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Seitenbacher Müsli ist die "Mogelpackung des Jahres"

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat die dreistesten Tricks für höhere Preise im Jahr 2020 gekürt. Die Masche dahinter hat System.

Von Katrin Saft
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Das sind laut Verbraucherzentrale Hamburg die dreistesten Preiserhöhungen des Jahres.
Das sind laut Verbraucherzentrale Hamburg die dreistesten Preiserhöhungen des Jahres. © vzhh

Die bunten Werbeprospekte suggerieren, dass Lebensmittel immer billiger werden. Doch oft ist das Gegenteil der Fall, und das ist für Kunden nicht immer leicht zu bemerken. Das beweist die Wahl der Mogelpackung des Jahres, zu der die Verbraucherzentrale Hamburg jährlich aufruft. Mit mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen geht der Negativpreis diesmal an Seitenbacher für sein Frucht-Müsli.

Der Grund: Der Hersteller hatte das Müsli im vergangenen Jahr als vermeintlich neues Produkt auf den Markt gebracht. Doch während vorher 1.000 Gramm in der Tüte steckten, waren es dann nur noch 750 Gramm. Gleichzeitig stieg der Preis pro Packung. „Unterm Strich ist das Müsli damit 75 Prozent teurer geworden“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale.

Gesunkene Füllmenge - gleicher Preis

Seitenbacher habe das mit der neuen Produktidee gerechtfertigt „viel auf dem Teller und weniger Kalorien durch großvolumige Spezialflocken“. Doch die Zutatenliste der Frühstücksflocken sei quasi identisch mit der des günstigeren Vorgängerprodukts Vollkorn-Früchte-Müsli. Durch die „großvolumigen Flocken“ habe sich die Füllhöhe trotz weniger Masse aber kaum geändert.

Nur einer von vielen kleinen Tricks, Preiserhöhungen zu verstecken, wie auch die Weihnachtsmänner und Schmunzelhasen der Sorte Alpenmilch zeigen. Milka hat die Figuren stillschweigend auf Diät gesetzt. Statt 50 beziehungsweise 100 Gramm sind sie seit 2020 nur noch 45 beziehungsweise 90 Gramm schwer. Der Preis jedoch ist geblieben, für den Weihnachtsmann sogar gestiegen. Die versteckte Preiserhöhung beträgt laut Verbraucherzentrale bis zu 36 Prozent. Hersteller Mondelez habe darauf verwiesen, dass das Gewicht ja auf der Packung stünde.

Auch die anderen drei Kandidaten für den Negativpreis haben ihre Produkte geschrumpft. In der Kinder Schokolade zum Beispiel sind seit 2020 statt zehn nur noch acht Riegel und damit nur noch 100 statt vorher 125 Gramm drin. Der Preis stieg dadurch um bis zu acht Prozent, kritisieren die Verbraucherschützer. Auch Mars hat die Füllmenge seiner Whiskas Knuspertaschen reduziert.

1. Platz: Frucht Müsli, Seitenbacher, 11.659 Stimmen (54,5 Prozent)
1. Platz: Frucht Müsli, Seitenbacher, 11.659 Stimmen (54,5 Prozent) © vzhh
2. Platz: Milka Osterhase & Weihnachtsmann, Mondelez, 4.035 Stimmen, (18,8 Prozent)
2. Platz: Milka Osterhase & Weihnachtsmann, Mondelez, 4.035 Stimmen, (18,8 Prozent) © vzhh
3. Platz: Kinder Schokolade, Ferrero,
3.960 Stimmen
(18,5 Prozent)
3. Platz: Kinder Schokolade, Ferrero, 3.960 Stimmen (18,5 Prozent) © vzhh
4. Platz: Whiskas Knuspertaschen, Mars,
925 Stimmen
(4,3 Prozent)
4. Platz: Whiskas Knuspertaschen, Mars, 925 Stimmen (4,3 Prozent) © vzhh
5. Platz: Bifi Minisalami, Jack Link’s,
830 Stimmen
(3,9 Prozent)
5. Platz: Bifi Minisalami, Jack Link’s, 830 Stimmen (3,9 Prozent) © vzhh

Statt 72 Gramm sind nur noch 60 Gramm in der Dose. Die Bifi Original Minisalami wiederum wird nun im Sechser- statt im Fünfer-Pack verkauft. Klingt erst mal nach mehr. Doch mehr geworden ist nur der Preis, der fast einheitlich von 1,99 Euro auf 2,49 Euro stieg – während die einzelne Minisalami von 25 auf 22,5 Gramm abgespeckt wurde. Eine versteckte Preiserhöhung von 16 Prozent.

Wo bleibt die Transparenzplattform?

Allein bei der Verbraucherzentrale Hamburg gingen im vorigen Jahr mehr als 3.000 Beschwerden über derartige Verpackungstricksereien ein. Rechtlich ist ihnen kaum beizukommen. Die Politik müsse deshalb endlich reagieren, fordert Armin Valet. „Obwohl Bundesverbraucherschutzministerin Christine Lambrecht im letzten Jahr angekündigt hatte, bei versteckten Preiserhöhungen für mehr Klarheit zu sorgen, ist nichts passiert“, sagt er. Eine Transparenzplattform, bei der Hersteller vorab Füllmengenreduzierungen melden müssen, könne laut Valet helfen, die sich stetig reduzierenden Inhalte und die damit einhergehende Müllflut einzudämmen.

Die Verbraucherschützer sind selbst aktiv geworden und führen auf Basis von Beschwerden eine Mogelpackungsliste mit derzeit rund 1.000 versteckten Preiserhöhungen. Verbraucher können hier ab sofort Mogeleien auch selbst melden. Dass Kunden mit ihrer Stimme erfolgreich sein können, zeigt das Beispiel Seitenbacher. „Inzwischen soll das Frucht Müsli nicht mehr hergestellt werden“, sagt Valet. In einigen Märkten sei es aber noch erhältlich.

ww.vzhh.de/mogelpackungsliste