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E-Bulli feiert in Dresden stille Publikumspremiere

Der ID.Buzz von VW steht in den Startlöchern. Als vollelektrischer Vertreter der leichten Nutzfahrzeuge soll er auch später selbstfahrend sein.

Von Nora Miethke
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Der elektrische Volkswagen ID.Buzz wurde am Donnerstag in Dresden live vorgestellt.
Der elektrische Volkswagen ID.Buzz wurde am Donnerstag in Dresden live vorgestellt. © Ronald Bonß

Auf diese Premiere hatten viele Fans gewartet. Fast exakt 72 Jahre ist es her, dass VW die ersten Ausgaben des VW Bulli zusammenbaute - jetzt soll der ID.Buzz das Erbe des Flower-Power-Klassikers in der Elektrowelt fortführen. Ursprünglich sollte groß in der Gläsernen Manufaktur in Dresden mit Prominenz gefeiert werden. Denn der E-Bus ist das emotionalste Modell in der neuen elektrischen ID-Reihe. Doch angesichts des Kriegs in der Ukraine wäre das pietätlos gewesen.

"Wir haben lange überlegt, was tun und irgendwie müssen wir auch in diesen Zeiten unsere Arbeit tun", sagte VW Sachsen-Sprecher Carsten Krebs. So entschied sich der Autobauer, das neue Mitglied in der elektrischen ID-Familie am Donnerstagabend im kleinen Kreis zu enthüllen, ohne große Glitzershow und (corona-konforme) Party.

Der ID.Buzz ist der erste Beitrag der leichten Nutzfahrzeuge (VWN) zur neuen ID-Reihe und soll eine Art Serienauftakt für autonome Fahrfunktionen machen. In der höchsten Ausbaustufe wird es über 30 Assistenzsysteme geben. "Ich bin sehr stolz auf das große VW-Logo und das sich der Name durchgesetzt hat und das Modell keine Nummer bekam", verriet Klaus Zyciora, Chefdesigner des Konzerns und extra aus Hamburg angereist. Den Kernerfolg des T1 erklärt er mit der Kombination aus Funktionalität, viel Freiraum und sympathischer Ausstrahlung. Das sollte mit dem ID.Buzz wiederbelebt werden, aber nicht einfach als "Zitat der Vergangenheit", sondern mit einem eigenen futuristischen Ausdruck.

Schon die ersten Neo-Bullis können etliche Assistenzsysteme mit erweiterten Funktionen enthalten, in der höchsten Ausbaustufe sollen es über 30 sein.
Schon die ersten Neo-Bullis können etliche Assistenzsysteme mit erweiterten Funktionen enthalten, in der höchsten Ausbaustufe sollen es über 30 sein. © Ronald Bonß

Der E-Bus hat die gleiche Lichtsignatur wie die anderen ID-Modelle, Leuchten wie Augen, die einen freundlich anschauen. Warum Sympathie und Freundlichkeit wichtig sind, erklärte Zyciora wie folgt: "Wir müssen daran denken, dass der ID.Buzz eines Tages auch allein fahren wird. Bei aggressiven, dominanten Formen entsteht Angst. Das Design soll vertrauensbildend sein, damit sich Leute in selbstfahrende Autos setzen werden", so der ID-Schöpfer. Robotertaxi-Dienste sollen die selbstfahrenden Bullis nutzen wie auch später der Shuttle-Service Moia.

In Zwickau herrscht Kurzarbeit

Außerdem will der Konzern seine Öko-Anstrengungen ins Schaufenster heben. "Treiber dieser Entwicklung sind nicht nur strengere Emissionsvorgaben, sondern auch das wachsende Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit", hieß es vor der Präsentation. Das kommt - abgesehen vom rein batterieelektrischen Antrieb - in der Nutzung recycelter Materialien etwa aus Plastikflaschen zum Tragen. VWN verzichtet im ID.Buzz zudem auf Tierstoffe wie Leder. Stattdessen sind Sitzbezüge und Innenausstattung aus neuartigen Kunststoffen.

Nach jahrelanger Planung wird es nun ernst. Die letzte Vorserie lief Ende 2021 im VWN-Stammwerk in Hannover durch. In der ersten Hälfte dieses Jahres soll die Vollproduktion beginnen und im Mai der Vorverkauf. Erst dann wird auch der Preis für den ID.Buzz bekannt gegeben. Markteinführung in Europa ist dann für den Herbst vorgesehen. Wenn es bei der Planung bleiben kann.

Markteinführung des ID.Buzz in Europa ist im Herbst, vorher läuft im Mai der Vorverkauf an. Zunächst wird der E-Bulli mit einem 150-Kilowatt-E-Motor angeboten.
Markteinführung des ID.Buzz in Europa ist im Herbst, vorher läuft im Mai der Vorverkauf an. Zunächst wird der E-Bulli mit einem 150-Kilowatt-E-Motor angeboten. © Ronald Bonß

VW-Konzernchef Herbert Diess befürchtet, dass eine in die Länge gezogene militärische Auseinandersetzung Europa wohl "sehr viel schlimmer" treffen würde als die Verbreitung des Covid-19-Erregers. Auf Dauer beschädigte globale Lieferketten dürften "zu riesigen Preiserhöhungen, Knappheit an Energie und Inflation" führen, warnte der Automanager in der "Financial Times". Diess gab sich in dem Interview als Anhänger "maximaler Sanktionen", die aber durch Verhandlungen ergänzt werden müssten.

Volkswagen hat sein Russland-Geschäft in der vergangenen Woche gestoppt. Die Produktion in und der Export von Fahrzeugen nach Russland ist bis auf weiteres eingestellt. Der Hersteller betreibt in Kaluga südwestlich von Moskau und im weiter östlich gelegenen Nischni Nowgorod eine eigene Autofertigung. Aber auch in Deutschland hat der Krieg in der Ukraine die Produktion in Zwickau, Dresden und anderen VW-Standorten ausgebremst, weil Zulieferteile aus der Ukraine fehlen. In Zwickau und Dresden stehen die Bänder still, die Beschäftigten in der Fertigung sind in Kurzarbeit.

Der ID.Buzz wird in Hannover vom Band laufen - nicht nur als Buss, auch in einer Lieferwagen-Version. Diese könnte angesichts der rasant steigenden Diesel- und Benzinpreise an den Tankstellen für viele Handwerksbetriebe und Lieferdienste von Interesse sein, wenn man die Anschaffungskosten jetzt mal ausklammert. Die Geschäftsführer des Dresdner Carsharing-Anbieters Carl und Carla waren unter den Premierengästen und nutzten die Gelegenheit, das E-Fahrzeug persönlich in Augenschein zu nehmen.

Wer es ihnen gleich tun will, hat momentan nur in Dresden die Chance dazu. Der ID.Buzz ist bis zum 17. März in der Gläsernen Manufaktur zu besichtigen. (mit dpa)