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Kommentar: Ein 49-Euro-Ticket ist noch keine Verkehrswende

Bund und Länder haben sich auf einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geeinigt. Es soll spätestens im März kommen, doch Fragen bleiben. Ein Kommentar.

Von Michael Rothe
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Ein großer Vorteil des 49-Euro-Tickets ist, dass sich der Tarifdschungel in Deutschland deutlich lichtet, findet SZ-Redakteur Michael Rothe.
Ein großer Vorteil des 49-Euro-Tickets ist, dass sich der Tarifdschungel in Deutschland deutlich lichtet, findet SZ-Redakteur Michael Rothe. © Deutsche Presse-Agentur GmbH

Das von vielen liebgewonnene und millionenfach gebuchte 9-Euro-Ticket bekommt einen Nachfolger. Für gut den fünffachen Preis pro Monat sollen die Deutschen bundesweit im Nahverkehr und in Regionalzügen unterwegs sein können, ob ab Januar oder März ist offen.

Das ist eine gute Botschaft für viele, die im Sommer auf den Geschmack gekommen sind – und für die Umwelt. Weniger gut ist die Nachricht für alle, die schon vor Inflation und Energiekrise auf jeden Cent schauen mussten, sich derzeit noch mehr einschränken und auf eine billigere Lösung gehofft haben. Es war aber klar, dass Bund und Länder den ÖPNV-Köder zum Fast-Nulltarif nicht auf Dauer finanzieren können.

49-Euro-Ticket: Sozialtarif ist nötig

Für Bahn- und Busfahrer in den drei sächsischen Großstädten ist das neue Angebot auf jeden Fall ein Upgrade, sind dort doch selbst Monatskarten für nur eine Tarifzone bereits deutlich teurer als jener Fahrschein für ganz Deutschland. Und das ist die zweite, genauso wichtige Errungenschaft: Der einheitliche und online im Abo zu buchende Fahrausweis ist ein großer Schritt heraus aus dem abschreckenden Tarifzonen-Wirrwarr.

Jenen, die sich jetzt nach dem langen Hin und Her um die Finanzierung feiern, sei aber gesagt: Dieses Ticket allein reicht nicht für eine nachhaltige Verkehrswende. Damit Bus und Bahn für alle erschwinglich werden, braucht es einen günstigeren Sozialtarif für Bedürftige, wie in Berlin bereits für 9 Euro praktiziert.

Und: Was nutzt ein Günstig-Ticket, wenn man es – mangels Angeboten auf dem Land – nur selten einsetzen kann? In den Städten sind Bus und Bahn hingegen oft überfüllt. Derzeit werden Linien ausgedünnt, weil Personal und Fahrgerät fehlt oder Energiekosten zu hoch sind.

Zur Wende braucht es neben einer Angebotsoffensive ein Gesamtkonzept sowie Nachschlag beim Geld vom Bund, mit dem die Länder ihren Nahverkehr auf der Schiene finanzieren. Eine zusätzliche Milliarde pro Jahr ist viel Geld. Doch wer es ernst meint mit der Vorfahrt für die Bahn, könnte sich dafür auch am Topf mit der Lkw-Maut bedienen. Es bleibt viel zu tun. Aber freuen kann man sich auch mal. Zumindest ein bisschen.

Mail an Michael Rothe