Update Wirtschaft
Merken

Zwickau: GKN-Beschäftigte erkämpfen hohe Abfindungen

Nach der angekündigten Schließung des Gelenkwellenwerkes in Zwickau bangen 835 Mitarbeiter um ihre Jobs. Nun konnten sie per Streik hohe Abfindungen erstreiten. Die IG Metall spricht von einem Zwischenerfolg - sie pocht auf den Erhalt des Standortes.

Von Ulrich Wolf
 3 Min.
Teilen
Folgen
Die IG Metall hat nach eigenen Angaben höhere Abfindungen für die 835 Beschäftigten des Gelenkwellenwerks in Zwickau ausgehandelt.
Die IG Metall hat nach eigenen Angaben höhere Abfindungen für die 835 Beschäftigten des Gelenkwellenwerks in Zwickau ausgehandelt. © Thomas Kretschel

Zwickau/Offenbach. Die Beschäftigten des Zwickauer Gelenkwellenwerkes haben hohe Abfindungen und eine Transfergesellschaft erstritten. In einer Urabstimmung hätten gut 96 Prozent der Mitglieder einem mit dem Unternehmen GKN ausgehandelten Sozialtarifvertrag zugestimmt, teilte die Gewerkschaft IG Metall am Freitag mit. Wirtschaftsminister Martin Dulig bezeichnete die Vereinbarungen als vorbildlich und einmalig. "Einmalig bedeutet, dass es so eine umfassende Regelung in ganz Ostdeutschland bislang noch nicht gegeben hat. Sie setzt wirklich Maßstäbe." Das habe auch etwas mit Respekt vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun.

Laut IG Metall erhalten sie bei Kündigung eine Abfindung von 1,5 Monatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, jedoch mindestens 17.500 Euro. Üblich ist oft nur ein halbes Monatsgehalt. Hinzu kämen 5.000 Euro je Kind und ein Zuschlag für Gewerkschaftsmitglieder, hieß es. Außerdem soll eine Transfergesellschaft eingerichtet werden. "Das ist eine solidarische Lösung für alle, wie es sie so im Zuge einer Werksschließung im Osten Deutschlands noch nicht gegeben hat", konstatierte Betriebsratschef Jörg Kirsten.

Der Autozulieferer GKN bestätigte, dass er sich mit der Gewerkschaft auf einen Sozialtarifvertrag geeinigt hat. "Das Maßnahmenpaket beinhaltet Abfindungen und eine Transfergesellschaft, die bei der Suche nach einer Folgebeschäftigung sowie notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt", erklärte eine Sprecherin. Zudem gebe es für die anderen deutschen Werke in Offenbach, Kiel und Trier eine Standortgarantie bis Ende 2028.

Der Vertrag hat der IG Metall zufolge folgende Eckpunkte:

  • Die Beschäftigten erhalten bei einer Kündigung eine Abfindung von mindestens 1,5 Brutto-Monatsgehältern je Jahr Betriebszugehörigkeit.
  • Die Mindestabfindung beträgt 17.500 Euro.
  • Für jedes unterhaltsberechtigte Kind gibt es zusätzlich 5.000 Euro.
  • Für Behinderte sind Aufschläge vorgesehen.
  • GKN Driveline stattet einen Solidarfonds mit 2,5 Millionen Euro brutto aus, um eine Zusatzzahlung für IG Metall-Mitglieder zu finanzieren.
  • Das Unternehmen finanziert zudem eine Transfergesellschaft, in der Beschäftigte bis zu zwölf Monaten unterkommen können.

GKN hatte im Januar angekündigt, das Werk im Zwickauer Ortsteil Mosel auf absehbare Zeit zu schließen. Dort werden Gelenkwellen für Autos produziert. Betroffen sind 835 Beschäftigte. Begründet wurde die Entscheidung mit einer zurückgehenden Auslastung und sinkenden Preisen. Anfang dieser Woche waren die Mitarbeiter in einen unbefristeten Streik getreten, um einen Sozialtarifvertrag zu erzwingen. Der Streik war nach der Einigung am Mittwoch zunächst unterbrochen worden. Nach der Abstimmung erklärte ihn die IG Metall nun für beendet.

"Die Abfindungen und die Transfergesellschaft zur Weiterqualifizierung bilden ein soziales Netz, das einen Absturz ohne Absicherung verhindert", erklärte IG-Metall-Bezirksleiterin Irene Schulz. Sie sprach von einem Zwischenerfolg. Es werde weiter um den Erhalt des Standortes und die Arbeitsplätze gekämpft. Denn in erster Linie gehe es nicht um Geld, betonte Thomas Knabel von der IG Metall Zwickau. "Nun kommt es darauf an, im nächsten Schritt einen Investor für das Werk in Mosel zu finden." (dpa)