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Motornachrüstung beim Rad sinnvoll?

Das alte Fahrrad ist lieb und teuer, aber das Treten strengt zunehmend an. Technisch lässt sich ein Motor einbauen - aber lohnt es sich?

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Elektrischer Rückenwind: Technisch ist eine Nachrüstung eines Elektroantriebes beim Fahrrad machbar, einige Experten sind aber skeptisch, ob das auch sinnvoll ist.
Elektrischer Rückenwind: Technisch ist eine Nachrüstung eines Elektroantriebes beim Fahrrad machbar, einige Experten sind aber skeptisch, ob das auch sinnvoll ist. © dpa/Zacharie Scheurer

Von Christina Bachmann

Berlin/Ludwigsburg. Sie mögen die Vorteile eines Elektromotors beim Fahrrad, wollen sich aber nicht an ein neues Pedelec gewöhnen? Dann wäre eine Nachrüstung vielleicht ja eine Idee, oder? René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) rät davon aber ab.

Das hat mehrere Gründe. "Herkömmliche Fahrräder sind nicht für die enormen Kräfte konstruiert, die durch einen Elektromotor auf sie einwirken", sagt Filippek. "Das sind 250 Watt, in der Spitze oder beim Anfahren auch deutlich mehr. Ein durchschnittlicher Radfahrer bekommt das aus eigener Kraft kaum hin." Das kann zur Überlastung von Rahmen, Gabel und Anbauteilen führen.

Dazu kommt, dass Fahrräder mit E-Unterstützung unterm Strich viel mehr Strecke zurücklegen. "Ein Standardfahrrad ist angelegt auf eine Lebensdauer von rund 10 000 Kilometern", erklärt der ADFC-Sprecher. "90 Prozent aller Fahrräder erreichen das gar nicht im Laufe ihrer Nutzung. Wer mit Elektromotor ausgestattet ist, kommt in zwei Jahren locker auf diese Strecke." Sind die Teile nicht für so viel Strecke konstruiert, droht schneller Verschleiß.

Nachrüstmotoren sind oft nicht zeitgemäß

Auch Dirk Zedler muss Radfahrern den Zahn ziehen, dass sich das alte Zweirad problemlos aufrüsten lässt. Der Geschäftsführer des Zedler-Instituts für Fahrradtechnik und -Sicherheit ist Spezialist für das Prüfen von Fahrrädern und deren Bauteilen. Zwar bieten manche Firmen durchaus Nachrüstmotoren an, doch die großen namhaften Hersteller sind laut Zedler nicht dabei. Seine Erfahrung: Die Nachrüstmotoren sind technisch nicht auf dem Stand der Zeit.

Die Antriebssysteme seien meist deutlich einfacher gehalten, sprächen schlechter an, liefen oft nach und seien mitunter schneller verschlissen, urteilt Zedler. Dazu kommt, dass sich die ganze Aktion in der Regel finanziell kaum lohnt.

Manche Nachrüstsätze findet man laut ADFC-Experte Filippek im Internet zwar bereits ab 150 Euro, "aber das ist wirklich unmögliches Zeug." Für einen High-End-Nachrüstsatz muss der Verbraucher dagegen zwischen 1500 und 1800 Euro hinblättern, sagt Dirk Zedler. "Damit liegt man schon auf der Höhe eines preisreduzierten Pedelecs, das als Komplettfahrrad im Fachhandel zu kriegen ist."

Wenige Hersteller bereiten Räder auf Nachrüstung vor

Die einzige Ausnahme, einen Elektromotor nachzurüsten, ist für René Filippek, wenn der Hersteller sein Okay dazu gibt. Dann müsse aber genau benannt werden, welcher Motor nachträglich eingebaut werden könne. Verbraucher müssten somit beim Hersteller anfragen, ob und womit nachgerüstet werden kann. In den allermeisten Fällen wird das nach Filippeks Einschätzung aber nicht möglich sein: "Es gibt ganz wenige Firmen, die ihre Räder darauf vorbereiten, nachgerüstet zu werden", weiß er.

Auch Dirk Zedler weiß von ein paar kleineren Manufakturen, die solche nachrüstbaren Räder anbieten. "Das ist okay, wenn das Rad für einen Antrieb geprüft ist, ist die Nachrüstung technisch sinnvoll", bestätigt er. Allerdings müsse man sich auch da wieder durchrechnen, ob es sich lohnt.

Sitz des Motors abwägen

Darf und soll nachgerüstet werden, stellt sich die Frage nach der Art des Motors. Neben dem Front- oder Heckmotor gibt es auch den Mittelmotor. Jeder hat seine Vor- und Nachteile, meint Filippek. Ein Motor im Hinterrad macht das Rad hinten sehr schwer und wirkt sich aufs Fahrgefühl aus. Sitzt der Motor vorn, kann das Vorderrad schon mal durchdrehen. Beim Mittelmotor ist die Belastung auf die Antriebsteile wiederum sehr hoch, was den Verschleiß erhöht.

So bleibt am Ende vielleicht die Überlegung, das alte Rad zu behalten und sich zusätzlich ein E-Bike zu kaufen. Gebraucht ist es immerhin noch mal günstiger. Aber Achtung, warnt ADFC-Experte Filippek: "Der Wert liegt im Akku und dem sieht man den Verschleiß nicht an. Am besten lässt man ihn beim Händler auslesen, dann weiß man in etwa, wie lange man ihn noch fahren kann." (dpa)