegangen ist, muss sogar schon mit einer Bruttorente von knapp 1.200 Euro damit rechnen, steuerpflichtig zu werden. Das heißt aber nicht automatisch, dass auch Steuern fällig werden. Denn mit verschiedenen Freibeträgen und Ausgaben können Rentner ihre Steuerlast senken.

1. Steuerpflicht prüfen

Ob Rentner eine Steuererklärung abgeben müssen, hängt davon ab, ob ihre Einkünfte den Grundfreibetrag überschreiten. Neben gesetzlichen und privaten Renten zählen auch Miet- und Kapitaleinnahmen dazu. Der Grundfreibetrag für das Steuerjahr 2022 liegt bei 10.347 Euro im Jahr für Alleinstehende und 20.694 für Ehepaare.

Eine Rente wird nicht voll besteuert. Abhängig vom Jahr des Rentenbeginns und der Bruttorente bleibt ein Teil steuerfrei – der sogenannte persönliche Rentenfreibetrag. Der wird bei Renteneintritt ermittelt und bleibt immer gleich. Beispiel: Wer im Juni 2021 in Rente gegangen ist, dem steht ein Rentenfreibetrag von 19 Prozent zu. Das heißt, 19 Prozent der Rente des Jahres 2022 bleiben steuerfrei. 81 Prozent müssen versteuert werden (siehe Tabelle). Auch jede Rentenerhöhung wird zu dem steuerpflichtigen Anteil hinzugerechnet.

Eine Steuererklärung wird auch fällig, wenn das Finanzamt dazu auffordert. Andersherum prüft die Behörde jedoch nicht, ob Rentner Steuern zahlen müssen. Dafür ist jeder selbst verantwortlich. Eine Orientierung, ab welcher Rentenhöhe eine Steuerpflicht bestehen könnte, gibt der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL) in der Tabelle.

2. Rentenbescheinigung anfordern

Die Deutsche Rentenversicherung stellt eine Bescheinigung mit allen steuerlich relevanten Beträge kostenfrei zur Verfügung. Sie hilft beim Ausfüllen der Formulare. Die „Information über die Meldung an die Finanzverwaltung“ kann online oder unter 0800/1000 4800 angefordert werden. Wer die Bescheinigung einmal beantragt hat, erhält sie in den Folgejahren automatisch.
Online-Antrag: www.sz-link.de/RVInfo

3. Abgabefristen kennen

Die Steuererklärung muss bis zum 30. September beim Finanzamt sein. Da dies auf ein Wochenende fällt, verschiebt sich das Zeitfenster auf den 2. Oktober. Holen sich Rentner Unterstützung von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein, haben sie bis zum 31. Juli 2024 Zeit.

4. Zwischen online und Papier wählen

Wer seine Einkommensteuer schon einmal über das Online-Portal Elster eingereicht hat, nutzt sein Konto erneut. Wer sich erstmals unter www.elster.de registriert, erhält von seinem Finanzamt die Aktivierungsdaten per E-Mail und per Post zugeschickt. Das kann jedoch einige Tage dauern. Mit dem Aktivierungscode wird im Programm eine Zertifikatsdatei heruntergeladen. Diese gilt künftig als „Schlüssel“ für jede Anmeldung bei Elster und sollte daher auf dem Computer gespeichert werden.

Rentner dürfen ihre Steuererklärung aber auch in Papierform abgeben – zumindest, wenn sie keine Gewinneinkünfte als Selbstständige, Gewerbetreibende oder aus Land- und Forstwirtschaft haben. Die Vordrucke können sie sich bei ihrem Finanzamt abholen. Auf Anfrage werden sie auch kostenfrei zugeschickt. Möglich ist zudem, die Vordrucke beim Formular-Management-System der Finanzverwaltung herunterzuladen und auszudrucken.

Gut zu wissen: Ein eingekreistes „e“ neben einer Zeile im Vordruck zeigt an, dass diese Daten dem Finanzamt bereits vorliegen. Sie müssen nicht eingetragen werden.

Vordrucke: www.sz-link.de/Steuer2022

5. Anlage R ausfüllen

Das ist das wichtigste Formular für alle gängigen gesetzlichen und privaten Renten. Zunächst sind Name und Steuernummer einzutragen. In den Zeilen 4 bis 12 geht es um die gesetzliche Rente sowie gegebenenfalls um eine Witwenrente. Anzugeben ist immer der Jahresbruttowert. Beim Eintragen der Rentenanpassungsbeträge, Nachzahlungen für vorangegangene Jahre und Einmalzahlungen hilft die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung.

Wichtig: „Die 300 Euro Energiepreispauschale müssen Rentner nicht angeben, auch wenn sie zu versteuern sind. Das Finanzamt berücksichtigt diese automatisch“, sagt Jana Bauer vom BVL.

Einzutragen sind außerdem Renten aus landwirtschaftlichen Alterskassen, berufsständischen Versorgungswerken und Rürup-Renten. Der Prozentsatz, der bei der Öffnungsklausel in Zeile 11 anzugeben ist, steht auf der Bescheinigung des Trägers. Zu den Leibrenten ab Zeile 13 gehören private Renten aus Versicherungen und Renten aus Vermögensveräußerungen.

Ab Zeile 37 sind Werbungskosten einzutragen. Das lohnt sich aber nur, wenn die Ausgaben über 102 Euro liegen, denn das Finanzamt berücksichtigt bei Senioren automatisch diesen Pauschbetrag. Werbungskosten sind zum Beispiel Ausgaben für einen Rentenberater, Gewerkschaftsbeiträge, Anwaltskosten bei Rechtsstreitigkeiten zur Prüfung oder Durchsetzung von Rentenansprüchen oder die pauschale Kontoführungsgebühr von 16 Euro im Jahr.

6. Anlage R-AV / bAV prüfen

Gefragt sind hier Erträge aus privaten und betrieblichen Altersvorsorgen: Riester-Rente, Pensionsfonds, Pensionskasse, Direktversicherung, Renten aus Zusatzversorgungseinrichtungen des Bundes, der Länder, Kommunen und Kirchen, zum Beispiel VBL- und ZVK-Renten. In der Regel liegen die Daten den Finanzämtern bereits vor. Auf die zweite Seite gehören die Werbungskosten. Sollten mehr als 102 Euro angefallen sein, sollte man diese eintragen.

7. Finanzielle Belastungen absetzen

Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen. In Zeile 4 bis 9 geht es um den Behindertenpauschbetrag. Er variiert zwischen 384 Euro und höchstens 7.400 Euro und richtet sich nach dem Grad der Behinderung, der anzugeben ist. Fallen die tatsächlichen Kosten höher aus, etwa für ein umgebautes Autos, kommen diese auf der zweiten Seite in die Zeile „Andere Aufwendungen“. Dort trägt man auch Kosten für Brillen, Zahnersatz oder Fahrtkosten ein. Aber: Sie werden nur berücksichtigt, wenn sie die persönliche zumutbare Belastung übersteigen. Diese richtet sich nach dem Gesamtbeitrag der Einkünfte und dem Familienstand und wird vom Finanzamt ermittelt.

Vom Pflegepauschbetrag in Zeile 11 bis 16 profitiert, wer einen Menschen mit mindestens Pflegegrad zwei unentgeltlich zu Hause pflegt. Hier sind je nach Pflegegrad zwischen 600 und 1.800 Euro Steuervergünstigung drin. Zur Geltendmachung einer behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale für krankheitsbedingte Fahrten ab Zeile 17 ist ein entsprechender Grad der Behinderung (GdB) nötig. Je nach GdB und Merkzeichen im Ausweis gewährt das Finanzamt zwischen 900 und 4.500 Euro.

8. Anlage Vorsorgeaufwand ausfüllen

Auf der ersten Seite tragen Rentner ihre Jahresbeiträge zur Kranken- sowie zur Pflegeversicherung ein. Diese stehen auf der Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung. Auf der zweiten Seite ab Zeile 48 können Ausgaben für weitere Versicherungen geltend gemacht werden: Beiträge für die private Haftpflichtversicherung, den Haftpflichtanteil der Kfz-Versicherung oder eine Unfallversicherung. „In Zeile 27 kommen Ausgaben für Krankenzusatzversicherungen oder Wahlleistungen wie Chefarzt-Behandlung“, sagt Jana Bauer.

9. Sonderausgaben eintragen

Rentnern wird automatisch ein Sonderausgabenpauschbetrag von 36 Euro abgezogen. Wer mehr ausgegeben hat, sollte dies in der Anlage Sonderausgaben angeben: Kirchensteuer, Beiträge zu politischen Parteien und unabhängigen Wählervereinigungen oder auch Spenden.

Ab Zeile 38 sind Unterhaltsleistungen einzutragen. Abgesetzt werden können Zahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehepartner von bis zu 13.805 Euro – die Zustimmung des anderen vorausgesetzt (Anlage U).

10. Handwerkerkosten absetzen

Wer zur Miete wohnt, sollte sich seine Betriebskostenabrechnung zur Hand nehmen. Anteilige Kosten etwa für Treppenhausreinigung, Gartenpflege, Hauswart, Wartungsarbeiten oder Schornsteinfeger können von der Steuer abgesetzt werden. „Die Summe der einzelnen Posten gehört mit dem Hinweis ,Leistungen gemäß Betriebskostenabrechnung‘ in Zeile 5 beziehungsweise 6“, erklärt Jana Bauer. Eigentümer können 20 Prozent der Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen absetzen, maximal 4.000 Euro. Auch Handwerkerleistungen wirken sich steuermindernd aus. Diese sind ab Zeile 6 einzutragen. Das Finanzamt erkennt 20 Prozent der Lohn- und Fahrtkosten an, maximal 1.200 Euro.

11. Abgeltungssteuer zurückholen

Ob ein Rentner zusätzliche Anlagen ausfüllen muss, hängt von seinen Lebensverhältnissen ab. Das Ausfüllen der KAP-Anlage lohnt sich etwa für alle, die mit ihrem Vermögen hohe Zinsen und Dividenden erzielen. Denn: Kapitalerträge, die über dem Sparerpauschbetrag von 1.000 Euro liegen, werden pauschal mit 25 Prozent besteuert. Die Bank behält diese Abgeltungssteuer in der Regel ein und leitet sie an das Finanzamt weiter. Hat ein Rentner nun einen geringeren Steuersatz als 25 Prozent, kann er sich über die Steuer die Rückerstattung holen. Dafür setzt er in der KAP einen Haken bei der Günstigerprüfung. Wer als Vermieter oder Verpächter Einnahmen generiert, muss zusätzlich die Anlage V ausfüllen.

Rentner mit einem pauschal versteuerten Minijob können sich mithilfe der Anlage Sonstiges die 300 Euro Energiepreispauschale holen – falls ihr Arbeitgeber diese nicht ausgezahlt hatte. „Hierfür sind die Zeilen 13 und 14 auszufüllen“, sagt Bauer.

Der Vordruck R-AUS ist für Senioren relevant, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben und Leistungen aus ausländischen Versicherungen, Verträgen und betrieblichen Versorgungseinrichtungen erhalten.

12. Die richtigen Belege parat haben

Belege müssen nicht mit eingereicht werden. Man sollte sie aber aufbewahren, falls eine Nachfrage des Finanzamtes kommt. Wird ein bestimmter Sachverhalt zum ersten Mal oder einmalig steuermindernd geltend gemacht, sollten die Nachweise direkt mit übermittelt werden. So können Nachfragen des Finanzamtes vermieden und die Bearbeitungszeit verkürzt werden.