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Gerry-Weber-Gründer ist tot

Er hat Gerry Weber aufgebaut - und am Ende aus den Händen verloren. Firmengründer Gerhard Weber ist tot. Für Aufsehen hatte er auch im Sport gesorgt.

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Gerhard Weber, der Unternehmer und große Sportfan aus Halle in Westfalen, wurde 79 Jahre alt.
Gerhard Weber, der Unternehmer und große Sportfan aus Halle in Westfalen, wurde 79 Jahre alt. © dpa

Von Carsten Linnhoff

In einer für die Branche schwierigen Zeit feierte Gerhard Weber 2016 seinen 75. Geburtstag. Der Mitgründer des Modekonzern Gerry Weber hatte aus dem Nichts ein Unternehmen auf die Beine gestellt, dass lange bei der Damenoberbekleidung zu den ganz großen der Branche zählte. In Spitzenzeiten kratzte der im SDax notierte Modeanbieter an der Umsatz-Grenze von einer Milliarde Euro. 2014 legte Weber das operative Geschäft in die Hände seines Sohnes Ralf. Als Aufsichtsrat war er bis Oktober 2018 noch nah dran an den Entscheidungen - bis die Familie 2019 jeden Einfluss auf das Unternehmen verlor. In der Nacht zum Donnerstag ist Gerry Weber gestorben. Der Unternehmer und große Sportfan aus Halle in Westfalen wurde 79 Jahre alt.

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Weber musste bereits im März 2016 miterleben, wie sein Sohn harte Einschnitte verkündete. Für die Neuausrichtung strich das Management jede zehnte von 7000 Stellen. Auch 100 von 1000 Filialen fielen weg. Das reichte allerdings nicht. Es folgten weitere Schließungen und ein noch drastischerer Stellenabbau. 2019 meldete Gerry Weber Insolvenz in Eigenregie an. Neue Investoren übernahmen. Mit dem Jahreswechsel 2019/2020 war dieser Schritt abgeschlossen - und die Aktien der Gründerfamilie wertlos. Die Webers waren raus.

Wie sehr litt der Firmengründer unter dem Niedergang der Marke Gerry Weber? "Ich fühle hier mit. Schließlich habe auch ich viele Jahre mit diesen Mitarbeitern verbracht, wir haben zusammen schon viel erlebt", sagt Gerhard Weber der Deutschen Presse-Agentur zu seinem 75. Geburtstag. Aber es helfe nichts: Angesichts der Entwicklung in der gesamten Modebranche seien die Einschnitte unausweichlich.

Ungewohnt offen für Manager hatte sein Sohn von eigenen Fehlern gesprochen. Intern aber gab der Vater sich eine große Mitschuld. Viel früher hätte auch er gegensteuern müssen, wie ihn Wegbegleiter zitieren. "Es gilt jetzt für die neue Generation, das Beste aus dem Umbruch der Branche zu machen. Sicherlich ist das Thema Mode heute viel komplexer und deshalb schwieriger zu managen als noch vor 50 Jahren", sagt Weber. Damals gründete er zusammen mit Udo Hardieck den Gerry-Weber-Vorläufer, die Hatex KG.

Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte Weber im Februar 2019: "Das Lebenswerk ist noch nicht am Ende. Ich glaube, dass wir auf einem Weg sind, wie wir das Unternehmen retten können." Anfang 2020 war das Unternehmen gerettet - aber ohne den Macher Gerhard Weber. "Ich bin kein Typ, der sagt, ich habe damit nichts zu tun", sagt er. Es sei ärgerlich, dass er auch Fehler gemacht habe. Dazu zählte der Bau eines neuen und viel zu großen Logistikzentrums, das 2015 in Betrieb ging. Das habe zu einer Schieflage geführt. Auch sein Umsatzziel von einer Milliarde Euro sei falsch gewesen. Als Folge eröffnete Weber immer neue Läden - ohne auf die Kosten zu schauen.

Neben den Problemen der gesamten Branche - Stichwort Billiganbieter und Onlinehandel - hatte es Gerry Weber versäumt, die Kollektionen zu verjüngen. Das Angebot galt irgendwann als altbacken. Junge Käuferinnen blieben aus.

Dabei wurde Webers Geschäftssinn von Mitarbeitern und Wegbegleitern immer bewundert. Sein Umfeld störte sich derweil an seiner manchmal aufbrausenden Art. "Er weiß halt alles besser", lautet das Fazit, dass nicht nur negativ gemeint war. In einem Interview mit der "Neuen Westfälischen" zum 70. Geburtstag kokettierte Weber mit diesem Besserwisser-Image. Er habe ja immer alles falsch gemacht, sagte er damals und spielte auf Entscheidungen an, die zuerst auf Kritik stießen, sich dann aber als richtig erwiesen. Das habe sich wie ein roter Faden durch sein Leben gezogen. Angefangen bei seinen Eltern, die nicht verstanden, dass er ein Modegeschäft eröffnen wollte, über die Entscheidung, ein Tennisstadion in Halle/Westfalen zu errichten.

Für Überraschungen hatte Gerhard Weber immer ein großes Gespür. Dass er die spätere Tennis-Legende Steffi Graf bereits vor ihren ersten großen Siegen als 17-Jährige als Werbebotschafterin unter Vertrag nahm, galt 1986 als Marketingcoup. Bis 2018 traf sich einmal im Jahr die Tennis-Welt-Elite der Männer am Rande des Teutoburger Waldes zu den Gerry-Weber-Open. Seit 2019 trägt das Turnier einen anderen Namen. (dpa)