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Jung, angetrunken, nachts auf dem E-Scooter erwischt

Der Verkehrsgerichtstag hat sich gegen höhere Promillegrenzen für Rollerfahrer ausgesprochen. Ein Anwalt aus Chemnitz erklärt, was das im Alltag bedeutet.

Von Andreas Rentsch
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Eine nächtliche
E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss kann mit einem Fahrverbot und zwei Punkten in Flensburg enden. Doch das Gesetz lässt noch eine weitere Sanktion zu.
Eine nächtliche E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss kann mit einem Fahrverbot und zwei Punkten in Flensburg enden. Doch das Gesetz lässt noch eine weitere Sanktion zu. © dpa (Symbolbild)

Sollen für E-Scooter-Fahrer höhere Promillegrenzen grenzen als bisher? Das ist kürzlich auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutiert worden. Das Symposiums endete mit der Empfehlung an die Politik, die aktuellen Regeln beizubehalten. Das heißt: Wer auf dem Roller mit 0,5 Promille oder mehr erwischt wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit, ab 1,1 Promille beginnt die Strafbarkeit. Sächsische.de hat den Chemnitzer Rechtsanwalt Frank Schubert um seine Einschätzung zum Status quo gebeten.

Frank Schubert ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Chemnitz und Vertrauensanwalt der beiden Autoklubs ACE und AvD.
Frank Schubert ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Chemnitz und Vertrauensanwalt der beiden Autoklubs ACE und AvD. © Rechtsanwalt Frank Schubert

Herr Schubert, was halten Sie von dem Votum gegen höhere Promillegrenzen für Scooter-Fahrer?

Ich kann die Empfehlung nachvollziehen und halte es für richtig, dass die bestehenden Grenzen bleiben.

Und wie begründen Sie das?

Es gibt diese Werte, und sie sind seit Jahren erprobt. Wichtig ist auch: Der Verkehrsgerichtstag hat sich dagegen ausgesprochen, das Gesetz insofern zu ändern, dass nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter grundsätzlich die Fahrerlaubnis entzogen werden muss. Das Gesetz sieht diese Rechtsfolge theoretisch vor. Dabei würde in vielen Fällen ein Fahrverbot ausreichen. So entscheiden gegenwärtig vielmals auch sächsische Amts- und Landgerichte.

Womit wird der Verzicht auf die volle Härte des Gesetzes begründet?

In der Praxis ist es häufig so, dass jemand zu nächtlicher Stunde bei wenig Verkehr auf einen Scooter steigt und mit relativ geringem Tempo, teilweise auf Fuß- und Radwegen, nach Hause fährt. Bei circa vier von fünf Fällen, die auf meinem Tisch landen, war es dieses Szenario.

Wir reden also über Restaurant-Heimkehrer?

Ja, häufig. Das sind Leute, die keine Lust haben, die 500 Meter nach Hause zu laufen, aber dann von der Polizei erwischt werden. Anders sieht es aus, wenn jemand mittags mit 2,0 Promille im Stadtzentrum über eine Kreuzung fährt. Was ohnehin auch bei geringeren Promillewerten bleibt, ist die Option, dass die Fahrerlaubnisbehörde immer noch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung – kurz MPU – anordnet.

Wie häufig sind denn Alkoholfahrten nach dem abendlichen Kneipenbesuch?

Es ist eine nicht unerhebliche Zahl, würde ich mit Blick auf die eigenen Fälle sagen. Insbesondere sind es jüngere Männer und Frauen, die entsprechend affin und in der Lage sind, die Roller per App zu starten.

Es bleibt also bei der 1,1-Promille-Grenze, wie sie für Autofahrer gilt, das heißt, die Anhebung auf 1,6 Promille wie bei Radfahrern wird abgelehnt?

Richtig. Ab 1,1 Promille liegt absolute Fahruntüchtigkeit vor, sagt der Bundesgerichtshof. Wer so viel oder mehr intus hat, begeht eine Straftat. Die Grenze für die Ordnungswidrigkeit liegt dagegen bei 0,5 Promille. Oder, wenn wir es in Atemalkohol umrechnen, 0,25 Milligramm je Liter.

Welche Buße droht für Ersttäter bei einer Ordnungswidrigkeit?

Für Ersttäter sind es häufig 500 Euro Geldbuße, ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte. Sie schöpfen also auf einen Schlag ein Viertel des maximal erlaubten Kontingents von acht Punkten aus. Diese beiden Punkte sind eine Nebenfolge des Delikts und bleiben für fünf Jahre im Flensburger Zentralregister stehen. Das ist eine ziemlich lange Zeit. Dazu kommt noch die sogenannte Überliegefrist von einem Jahr. In dieser Phase sieht beispielsweise ein Strafrichter, der ein anderes Vergehen beurteilen soll, diese zwei Punkte nicht mehr, die Verwaltungsbehörde aber schon. Das ist immer dann relevant, wenn jemand versucht, die Ahndung von Delikten zu verzögern, also das Register „leer zu machen“.

Wann muss jemand, der alkoholisiert E-Scooter gefahren ist, zur MPU?

Pauschal lässt sich das nicht sagen. Die Verwaltungsbehörde kann eine MPU immer „nach pflichtgemäßem Ermessen“ anordnen. Übrigens auch bei Drogen oder altersbedingten Ausfallerscheinungen.