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Immer mehr Bauern in Sachsen werden bio

Auf neun Prozent der sächsischen Äcker arbeiten Öko-Landwirte. Die Fläche wächst stark, das Ziel ist aber weit entfernt.

Von Georg Moeritz
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Mehr Öko-Essen: In Sachsen ist die Zahl der Bio-Bauernhöfe auf 913 gewachsen. Ob es mehr werden, hängt auch von der Nachfrage der Kunden im Laden.
Mehr Öko-Essen: In Sachsen ist die Zahl der Bio-Bauernhöfe auf 913 gewachsen. Ob es mehr werden, hängt auch von der Nachfrage der Kunden im Laden. © Archivfoto: dpa/Inga Kjer

Dresden. Mehr Platz fürs Tier, kein Kunstdünger und kein Unkraut-Ex mehr: Die ökologische oder Bio-Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahren bei sächsischen Bauern zunehmend Interesse gefunden – und bei ihren Kunden. Allein im vorigen Jahr meldeten 57 Bauern ihre Höfe als bio an.

Damit gibt es nun 913 Öko-Landwirtschaftsbetriebe in Sachsen. Der Bio-Anteil an der sächsischen Landwirtschaftsfläche stieg voriges Jahr von 8,1 auf 9,2 Prozent, berichtete Umwelt- und Agrarminister Wolfram Günther (Grüne). Das war ein starker Zuwachs: Die Ökofläche wuchs innerhalb eines Jahres um mehr als 14 Prozent auf rund 83.000 Hektar.

Doch andere Bundesländer sind weiter, etwa Brandenburg mit 15,5 Prozent Anteil. Nach den jüngsten vollständigen Vergleichszahlen aus dem Jahr 2020 lagen sieben Länder vor Sachsen. Der Bio-Anteil an der Landwirtschaftsfläche in Deutschland insgesamt betrug 10,3 Prozent. Das Ziel liegt aber bei 30 Prozent im Jahr 2030 – so steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung.

Günther: Wachstum bei bio lieber nach Nachfrage richten

Davon ist Sachsen weit entfernt, obwohl sich die Fläche mit ökologischer Bewirtschaftung seit 2015 im Freistaat mehr als verdoppelt hat. Minister Günther sprach in Dresden von erfreulichen Zuwächsen und sagte, ökologische Landwirtschaft bringe einen „Mehrfachnutzen“. Den Landwirten sichere sie faire Einkommen, zugleich sei sie gut für die Artenvielfalt, für die Umwelt und das Klima.

Günter sagte, das feste Ziel im Koalitionsvertrag sei richtig, aber Sachsen setze „auf marktgerechtes, nachfrageorientiertes Wachstum“ des Ökolandbaus. Demnach steht das Prozent-Ziel nicht im Vordergrund. Der Minister sagte: „Es hilft ja nicht, wenn zuerst Flächen im großen Stil auf bio umgestellt werden und dadurch die Erlöse für die Erzeuger sinken, und erst dann die Nachfrage in den Blick genommen wird.“

Die Nachfrage hängt von den Wünschen der Verbraucher und von den Verarbeitungsbetrieben in Sachsen ab. Eine Marktstudie im Auftrag des Ministeriums im Jahr 2018 zeigte, dass Bio-Lebensmittel für Kunden in Sachsen eine geringere Bedeutung haben als anderswo: Rund 26 Prozent der befragten Sachsen sagten damals, dass sie beim Einkauf Wert auf ökologisch erzeugte Lebensmittel legten. In Deutschland insgesamt sagten das 35 Prozent.

Obst gilt erst drei Jahre nach der Umstellung als bio

Dennoch sind in den vergangenen Jahren auch vergleichsweise große Betriebe neu in den Öko-Landbau eingestiegen. Ein möglicher Grund: Die Erzeugerpreise für konventionelle Agrarprodukte waren jahrelang sehr niedrig, bio versprach mittelfristig mehr Geld. Kurzfristig funktioniert das nicht: Frühestens zwölf Monate nach der Umstellung auf bio kann die erste Umstellungsernte erfolgen.

Frühestens zwei Jahre nach Umstellungsbeginn kann bei Getreide und Gemüse die Aussaat für die erste anerkannte Bio-Ernte stattfinden. Erst einmal können die Bauern also nur Preise für konventionelle Produkte verlangen, bei möglicherweise geringeren Erträgen vom Umstellungs-Acker. Bei Obst und Wein müssen sogar drei Jahre zwischen Umstellungsbeginn und erster Bio-Ernte liegen. Der Staat gibt den Bauernhöfen allerdings Extra-Zuschüsse für die Umstellungsphase. Sie können beim Land beantragt werden.

Zugenommen hat im vorigen Jahr aber auch die Zahl der Betriebe rund um die Öko-Landwirtschaft in Sachsen - dazu gehören Verarbeitung, Lagerung, Import und Handel mit Bioprodukten. Laut Günthers Ministerium waren voriges Jahr insgesamt 1.385 Unternehmen dort oder in der ökologischen Landwirtschaft tätig.

Inzwischen haben allerdings außer bio noch zwei Trends bei den Kunden an Bedeutung gewonnen: vegetarisches oder veganes Essen sowie regionale Erzeugung. Auch der Veggie-Trend scheint in Ostdeutschland allerdings später anzukommen als im Westen. Günthers Ministerium will die regionale Nachfrage und "regionale Wertschöpfungsketten" stärken. Die ersten sächsischen Bio-Regio-Modellregionen haben die Arbeit aufgenommen.