Leben und Stil
Merken

Das E-Bike wird alltagstauglicher

Neben neuen Lastenrädern wird auf der Messe Eurobike das vernetzte Rad vorgestellt. Sein Vorteil: Es denkt mit.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Lastenmodelle und Wetterschutzkleidung sollen das Fahrrad immer mehr zum Alleskönner-Fahrzeug machen.
Lastenmodelle und Wetterschutzkleidung sollen das Fahrrad immer mehr zum Alleskönner-Fahrzeug machen. © Messe Friedrichshafen GmbH

Marcus Dittberner merkt sofort, wenn die nächste Stadt ein Förderprogramm für Lastenräder startet. „Sofort gehen bei uns mehr Anfragen ein“, sagt der Geschäftsführer eines Berliner Lastenrad-Herstellers. Seine Firma zeigt seit Mittwoch als einer von 630 Ausstellern Fahrrad-Neuheiten bei der Messe Eurobike in Friedrichshafen. Die Branche hat wie kaum eine andere von der Pandemie profitiert: Im ersten Halbjahr 2021 wurden dem Zweirad-Industrie-Verband zufolge bundesweit schätzungsweise 1,2 Millionen E-Bikes verkauft, 9,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Nachfrage ist so groß, dass Kunden wegen Problemen bei den Lieferketten oft weiter wochen- oder monatelang auf ihr Wunschrad warten müssen.

E-Bikes sollen künftig vor allem Innenstädte prägen – und das nicht nur im Pendlerverkehr. Thomas Reischmann, Geschäftsführer einer Kaufhauskette, schaut sich daher auf der Messe neue Lastenräder an. „Mit Lastenrädern könnten wir Waren den ganzen Tag ausliefern, das können wir mit dem Auto nicht.“, sagt er. Bisher laufe der Versand über einen großen Logistik-Dienstleister. Reischmann: „Umweltmäßig ist das eine Vollkatastrophe.“

Auf der Messe ist den Cargobikes eine Sonderfläche gewidmet, viele Hersteller zeigen Fahrzeuge für Lieferungen auf der „letzten Meile“ bis zur Haustür. Äußerlich erinnern einige Modelle kaum noch an Fahrräder: Eine Firma aus England präsentiert zum Beispiel eine Mischung aus E-Lastenrad und Minivan, mit der bis zu 150 Kilogramm Waren transportiert werden können – auf vier Rädern, mit zwei Scheinwerfern, überdacht und umgerechnet rund 14.000 Euro teuer. Gerade bei Kurzstrecken sieht die Branche noch große Wachstumschancen für E-Lastenräder. Denn auch auf dem Dorf müssen Kinder zur Kita und Getränkekisten nach Hause gebracht werden. Wichtiger als Kaufprämien sei laut ADFC aber eine bessere Infrastruktur.

Rad oder Kleintransporter? Modelle wie das E-Lastenrad SUM-X von One Less mit vier Rädern lassen den Unterschied immer kleiner werden.
Rad oder Kleintransporter? Modelle wie das E-Lastenrad SUM-X von One Less mit vier Rädern lassen den Unterschied immer kleiner werden. © Messe Friedrichshafen GmbH

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zum Messe-Auftakt mehr Radwege als Teil des „Nationalen Radverkehrsplans 3.0“ versprochen: 1,46 Milliarden Euro habe die Bundesregierung bis 2023 dafür eingeplant. Schließlich sei der Rad-Boom „eine sehr positive Entwicklung“.

Bosch hat auf der Messe eine neue vernetzte Generation seines E-Bike-Systems vorgestellt. Ähnlich wie die Software in Elektroautos lassen sich die E-Fahrräder über eine eingebaute Mobilfunkverbindung aktualisieren, um etwa die Reichweite der verbauten Akkus zu erhöhen. Das E-Bike werde sich in Zukunft automatisch auf die persönlichen Bedürfnisse der Fahrer einstellen, sagte der Geschäftsleiter von Bosch eBike Systems, Claus Fleischer: „Es passt sich unserem Fahrstil an, schlägt Routen vor und leitet sicher von A nach B.“

Der neue Motor, der bei Bosch Performance Line CX heißt, ermöglicht einen neuen Modus Turbo+, mit dem die Unterstützungsleistung je nach Geländesteigung dynamisch angepasst wird. Gesteuert wird er über eine LED-Fernbedienung und ein neues Farbdisplay (Nyon 300), das ebenfalls fest am Lenker montiert ist. Passend dazu stellte Bosch einen Spitzen-Akku für E-Bikes, den Power-Tube 750 vor. Je nach Fahrmodus und Geländebeschaffenheit kommt man damit 60 bis 100 Kilometer weit.

Signalfarbe: Spezielle Farbpigmente im Lack sollen diesen Fahrradrahmen bei Lichteinfall zum Leuchten bringen und so für mehr Sicherheit im Dunkeln sorgen.
Signalfarbe: Spezielle Farbpigmente im Lack sollen diesen Fahrradrahmen bei Lichteinfall zum Leuchten bringen und so für mehr Sicherheit im Dunkeln sorgen. © Messe Friedrichshafen GmbH

Die neuen Funktionen laufen digital in der Flow App zusammen. Sie kommuniziert via Bluetooth mit dem Fahrrad. Über diese App gelangen auch die Softwareupdates auf das Rad. Dort kann man sehen, welche Strecke das Bike bislang gefahren ist. Mit der App soll man das E-Bike auf seinen persönlichen Fahrstil anpassen können. Der Homescreen der App zeigt alle wichtigen Informationen – vom Ladezustand des Akkus bis zum nächsten Servicetermin.

Um die Sicherheit des E-Bikes zu erhöhen, lassen sich etliche Modelle zukünftig mit dem Connect-Modul nachrüsten, das neue Funktionen im Bereich Diebstahlschutz ermöglicht. Dabei kann das E-Bike einen akustischen Alarm auslösen, wenn sich jemand an dem Rad vergreift. Bosch kündigte an, dass auch ein Tracking eines gestohlenen Rades möglich sei.

Beim Fahrradhändler wird man übrigens vergeblich nach Bosch-E-Bikes suchen. Bosch produziert selbst keine Fahrräder, ist aber mit seinen Komponenten für E-Bikes der führende europäische Systemhersteller für Pedelecs. Kunden sind unter anderen Cube, Gazelle, Haibike, Herkules, Kettler, Kalkhoff, KTM und Raleigh. (dpa)

Messe Eurobike

  • Besuchertage am 3. und 4. September jeweils von 9 bis 18 Uhr.
  • Preise: Die 1-Tageskarte kostet 13 Euro, die 2-Tageskarte 18 Euro.
    Es gibt auch Familienkarten. Kinder unter 6 Jahren haben freien Eintritt.
  • Tickets können nur online gekauft werden: www.eurobike.com