Dresden. Der Start ins Ausbildungsjahr wird Lehrlingen in Sachsen mit deutlich höheren Bezügen versüßt. Eine Studie über 20 ausgewählte Tarifbranchen beziffert das Plus zum Vorjahr teils mit über 20 Prozent.
Die Unternehmen lassen sich den Kampf um rarer werdende Köpfe etwas kosten, wie die Untersuchung des WSI-Insituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung belegt. Allen voran der Bau, wo Azubis im 1. Jahr mit 1.080 Euro fast 23 Prozent mehr Geld bekommen als ihre Vorgänger.
Noch höher – wenn auch mit geringerem Plus – sind mit 1.341 Euro die Anfangsbezüge in der Pflege von Bund und Gemeinden. Mit 1.550 Euro ist der Bau-Nachwuchs wiederum Spitzenverdiener im Abschlussjahr – vor dem Öffentlichen Dienst und dem Bankgewerbe, wo es 1.503 beziehungsweise 1.450 Euro gibt. Süßwarenindustrie (1.440), Deutsche Bahn (1.432) und Versicherungen (1.370) stehen dem nur wenig nach. Mit Abstand folgen die Branchen Chemie, Druck, Metall/Elektro mit gut 1.200 Euro im Abschlussjahr.
Bei den durch Tarifvertrag festgelegten Vergütungen gibt es je nach Branche und Region große Unterschiede. Die Spannbreite reicht von 710 Euro pro Monat im 1. Lehrjahr von Nordrhein-Westfalens Friseurhandwerk bis zu 1.650 Euro im Bauhauptgewerbe West im letzten Jahr - mehr als das doppelte Entgelt.
Sachsen ist Schlusslicht bei der Tarifbindung
„Dass die Vergütungen in vielen Tarifbranchen deutlich stärker als die Löhne steigen, lässt sich bereits seit einigen Jahren beobachten“, sagt Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs. Dieser Trend setze sich fort. Wegen des Fachkräftemangels werde in immer weniger Tarifbranchen unter 1.000 Euro gezahlt, so der Forscher.
Allerdings erhält kaum die Hälfte der Lehrlinge in Sachsen so viel Geld. Der Grund: Ihre Vergütung wird in den Lohnrunden für die Beschäftigten ausgehandelt. Doch die Tarifbindung geht seit Jahrzehnten zurück. Im Freistaat, Schlusslicht in Deutschland, sind noch 17 Prozent der Unternehmen derart gebunden, gilt so ein Vertrag nur für 43 Prozent der Beschäftigten.
Für die Mehrheit der Azubis und die Ausbildungsbetriebe ist die gesetzlich Mindestvergütung verbindlich. Sie beträgt anfangs 649, dann 766 und im 3. und 4. Lehrjahr 876 bzw. 909 Euro. Diese Untergrenze war zuletzt um 4,7 Prozent erhöht worden. Für das WSI ist es „kein Zufall, dass vor allem in Berufen mit sehr geringer Vergütung Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben“. Die Personalnot treibt aber auch dort die Entgelte nach oben.
Auf jeden Bewerber kommen fast zwei freie Stellen
Laut Landesarbeitsagentur in Chemnitz sind noch rund 7.600 Lehrstellen unbesetzt. Dem gegenüber hätten etwa 4.600 Bewerberinnen und Bewerber noch keinen Ausbildungsplatz. Rein rechnerisch stünden jedem Unversorgten knapp zwei freie Plätze zur Verfügung, heißt es von der Agentur.
Eine Lehre zum Beispiel im Handwerk oder im Handel beginnt in der Regel am 1. August oder am 1. September – um nach drei Jahren für die Sommerprüfung zugelassen zu werden aber spätestens am 1. Oktober. Nach Angaben der Landesarbeitsagentur in Chemnitz gibt es noch rund 7.600 freie Plätze. Andererseits hätten etwa 4.600 Bewerber noch keine Stelle, heißt es von der Behörde.
Sachsens Handwerk hat bis Ende Juli 4.260 neue Verträge unterzeichnet – neun Prozent mehr als zur gleichen Vorjahreszeit. Dennoch gibt es Hunderte offene Stellen – beispielsweise im Kfz-, Metallbauer-, Tischler-, Maurer-, Kältetechnik- sowie im Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerk. Kurzentschlossene, auch Abiturienten und Studienaussteiger, könnten noch immer beginnen, heißt es von Sachsens Handwerkstag, der regio0nalen Dachorganisation der Kammern und Verbände.