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Corona-Aufschwung ist für Envia-Tel erst mal vorbei

Das sächsische Unternehmen Envia-Tel zeigte sich voriges Jahr als Gewinner der Digitalisierung. Doch jetzt bremsen nicht nur die Liefer-Engpässe.

Von Georg Moeritz
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Ein Hotel für Computer: Das Rechenzentrum von Envia-Tel in Taucha bei Leipzig wächst. Der erste Umsatzschub durch die Corona-Folgen dauerte aber nicht auf allen Gebieten an.
Ein Hotel für Computer: Das Rechenzentrum von Envia-Tel in Taucha bei Leipzig wächst. Der erste Umsatzschub durch die Corona-Folgen dauerte aber nicht auf allen Gebieten an. © PR/Tom Schulze

Markkleeberg. Vor einem Jahr berichtete Stephan Drescher von einem kräftigen Umsatzwachstum: Um ein Drittel legten die Erlöse von Envia-Tel innerhalb eines Jahres zu. Dreschers Branche war ein Gewinner der Digitalisierung, die sich durch Corona beschleunigte. Doch im Geschäftsjahr 2021 hat sich der Aufschwung des sächsischen Telekommunikationsdienstleisters Envia-Tel nicht fortgesetzt. Der Geschäftsführer, der als Ingenieur seine Laufbahn bei Robotron begonnen hatte, berichtete in Markkleeberg von zwölf Prozent Umsatzrückgang auf knapp 70 Millionen Euro. Doch die Belegschaft wuchs um 18 Mitarbeiter auf 214 sowie zwölf Auszubildende. Die Grundlagen für weiteres Wachstum sind gelegt.

So viel wie nie in der Unternehmensgeschichte wolle Envia-Tel in diesem Jahr in Mitteldeutschland investieren, sagte Drescher. Er möchte 45 Millionen Euro ausgeben, vor allem für neue Glasfaserkabel. Allerdings treffen Lieferengpässe auch die sächsischen Kommunikationsspezialisten. Sie waren ein Grund für den Umsatzrückgang, sagte der Geschäftsführer. Außerdem verbuchte er weniger Einnahmen aus Projekten. Doch Ende dieses Jahres will er den regionalen Internetknoten DE-CIX Leipzig in Betrieb nehmen, der mit dem Knoten Frankfurt am Main verbunden ist. Das soll den Datenaustausch beschleunigen und wird laut Drescher wieder neue Arbeitsplätze schaffen.

Der Trend zur Digitalisierung sei nicht etwa gestoppt, sagte Drescher. Das Datenvolumen im Netz von Envia-Tel wachse stark. Im vorigen Jahr habe der Bandbreitenbedarf um 60 Prozent zugenommen: Rund 260 Petabyte an Daten wurden zwischen dem Telekommunikationsnetz des Unternehmens und dem Internet ausgetauscht. Das entspreche etwa 144 Millionen Stunden Videostreaming in hochauflösender Qualität.

Das Netz von Envia-Tel deckt große Teile West- und Nordsachsens ab, dazu Südbrandenburg und das südliche Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen gehört zum Energieversorger Envia-M in Chemnitz, der dem Eon-Konzern und ostdeutschen Kommunen gehört.

Glasfaser für Schulen und Kreiskrankenhaus

Erstmals hat Envia-Tel selbst eine Tochterfirma gegründet: Eon Tower Co soll bundesweit aktiv sein und dafür sorgen, dass Strommasten zugleich als Funkmasten genutzt werden - für das 4G/5G-Mobilfunknetz. Darüber hinaus bietet das Unternehmen Mastneubauten und Dachaufbauten auf Eon-Grundstücken an. Damit sollen es weniger weiße Flecken im Mobilfunknetz geben.

Doch der Glasfaser-Ausbau ist für Envia-Tel weiterhin der Wachstumstreiber. Das Unternehmen hat insgesamt mehr als 350 Industrie- und Gewerbegebiete sowie Bürokomplexe in Sachsen und den Nachbarländern ans Netz angeschlossen und erreicht so 40.000 Firmen. Voriges Jahr kamen mehr als 450 Breitbandanschlüsse für Geschäftskunden dazu und 240 Mobilfunkstandorte.

Haushaltskunden werden für das Markkleeberger Unternehmen allerdings auch wichtiger: In mehreren Orten im Kreis Leipziger Land hat Envia-Tel mit dem "eigenwirtschaftlichen" Glasfaserausbau begonnen. Dazu müssen sich mindestens 35 Prozent der befragten möglichen Kunden für den Ausbau entscheiden. Diese Vermarktungsquote wurde zuletzt beispielsweise in Querfurt in Sachsen-Anhalt und in Güldengossa im Leipziger Land erreicht. Im "geförderten" Ausbau gewann das Unternehmen eine Ausschreibung in Treuen im Vogtland. Dort wird Envia-Tel künftig als Netzbetreiber 1.900 Wohnungen versorgen.

Sechs Schulen und vier Horte am Firmensitz Markkleeberg werden ebenfalls von Envia-Tel datentechnisch angeschlossen, denn dort hat das Unternehmen eine Ausschreibung gewonnen. In Niederwiesa und Freiberg wird es 17 Schulen und ein Kreiskrankenhaus ans Glasfasernetz anschließen. "Überaus erfreulich" verlief laut Drescher die Vermietung von Plätzen im Datacenter Leipzig, einem "Hotel für Computer". Es wuchs schneller als geplant. Der Gewinn des Unternehmens sank allerdings wegen der erhöhten Aufwendungen für neue Geschäftsfelder von 6,3 auf 0,4 Millionen Euro im vorigen Jahr.