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Inflation verliert ein wenig an Tempo

Die Menschen in Deutschland bekommen die hohe Inflation trotz einer erneuten Abschwächung deutlich zu spüren. Eine Produktgruppe ist erneut viel teurer geworden.

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Lebensmittel sind bei der aktuell langsamer wachsenden Inflation der große Preistreiber.
Lebensmittel sind bei der aktuell langsamer wachsenden Inflation der große Preistreiber. © dpa/Sven Hoppe (Symbolfoto)

Wiesbaden. Der Inflationshöhepunkt in Deutschland scheint überschritten zu sein. Die Teuerung schwächte sich im April den zweiten Monat in Folge ab - allerdings auf weiterhin hohem Niveau. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,2 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Mittwoch eine erste Schätzung. Im März hatte die Inflationsrate mit 7,4 Prozent erstmals seit August 2022 wieder die 8-Prozent-Marke unterschritten.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist die Teuerung eine Herausforderung: Sie zehrt an ihrer Kaufkraft. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Nach Einschätzung von Volkswirten können Verbraucher vorerst auch nicht auf eine durchgreifende Entspannung bei den Preisen hoffen.

"Die Nahrungsmittel bleiben auch im April der stärkste Preistreiber unter den Waren und Dienstleistungen im Warenkorb", erläuterte die Präsidentin des Bundesamtes, Ruth Brand. Allerdings schwächte sich der Preisauftrieb hier erstmals in diesem Jahr etwas ab. Nahrungsmittel verteuerten sich innerhalb eines Jahres um 17,2 Prozent. Im Januar hatten die Preise noch um 20,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats gelegen, im Februar waren es 21,8 Prozent und im März 22,3 Prozent.

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Die aktuelle Entwicklung mache Hoffnung, "dass auch bei der Lebensmittelinflation der Höhepunkt jetzt klar hinter uns liegt", sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.

Der Anstieg der Energiepreise zog im April wieder an. Energie verteuerte sich binnen Jahresfrist um 6,8 Prozent nach einem Zuwachs von 3,5 Prozent im März. Die Teuerung in diesem Bereich lag damit aber unterhalb der Gesamtinflation. Überdurchschnittlich stark erhöhte sich die Preise für Erdgas (plus 33,8 Prozent). Auch für Strom (plus 15,4 Prozent) und Fernwärme (plus 12,3 Prozent) mussten die Menschen deutlich mehr als vor einem Jahr bezahlen. Billiger wurden hingegen leichtes Heizöl (minus 21,8 Prozent) und der Besuch an der Tankstelle (minus 9,4 Prozent). Die Bundesregierung bemüht sich über die rückwirkend zum 1. Januar geltenden Preisbremsen Erdgas, Strom und Fernwärme erschwinglicher zu machen.

Von März auf April stiegen die Verbraucherpreise insgesamt um 0,4 Prozent. Auch hier bestätigte die Behörde eine erste Schätzung.

Einer im April veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts zufolge planen für die nächsten drei Monate weniger Unternehmen als zuletzt Preiserhöhungen. "Die Preisanhebungswelle dürfte damit ihren Scheitelpunkt bereits überschritten haben", analysierte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser unlängst. Schwerpunkt der Preiserhöhungen blieben Einzelhandel und konsumnahe Dienstleistungen wie Restaurants und Friseure. "Daher dürfte die Inflation in den kommenden Monaten nur sehr langsam zurückgehen."

Auch nach Einschätzung der Bundesregierung hat die Inflation in Deutschland ihren Scheitelpunkt erreicht. Nach einer Rate von 6,9 Prozent im vergangenen Jahr geht sie von 5,9 Prozent in diesem und von 2,7 Prozent im kommenden Jahr aus.

Der Kampf gegen die hohe Inflation ist aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel aber noch nicht gewonnen. "Die Inflationsrate ist in den vergangenen Monaten zwar zurückgegangen, aber sie bleibt immer noch viel zu hoch", sagte Nagel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). Nagel, der als Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) mit über die Zinspolitik der Notenbank entscheidet, hält daher weitere Zinserhöhungen im Euroraum für notwendig. "Die Inflation wird merklich sinken. Aber es kann wohl noch bis Anfang 2025 dauern, bis die harmonisierte Inflationsrate in Deutschland wieder nachhaltig eine Zwei vor dem Komma hat", prognostizierte Nagel.

Im April lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 20 Staaten um 7,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In Deutschland lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht im April bei 7,6 Prozent. Die Notenbank strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei zwei Prozent Inflation an und hat die Zinsen bislang sieben Mal in Folge erhöht. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen kann. (dpa)