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Experte findet angebundene Schraubverschlüsse nicht logisch

Eigentlich ist der Schraubverschluss eine runde Sache. Sitzt, passt, hält dicht. Vor 135 Jahren hat ein Brite diese Erfindung patentieren lassen. Heute sorgt der Alltagsheld für Ärger.

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Seit Juli Pflicht: An Wasserflaschen müssen die Deckel auch nach dem Öffnen fest angebunden bleiben. Verbraucher werden sie vermutlich trotzdem abmachen.
Seit Juli Pflicht: An Wasserflaschen müssen die Deckel auch nach dem Öffnen fest angebunden bleiben. Verbraucher werden sie vermutlich trotzdem abmachen. © dpa

Kempten. Seit einigen Wochen dürfen sich die Schraubverschlüsse von Flaschen und Einwegverpackungen nach dem Öffnen nicht mehr selbstständig machen. Das soll Plastikmüll vermeiden. Doch das mögen viele Menschen nicht.

Nun bekommen sie Unterstützung von einem Verpackungsexperten. Markus Prem findet diese Vorgabe nicht zwingend und nicht logisch. „Bringt das wirklich etwas für den Planeten oder selbst für Europa? Und da ist meine klare Antwort: Nein“, sagte der Experte von der Hochschule Kempten. Es handele sich um reinen Aktionismus, um ein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Der Fachmann geht aber davon aus, dass auch bei den sogenannten tethered caps bald ein Gewöhnungseffekt eintritt.

Um den Müll in der Landschaft zu verringern, sind seit 3. Juli lose Verschlusskappen bei bestimmten Getränken verboten. Prem sagt, die Menge weggeworfener Deckel, die schließlich im Meer oder in Flüssen und Seen landen, sei äußerst gering. „Man hat damit der Industrie Milliardeninvestitionen unter anderem in neue Maschinen auferlegt für einen Effekt, der quasi nicht messbar ist.“

Kunststoffe recyceln sei wichtiger

Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels teilte auf Anfrage mit, Anlagen hätten um- oder neu gebaut werden müssen. „Wir gehen von Beträgen im Millionenbereich aus.“ Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) betonte, Aufwand und Kosten fielen sehr unterschiedlich aus. Für einige Unternehmen käme die Umstellung in der Abfüllung einer Produkt-Neueinführung gleich. Andere hätten erhebliche Aufwendungen, wenn Änderungen in der Inspektionstechnik oder bei der Verschließtechnik notwendig waren.

Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) betragen die „beträchtlichen“ Kosten pro Abfüllungslinie rund 181.000 Euro. „Hinzu kommt der Mehraufwand für Deckel beziehungsweise Verschlüsse mit rund 0,2 Cent pro Stück“, sagte der stellvertretende BVE-Hauptgeschäftsführer Peter Feller.

Der Anteil von Europa und Amerika an den Kunststoffen, die ins Meer gespült werden, sei gering, sagte Prem. Die überwältigende Mehrheit stamme aus Asien. „Wir müssten ganz woanders ansetzen, wenn wir wirklich was bewegen wollten.“ So sei es viel wichtiger, Kunststoffe zu recyceln und einen Kreislauf zu bilden. „Kunststoffe sind bisher in vielen Bereichen Verbundmaterialien, die nicht oder nur sehr schwer recycelbar sind.“

Menschen würden sich daran gewöhnen

Auch der VDM betonte, bei Glas- und PET-Flaschen werde bereits eine Rücklaufquote von rund 99 Prozent erreicht. „Das Problem des sogenannten Litterings hat also in Deutschland schon vor dem Inkrafttreten der EU-Richtline nicht existiert.“ Mit „Littering“ ist Vermüllung gemeint.

Dass sich die Verbraucher noch lange über die festen Deckel aufregen, glaubt Prem nicht. Auch an die Abschaffung von Plastiktüten oder Strohhalmen aus Kunststoff hätten sich die Menschen gewöhnt.

Grundsätzlich handele es sich beim Schraubverschluss, der an diesem Samstag vor 135 Jahren vom Briten Dan Rylands patentiert wurde, um eine Erfolgsgeschichte, sagt der Experte. Es gebe natürlich noch andere Verschlusssysteme wie Kronkorken oder Aufreißlaschen. „Aber es gibt keine so einfache Methode, um etwas zu verschließen, wie mit dem Schraubverschluss.“ Und wer die Kappe abmachen will, damit die Flasche weiterhin ordentlich schließt, dreht sie eh weiterhin ab. (dpa/ mit mue)