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Fünf Wege zu sicherem Radverkehr in Sachsen

Radfahren in Sachsen könnte sicherer sein. Doch dafür braucht es mehr Barrieren, cleveren Diebstahlschutz und neuartige Abstellanlagen. Fünf Beispiele.

Von Andreas Rentsch
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Als Ideallösung sehen viele Fahrradexperten Radschnellwege oder die in Holland gebauten Radwege mit ihrem charakteristischen roten Asphalt.
Als Ideallösung sehen viele Fahrradexperten Radschnellwege oder die in Holland gebauten Radwege mit ihrem charakteristischen roten Asphalt. © www.pixabay.com

„Farbe ist keine Infrastruktur.“ Dieser Satz fällt oft, wenn in sozialen Medien über mehr Sicherheit für den Radverkehr diskutiert wird. Doch wie müssen Städte und Gemeinden baulich umgestaltet werden, damit mehr Menschen aufs Fahrrad oder E-Bike steigen?

1. Fahren

Das wichtigste für mehr Sicherheit ist der Abstand zwischen Rad- und Kfz-Verkehr. „Schon eine schraffierte Fläche zwischen einem Radfahrstreifen und der Fahrbahn kann ein Gewinn sein“, sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen. Hier zeige sich, dass der Satz „Farbe ist keine Infrastruktur“ als polemische Zuspitzung verstanden werden sollte. Nichtsdestotrotz seien physische Barrieren wie in den Asphalt gedübelte Pollerleisten, kniehohe Trennwände oder Bordsteine wirkungsvoller als Striche auf dem Asphalt.

„Grundsätzlich muss möglichst intuitiv erkennbar sein, wie der Verkehr kanalisiert werden soll“, erklärt David Koßmann vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f), einem Zusammenschluss von rund 50 Vereinen, Firmen und Institutionen. Als Ideallösung sehen viele Fahrradexperten Radschnellwege oder die in Holland gebauten Radwege mit ihrem charakteristischen roten Asphalt, deren Fahrspuren durch flache Bordsteine, Kopfsteinpflaster- oder Grünstreifen von der Straße und dem Fußweg getrennt sind.

Auch ein Mehr an Beschilderung sei hilfreich, sagt Koßmann. „Oft ist die Absicht, warum der Verkehr so geleitet wird, nicht zu erkennen.“ Als Beispiel nennt der 42-Jährige seine Wahlheimat Halle. Dort sind vor Kurzem 15 neue Großpiktogramme auf den Asphalt aufgebracht worden, um den Saaleradweg besser auszuschildern.

2. Abstellen

2020 gab es in Deutschland rund 79,1 Millionen Fahrräder, fast jedes zehnte davon war ein E-Bike. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 4,2 Prozent. Damit wächst der Bedarf an Abstellflächen im öffentlichen und privaten Raum. „Wild geparkte“ Fahrräder sind laut ADFC Sachsen ein gutes Indiz dafür, dass Abstellplätze fehlen. Die Sächsische Bauordnung schreibt vor, welche Parkmöglichkeiten die Gastronomie, Geschäfte und Einkaufsmärkte vorhalten müssen. Für Gaststätten soll mindestens ein Stellplatz pro acht bis zwölf Sitzplätze vorgehalten werden, im großflächigen Einzelhandel einer pro 150 Quadratmeter. Über Stellplatzsatzungen können die Kommunen ihre Vorhaben noch weiter konkretisieren.

Ein interessantes Projekt, wie Unternehmen oder Verwaltungen schnell neue Infrastruktur für Radfahrer schaffen können, wird im September auf der Branchenmesse IAA Mobility in München vorgestellt: Der „Velohub“ ist als Stellplatzsystem konzipiert, das leicht aufgestellt und modular erweitert werden kann. Auch Ladestationen für E-Bikes oder separate Parkplätze für Lastenräder seien integrierbar, erklären die Projektbeteiligten. Das optionale Obergeschoss der containerartigen Anlage kann für Spielplätze, Ladenflächen oder urbanen Gartenbau genutzt werden. Einen Prototyp gibt es schon.

Die in Chemnitz ansässige Firma RWC Factory ist bereits ein Stück weiter: Ihre Containergarage „Velobrix“ hat den Praxistest auf dem Bahnhofsvorplatz von Coswig hinter sich. Momentan arbeite man daran, die Serienfertigung der Container in Gang zu bringen, sagt Patrick Rabe, einer der Start-up-Gründer.

3. Sichern

Dass teure Fahrräder und E-Bikes gut gesichert werden sollten, ist bekannt. Als grober Richtwert gilt, dass das Schloss in etwa ein Zehntel vom Neuwert des Fahrrads kosten darf. Allerdings komme es nicht nur auf die Qualität des Schlosses an, sondern auch auf die Güte der Anschließmöglichkeit, sagt Koßmann. Hier seien Details entscheidend. „Einen guten Fahrradbügel zeichnet beispielsweise aus, dass etwa in Hüfthöhe eine Öse angeschweißt ist. Das hat unter anderem den Vorteil, dass man das Schloss relativ weit oben anbringen kann und damit Fahrraddieben die Arbeit erschwert. Denn die können dann nicht den Boden als Widerlager verwenden, wenn sie ihren Bolzenschneider ansetzen.“

Als zunehmend wichtige Infrastruktur sehe er außerdem spezielle Dübelanker für Haus-, Garagen- oder Kellerwände. An diesen Stellen ließen sich robuste Schlösser fixieren, die für Gruppenschließungen geeignet sind. Das bedeutet, ein Schlüssel passt in verschiedene Schlösser mit gleichem Schließzylinder. Exemplare, die diese Funktionalität bieten, kosten etwa zehn Prozent mehr als konventionelle Schlösser des gleichen Typs. Die höheren Kosten lohnten sich aber, gerade für Familien oder andere Gruppen, beispielsweise Nutzer einer Firmenräderflotte, findet Koßmann.

4. Reparieren

Hierzulande rar sind öffentliche Abstellplätze mit angeschlossenem Service, der bei kleineren Defekten hilft. Besser sieht es im Westen der Republik aus, etwa in Osnabrück. In der dortigen Radstation werde eine solche Dienstleistung von der Arbeitslosenselbsthilfe betrieben, sagt Daniel Doerk, Betreiber des Rad-Blogs „It started with a fight“. „Es gibt dort sogar eine Waschanlage für Räder.“ Wenn demnächst im örtlichen Bahnhof Deutschlands zweitgrößtes Fahrradparkhaus entsteht, soll der Service dorthin umziehen. In Sachsen betreiben immerhin einige Firmen eigene Radwerkstätten für ihre Belegschaft – bei der Vergabe des ADFC-Siegels „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ ist das ein Kriterium. Laut Konrad Krause gibt es drei Unternehmen, die dieses Siegel führen: die Dependance des Chiphersteller Infineon in Dresden, HGDS Hoffbauer & Gebauer Datenservice in Riesa und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.

5. Aufladen

Hier sei vor allem das Wiederbefüllen von E-Bike-Batterien im heimischen Fahrradkeller relevant, sagt ADFC-Mann Konrad Krause. Daher mache sich der Verband seit Jahren für klare Vorgaben stark, wie viele Stellplätze und Steckdosen es in neu gebauten Wohnhäusern geben muss. „Denn längst nicht mehr bei allen Pedelecs lässt sich der Akku abnehmen und zum Laden in die Wohnung tragen.“

Beim Thema Radtourismus spielt das Thema E-Bike-Ladeinfrastruktur seiner Auffassung nach eine eher untergeordnete Rolle. „In meiner Wahrnehmung interessiert Radreisende viel mehr, wo sie ihr Smartphone laden oder ihre Packtaschen einschließen können, während sie eine Stadtbesichtigung machen.“