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Durch Europa radeln mit Kleinkindern - wie geht das?

Eine Familie aus Dresden ist mit dem Fahrrad von Dresden nach Istanbul gefahren, als die Kinder zwei und vier Jahre alt waren. Ausstattung, Routen, Kosten: Worauf es dabei ankam.

Von Andreas Rentsch
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Entdeckung der Langsamkeit: Sophie Ehret-Sander (37) und ihr Mann Ingo (55) aus Dresden sind 2022 mit ihren Kindern Oskar (4) und Jonne (2) bis ans Schwarze Meer geradelt. Dieses Bild entstand bei einem Abstecher auf die griechische Insel Thassos.
Entdeckung der Langsamkeit: Sophie Ehret-Sander (37) und ihr Mann Ingo (55) aus Dresden sind 2022 mit ihren Kindern Oskar (4) und Jonne (2) bis ans Schwarze Meer geradelt. Dieses Bild entstand bei einem Abstecher auf die griechische Insel Thassos. © Ingo Ehret

Kennengelernt haben sie sich als Radreisende im kirgisischen Bischkek, inzwischen sind sie verheiratet und haben zwei Kinder, Jonne und Oskar. Unterwegs sind Sophie Ehret-Sander (37) und Ingo Ehret (55) aus Dresden immer noch am liebsten im Sattel, nun als Quartett. Im Interview berichtet das Ehepaar von ihrer ersten großen Tour durch zwölf Länder.

Wie kommt man auf die Idee, mit zwei kleinen Kindern eine Radreise bis ans Ende Europas zu machen?

Ingo: Ich bin schon viel mit dem Fahrrad durch die Welt gefahren, zum Beispiel rund ums Himalaya-Gebirge, durch den Nahen Osten oder Afrika und nach Südostasien. Meine Frau beneidet mich ein bisschen, dass sie nicht mehr so viel machen kann. Ohne Kinder geht alles halt einfacher. Mit ihnen zu reisen, verändert vieles.

Anfang Juni 2022: Sophie Ehret-Sander und Ingo Sander starten mit ihren beiden Söhnen Oskar und Jonne in Dresden - nicht ohne ein Erinnerungsfoto vor der Frauenkirche.
Anfang Juni 2022: Sophie Ehret-Sander und Ingo Sander starten mit ihren beiden Söhnen Oskar und Jonne in Dresden - nicht ohne ein Erinnerungsfoto vor der Frauenkirche. © Familie Ehret

War Ihnen von vornherein klar: Auch mit Kindern werden wir reisen?

Ingo: Ja, genau.

Sophie: Das Schönste ist ja, dass man immer draußen und den Menschen ganz nah ist. Nicht so abgeschottet wie im Auto. Auf dem Fahrrad ist die Aussicht anders. Es geht langsam, man kommt aber trotzdem Stück für Stück voran. Zu Fuß ist es zu schwer, alles Notwendige mitzunehmen.

Mussten die Kinder aus Ihrer Sicht ein bestimmtes Alter erreichen, damit Sie wieder losziehen konnten?

Ingo: Die erste Eintagestour mit Oskar haben wir gemacht, als er zwei Monate war.

Sophie: Unsere erste „richtige“ Tour ging dann an die Ostsee, da hat er teilweise noch im Tragetuch auf dem Rücken gesessen.

Die Botschaft ist also: Es geht von Anfang an, wenn man will?

Sophie: Ja, wenn man sich keinen Zeitstress macht. Es spielt keine Rolle, wie weit man kommt, sondern um das Zusammensein in der Familie, das intensive Erleben – ohne Ablenkung.

Wann haben Sie angefangen, Ihre Tour von Dresden nach Istanbul vorzubereiten?

Ingo: Die Idee gab es schon länger, mit der Planung begonnen haben wir erst einen Monat vorher. Meine Frau hat noch gearbeitet und ist dann in Elternzeit gegangen. Ich war als Freiberufler eh flexibel.

Es war also klar, dass genug Zeit sein würde, die Frage war eher wohin?

Ingo: Genau. Wir hatten einige Osteuropa-Reiseführer gelesen und uns einige der dort verlaufenden Eurovelo-Radwege angeschaut. Der E13 erschien uns reizvoll. Diese Route verläuft von Finnland bis ans Schwarze Meer, immer am früheren Eisernen Vorhang entlang. Wir hatten dann die Idee, wenn wir schon von Dresden bis ans Schwarze Meer fahren, könnten wir auch noch bis Istanbul radeln.

Sophie: Wichtig war uns, von Zuhause loszufahren, damit die Kinder sehen: Das dauert so lange, dorthin zu kommen. Oskar konnten wir unterwegs an den Resten des Zauns erklären: „Da war mal eine lange Grenze, hier durfte man nicht drüber.“

13. Juni 2022: Dieser Regenguss lässt sich unter einem improvisierten Dach aushalten.
13. Juni 2022: Dieser Regenguss lässt sich unter einem improvisierten Dach aushalten. © Familie Ehret
4. Juli: Übernachtungsplatz nahe Slawonice in Tschechien: Ein Platz für zwei kleine Zelte fand sich fast immer.
4. Juli: Übernachtungsplatz nahe Slawonice in Tschechien: Ein Platz für zwei kleine Zelte fand sich fast immer. © Familie Ehret
7. Juli 2022: Ein erhaltenes Stück "Eiserner Vorhang" im techischen Čížov.
7. Juli 2022: Ein erhaltenes Stück "Eiserner Vorhang" im techischen Čížov. © Familie Ehret
9. Juli 2022: Sightseeing in Mikulov, einer 7.000-Einwohner-Stadt in der Region Südmähren
9. Juli 2022: Sightseeing in Mikulov, einer 7.000-Einwohner-Stadt in der Region Südmähren © Familie Ehret
11. August 2022: Zwischen Heuballen und unter Sonnensegeln wird Rast gehalten.
11. August 2022: Zwischen Heuballen und unter Sonnensegeln wird Rast gehalten. © Familie Ehret
19. August 2022: Im Donaudurchbruch Eisernes Tor erlebt die Dresdner Familie einen der schönsten Flussabschnitte.
19. August 2022: Im Donaudurchbruch Eisernes Tor erlebt die Dresdner Familie einen der schönsten Flussabschnitte. © Familie Ehret
22. August 2022: Auf ruhigen Nebenstraßen genießt Oskar auch mal stehend die Fahrt im Fahrradanhänger.
22. August 2022: Auf ruhigen Nebenstraßen genießt Oskar auch mal stehend die Fahrt im Fahrradanhänger. © Familie Ehret
23. August 2022: Ohne eine gehörige Portion Matsch gehen auch sommerliche Radreisen nicht ab.
23. August 2022: Ohne eine gehörige Portion Matsch gehen auch sommerliche Radreisen nicht ab. © Familie Ehret
7. September 2022: Während Papa kocht, werden Oskar und Jonne von einem zutraulichen Hund unterhalten.
7. September 2022: Während Papa kocht, werden Oskar und Jonne von einem zutraulichen Hund unterhalten. © Familie Ehret

Haben Sie vorab eine Zeit veranschlagt, die Sie bis Istanbul brauchen würden?

Ingo: Im Jahr zuvor sind wir den Oder-Neiße-Radweg abgefahren und haben innerhalb eines Monats rund 1.000 Kilometer geschafft. Daher haben wir für 4.000 Kilometer bis Istanbul vier Monate geplant. Tatsächlich waren wir nach vier Monaten und zwei Tagen in Istanbul. Insgesamt hat die Reise viereinhalb Monate gedauert.

Wie bereitet man sein Equipment für eine solche Tour vor?

Sophie: Die beste Vorbereitung ist, einfach sein Rad zu bepacken und mal ein, zwei Tage zu fahren. Da stellt man fest, was man braucht und was nicht.

Ingo: Wir hatten ja schon viel Ausrüstung – durch die früheren Reisen.