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So wird Saatgut fit gegen Krankheiten

Eine neue Ausgründung des Fraunhofer FEP behandelt Saatgut und Futtermittel völlig ohne Chemieeinsatz - mit Elektronen.

Von Jana Mundus
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Staubwolken im Herbst auf den Feldern: Mit Traktoren bringen die Landwirte aktuell das Wintergetreide in den Boden.
Staubwolken im Herbst auf den Feldern: Mit Traktoren bringen die Landwirte aktuell das Wintergetreide in den Boden. © Sebastian Schultz

Nach der Ernte im Sommer ist für die Landwirte auf den Feldern noch längst nicht Schluss. Im September und Oktober bringen sie das Wintergetreide aus. Das braucht die Kälte der nächsten Monate, um wachsen zu können. Über die gesamte Wachstumsphase hinweg können den Pflanzen jedoch diverse Schädlinge gefährlich werden. Um sie davor zu schützen, wird das Saatgut traditionell mit chemischen Beizen behandelt. Diese stehen jedoch schon länger in der Kritik. Eine Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden verfolgt einen anderen Ansatz – und kommt dabei ganz ohne Chemie aus.

Die neu gegründete E-Vita verwendet beschleunigte Elektronen, um das Saatgut schonend und nachhaltig zu desinfizieren. Möglich ist das Verfahren auch für das Behandeln von Futtermitteln und Kräutern. Es stünde aber nicht nur die Desinfektion des Saatguts selbst im Mittelpunkt, sagt André Weidauer, Geschäftsführer der Firma. „Auch die umfassende Behandlung des Saatguts mit biologischen Stimulanzien zur nachhaltigen Erhöhung der Erträge und Verbesserung der Widerstandsfähigkeit spielen für uns eine große Rolle.“

Nachfrage ist groß

Das umweltfreundliche, rein physikalische Verfahren zur Desinfektion von Saatgut basiert auf der keimabtötenden Wirkung von beschleunigten Elektronen. Treffen die energiereichen Elektronen im Wirkbereich auf Schadorganismen, werden diese effektiv abgetötet. Bei der Elektronenbehandlung wird sichergestellt, dass die Elektronen dabei nur so tief in die Schale eindringen, dass ein Einfluss auf den Embryo und das Nährgewebe im Inneren des Saatkorns nachweislich ausgeschlossen werden kann.

Erste Entwicklungen zur sicheren, chemiefreien Behandlung von Saatgut mit Elektronen starteten schon in den 1980er-Jahren im Forschungsinstitut Manfred von Ardenne in Dresden. Später wurden sie vom Fraunhofer FEP in langjährigen Entwicklungsprojekten mit unabhängigen Instituten und Unternehmen zur industriellen Reife geführt. Partner waren in den vergangenen Jahren vor allem die Ceravis AG in Güstrow und die Baywa AG in Hainichen. Beide nutzen die Technologie bereits erfolgreich. Dabei wurde klar: Die Nachfrage nach umweltschonenden, nachhaltigen und zugleich wirtschaftlichen Verfahren zur Saatgutbehandlung ist groß und kann von den wenigen Anbietern schon lange nicht mehr ausreichend bedient werden.

Mit dem Lkw zur Saatgutbehandlung

So entstand die Idee für die Ausgründung, an der nun neben dem Fraunhofer FEP auch die Ceravis AG beteiligt ist. Die Verwendung von Biostimulanzien auf behandeltem – also gesundem, von Schaderregern befreitem – Saatgut hat aus Sicht von E-Vita und Anwendern großes Potenzial. Diese Biostimulanzien sind in Kombination mit dem in Dresden entwickelten Verfahren in der Lage, die Erträge zu erhöhen, die Nährstoffeffizienz zu verbessern und einen langanhaltenden Schutz zu bilden. „Mit dieser Partnerschaft wird das Arbeitsgebiet, das sich mit dem Aufbringen von Wirkstoffen direkt am Saatkorn beschäftigt und dadurch die globale Düngung von Feldern reduziert, weiter gestärkt“, kommentiert Gösta Mattausch, Abteilungsleiter für spezielle Elektronenstrahl-Systeme und -Technologien am Fraunhofer FEP, die Neugründung.

E-Vita bietet Anwendern wie Züchtern oder Saatgutaufbereitern die Anlagentechnik nun zum Kauf oder auch zur Miete an. Das E-Vita-Team rückt dann mit einem großen Lkw an, um das Saatgut direkt vor Ort zu behandeln. Extra dafür entwickelten die Fraunhofer-Forscher eine kompaktere Variante ihrer Technik. (jam)