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Herbert Diess tritt als Volkswagen-Chef ab

VW tauscht überraschend den Vorstandschef aus. Herbert Diess wird zum 1. September von Oliver Blume abgelöst – der auch weiterhin Porsche führen will.

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Herbert Diess verlässt die VW-Spitze.
Herbert Diess verlässt die VW-Spitze. © dpa

Wolfsburg. Herbert Diess tritt als Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns ab. Der 63-Jährige habe sich mit dem Aufsichtsrat darauf verständigt, zum 1. September auszuscheiden, teilte das Unternehmen am Freitagabend überraschend mit. Sein Nachfolger soll Porsche-Chef Oliver Blume werden. Die Entscheidung hierüber sei "einvernehmlich" gefallen. Wenige Stunden zuvor hatte sich Diess auf Linkedin noch in die Ferien verabschiedet.

Blume werde gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Porsche AG bleiben, erklärte der Konzern. Die Kontrolleure hätten zudem beschlossen, dass VW-Finanzchef Arno Antlitz ihn "im operativen Tagesgeschäft" für die Gesamtgruppe unterstützen soll. Eine von Blumes Aufgaben war bereits die Vorbereitung des bis zum Jahresende geplanten Porsche-Börsengangs.

Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch dankte Diess. Dieser habe „sowohl in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen als auch des Konzerns die Transformation maßgeblich vorangetrieben“. Der frühere BMW-Manager schob den Umbau von VW in der E-Mobilität und auch die Ausweitung des Geschäfts auf Mobilitätsdienstleistungen maßgeblich voran. Allerdings gab es zuletzt etliche Probleme, vor allem bei der stockenden und sich nochmals deutlich verteuernden Entwicklung eigener Software. VW betreibt in Sachsen drei Werke mit insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeitern: in Dresden, Chemnitz und Zwickau.

Im VW-Werk in Zwickau traf Diess 2019 auf Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Im VW-Werk in Zwickau traf Diess 2019 auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. © kairospress

Blume hatte schon länger als möglicher Nachfolger Diess' gegolten. Sein Name fiel hinter den Kulissen mehrmals, als sich im vergangenen Jahr ein erneuter Konflikt zwischen dem VW-Chef und dem mächtigen Betriebsrat um Sparprogramme hochschaukelte. Davor hatte es schon heftige Meinungsverschiedenheiten mit Teilen des Aufsichtsrats über die weitere Strategie und über einen möglichen drastischen Arbeitsplatzabbau beim größten Autohersteller Europas gegeben. Mit seinem Führungs- und Kommunikationsstil eckte Diess immer wieder an.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land als zweitwichtigsten Eigner im Aufsichtsrat vertritt, zollte Diess Respekt. Er habe dem Unternehmen den Anstoß für wesentliche neue Vorhaben gegeben. Über Blume sagte Weil: "Ich bin zuversichtlich, dass er den Konzern mit Umsicht und Weitblick im Team mit dem Vorstand, in guter Kooperation mit dem Betriebsrat und mit sehr viel Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen wird."

Volkswagen muss sozialen Vorbildrolle gerecht werden

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land als zweitwichtigsten Eigner im Aufsichtsrat vertritt, zollte Diess Respekt. Er habe dem Unternehmen den Anstoß für wesentliche neue Vorhaben gegeben. Über Blume sagte Weil: „Ich bin zuversichtlich, dass er den Konzern mit Umsicht und Weitblick im Team mit dem Vorstand, in guter Kooperation mit dem Betriebsrat und mit sehr viel Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen wird.“

Der IG-Metall-Vorsitzende und Vizechef des Aufsichtsrats, Jörg Hofmann, betonte, Volkswagen müsse „neben seiner technologischen Favoritenrolle auch der sozialen Vorbildrolle gerecht werden“. Ähnlich äußerte sich Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Der Umbruch in der Branche sei schwierig. VW müsse gestärkt aus ihm hervorgehen. „Unser Anspruch ist es aber ebenso, dass dabei trotz der großen Herausforderungen Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit gleichrangige Unternehmensziele bleiben.“

Oliver Blume soll Diess´Nachfolger an der Spitze des Volkswagen-Konzerns werden.
Oliver Blume soll Diess´Nachfolger an der Spitze des Volkswagen-Konzerns werden. © dpa/Sven Hoppe

Blume ist seit 1994 im Konzern. Er arbeitete auch schon für Audi und Seat. 2015 wurde er Chef der renditestarken Tochter Porsche. 2018 bekam er einen Sitz im Konzernvorstand. Der 54-Jährige ist Experte für Produktion und hat enge Kontakte sowohl zu den Eigentümerfamilien Porsche/Piëch als auch zur Belegschaftsvertretung.

Nachfolger Blume im Fokus der „Anstalt“ vom ZDF

Der künftige VW-Chef war kürzlich in den Fokus der ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“ geraten. Die Sendung hatte eine Porsche-Betriebsversammlung von Ende Juni unter die Lupe genommen. Diese war ungewöhnlich brisant: Vorstandschef Oliver Blume soll darin seinen guten Draht zu Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und die Zusammenarbeit während der Koalitionsverhandlungen im vergangenen Jahr angesprochen haben.

Nach ZDF-Informationen sagte Blume zu seinen Mitarbeitern, Porsche habe einen „sehr großen Anteil“ daran, dass E-Fuels im Koalitionsvertrag stünden. „Da sind wir Haupttreiber gewesen mit ganz engem Kontakt an die Koalitionsparteien“, so Blume. Und: „Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen auf dem Laufenden gehalten.“ Lindner streitet entsprechende Einflussnahme ab. Sein Team twitterte: „CLs Position zu E-Fuels ist seit Jahren bekannt.“ Und weiter: „Es gab zuvor keinerlei Kontakt mit Herrn Blume und auch keinerlei anderweitige Einflussnahme.“ Der Konzern schickte hinterher: „Jetzt einmal ganz sachlich: Porsche hat keinen Einfluss auf den Koalitionsvertrag genommen.“ (dpa)