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So wird die Arbeit digital

Der sächsische Arbeitsmarkt verändert sich rasant. Welche Herausforderungen das mit sich bringt und wo die Chancen der Arbeit 4.0 liegen, hat eine Studie untersucht.

Von Annett Kschieschan
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Wie wird sie aussehen, die Arbeit 4.0? Eine Frage, die auch in sächsischen Unternehmen Thema ist. Einige Betriebe haben schon längst losgelegt.
Wie wird sie aussehen, die Arbeit 4.0? Eine Frage, die auch in sächsischen Unternehmen Thema ist. Einige Betriebe haben schon längst losgelegt. © AdobeStock

Wie wird Arbeit 2030 aussehen? Wie in zwanzig Jahren? Fragen, die überaus aktuell sind, denn schon jetzt erlebt die Arbeitswelt in Sachsen tiefgreifende Veränderungen. Experten gehen davon aus, dass diese ähnlich nachhaltig wirken werden wie der wirtschaftliche Umbruch nach der politischen Wende 1989. Der Schlüsselbegriff dafür ist die Digitalisierung. Die Corona-Pandemie hat das Thema auch jenen ins Bewusstsein gerückt, die bisher eher Abstand gehalten haben. Aber wie soll sie aussehen, die Arbeit 4.0, wie die Zukunft in Industrie und Handwerk gern genannt wird? Eine Studie hat das für den Freistaat Sachsen untersucht. Das Wirtschaftsministerium hat dafür anhand von qualitativen Fallanalysen in 60 sächsischen Unternehmen konkrete Lösungen erfragt und analysiert. „Wir wollten wissen, wie gehen Unternehmen mit dieser Chance und gleichzeitigen Herausforderung um? Denn es gibt keinen Zweifel daran, dass der Prozess in vollem Gange ist und sich niemand darunter wegducken kann. Die Digitalisierung und Arbeit 4.0 ist nichts weniger als ein Umbruch – vergleichbar mit der Industrialisierung. Diesen Umbruch müssen wir gestalten“, so Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig. Im Fokus der Studie standen sowohl die Perspektiven der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber. Wie stehen sie zur digitalen Arbeit, zum Mobile Working, zu Veränderungen in Abläufen und Führungskultur?

Die Studie zeige, dass sich Unternehmen und Beschäftigte in allen Branchen aktiv mit der Digitalisierung von Arbeit auseinandersetzen. Die Entwicklung eigener Handlungsstrategien und die konrekte Gestaltung verlaufen demnach jedoch sehr unterschiedlich. „Die Diskussion über Arbeitsgestaltung im Kontext von Digitalisierung erfolgt bei Firmenleitungen und Beschäftigten in der Regel noch immer stark technikzentriert“, heißt es in der Auswertung der Befragung. Erst langsam entstehe auf beiden Seiten ein Bewusstsein dafür, dass die Gestaltung guter Arbeitsbedingungen nur im Zusammenspiel von Technik, Organisation, Führungskultur, Weiterbildung, neuen Arbeitsformen, Mitbestimmung sowie Gesundheitsschutz stattfinde.

Die papierlose Fabrik?

Konkrete Beispiele gibt es aber durchaus. So setzt etwa die WätaS Wärmetauscher Sachsen GmbH aus dem Erzgebirge stark auf Digitalisierung – immer mit Blick auf die Vision einer „papierlosen Fabrik“. Der Einsatz der Robotik steht dabei ebenso auf der Agenda wie der Zukunftsmarkt der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Das mittelständische Unternehmen mit 130 Mitarbeitern und Firmensitz in Olbernhau bezieht nach eigenen Angaben das gesamte Team in die neuen Prozesse ein. Auch in Mittelsachsen gibt es innovative Ansätze für die Arbeit 4.0. Der Messtechnik-Hersteller Freiberg Instruments aus Mittelsachsen bietet allen seinen 50 Beschäftigten – explizit auch in der Fertigung – ein flexibles Arbeitszeitmodell an. Für die Unternehmensführung sei dieses Angebot ein entscheidender Beitrag zur Unterstützung von Zufriedenheit und Produktivität der Belegschaft und damit zur Fachkräftesicherung, heißt es in der Studie.

Die Dresdner Sattlerei Thomas Büttner mit 20 Beschäftigten möchte sich beispielsweise zunutze machen, dass moderne Smartphone-Modelle heute bereits über 3D-Sanner verfügen. Kunden der Sattlerei könnten damit den Rücken ihres Pferdes selbst scannen und die Daten direkt an die Sattlerei übertragen. Entfernungen beziehungsweise lange Wege sind so kein Thema mehr.

Die konkreten Beispiele aus der sächsischen Wirtschaft machen Mut. Um das vielseitige Zusammenspiel von Digitalisierung und neuer Arbeit zu gestalten, brauche es Leitbilder und Strategien. „Ganzheitliche betriebliche Digitalisierungsstrategien sollten gemeinsam mit den Beschäftigten und Betriebsräten entwickelt werden“, so Minister Dulig. Die im Rahmen der Studie gezeigten Beispiele für Chancen zunehmend digitaler Arbeit in Unternehmen geben nach Einschätzung der Experten erste Hinweise, wie die Leitbilder für die Arbeit 4.0 in Sachsen aussehen können. Als Blaupause für alle Unternehmen seien sie jedoch weder gedacht noch geeignet. Dazu seien Wettbewerbsumfeld und Unternehmenskultur zu unterschiedlich. Sie sollen aber im Idealfall „dazu anregen, ebenfalls mit neuen digitalen Möglichkeiten zu experimentieren, um den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern und gute Arbeitsbedingungen zu er-möglichen.“ Anhand der Praxisbeispiele will die Studie verschiedene Handlungsfelder für Unternehmen, Regierung, Verbände, Betriebsräte sowie weitere Akteure aufzeigen. Empfohlen werden neben der Entwicklung betrieblicher Digitalisierungsstrategien vor allem die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung, die Erprobung flexibler Arbeitsmodelle, die Anpassung des Arbeitsschutzes an die neuen Herausforderungen und die Stärkung der Weiterbildung.

Die Kurz- und die Langfassung der Studie ist hier abrufbar.