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Ein Stück Provence in der sächsischen Provinz

Dürre, Hitze, Starkregen: Extreme Wetterlagen fordern Sachsens Landwirte heraus. In der Lausitz glückte ein Versuch, dem Klimawandel zu begegnen.

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Lavendel blüht auf einem Feld der Agrargenossenschaft See: Seit vier Jahren bauen die Landwirte die lilablühende Duftpflanze mit Hilfe eines EU-geförderten Projekts an.
Lavendel blüht auf einem Feld der Agrargenossenschaft See: Seit vier Jahren bauen die Landwirte die lilablühende Duftpflanze mit Hilfe eines EU-geförderten Projekts an. © dpa/Sebastian Kahnert

Niesky. Den Anblick von weiten Feldern in sattem Violett verbinden die meisten wohl mit der Provence in Südfrankreich - doch seit mehr als zwei Jahren wird Lavendel auch im Osten Sachsens angebaut. Die Agrargenossenschaft in See, einem Ortsteil von Niesky (Landkreis Görlitz), wagte das Experiment auf zunächst 2,5 Hektar Fläche. Laut dem Vorstandsvorsitzendem Andreas Graf ist der Anbau ein Erfolg.

Es habe sich nicht nur bestätigt, dass sich Lavendel in der Lausitz kultivieren lässt. Auch der Ertrag aus den im Juli geernteten Blüten konnte gesteigert werden. In diesem Jahr hat der Betrieb daraus 45 Kilogramm Öl gewonnen. 2021 waren es 28 Kilogramm.

"Das Projekt wurde aus der Not heraus geboren", so Graf. Wegen extremer Trockenheit sei 2018 für seine Agrargenossenschaft ein besonders kritisches Jahr gewesen. Der Betrieb suchte gezielt Alternativen und holte sich Anregung in Nordrhein-Westfalen, wo Lavendel unweit von Detmold schon großflächig für die Duftmittelproduktion wuchs. Im ostsächsischen See kamen 2020 die ersten Pflanzen in die Erde. Vier Sorten, die ganz unterschiedliche Düfte ausbilden, wachsen inzwischen auf dem Feld. "Wir haben sie nach Winterhärte ausgesucht", sagte Graf. Sie hätten bereits 15 Grad Minus und Schnee überstanden.

Neben Getreide baut die Genossenschaft zwischen Hohendubrau und Rietschen Raps, Sonnenblumen und Soja an. Lavendel nimmt nur etwa 1,5 Prozent der insgesamt bewirtschafteten Fläche in Anspruch. "Es soll für uns ein Standbein sein", sagt der Vorstandsvorsitzende. 2 der 29 Beschäftigten sind zudem für die betriebseigene Imkerei ausgebildet, mit der sich das Spektrum der Produkte 2019 erweiterte.

Risikostreuung ist ganz im Sinne von Sachsens Landwirtschaftsministerium. Mehr Sorten anzubauen, minimiere das Ausfallrisiko für einzelne Sorten im Fall von Extremwetter. "Die Anpassung der Landwirtschaft an die Folgen der Klimakrise ist eine echte Herausforderung für die Betriebe", so Ressortchef Wolfram Günther (Bündnis 90/Grüne). "Wir sind hier mit Investitionsförderung, Anbauberatung, mit angewandter Forschung und Wissenstransfer eng an der Seite der Branche."

Lukrativer als Roggen und Weizen

Auch das Projekt der Agrargenossenschaft See wird mit Mitteln der EU und des Freistaates gefördert - noch bis Ende 2022. Nachdem sich der Bestand schneller als gedacht etabliert habe, gehe es nun verstärkt um die Vermarktung der Produkte, sagte Vorstandsvorsitzender Graf. Aus den geernteten Lavendelblüten wird zu 90 bis 95 Prozent Duftöl gewonnen. Das geschieht durch Destillation mit Hilfe von Wasserdampf. Der Betrieb hat dafür vorerst eine mobile Anlage gemietet. Getrocknete Blüten werden auch für Duftsäckchen, Tee oder floristische Gestecke angeboten. "Wenn man alles von der Pflanze verkaufen kann, ist Lavendel lukrativer als Roggen und Weizen."

Bislang vertreibt die Genossenschaft ihre Warenpalette lediglich im Direktverkauf und über den Online-Shop. "Uns fehlt die Reichweite", gibt der Vorstandsvorsitzende zu. Deshalb gilt es, möglichst bundesweit gewerbliche Abnehmer zu finden, die Produkte aus der Lausitz verkaufen wollen. Derweil interessieren sich längst andere dafür, wie der Anbau von Lavendel hierzulande klappt. Anfragen dazu kamen laut Graf etwa schon aus Bayern oder Baden-Württemberg. (dpa)