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Neubaustrecke Dresden-Prag: Bahn stellt zwei Varianten vor

Tunnel und Brücke oder nur Tunnel? Die Bahn hat ihre Vorschläge für die neue Trasse Dresden-Prag auf den Tisch gelegt.

Von Michael Rothe
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Ein Eurocity auf dem Weg von Prag nach Berlin: Die Strecke durchs Elbtal ist nach Ansicht der Bahn an der Belastungsgrenze.
Ein Eurocity auf dem Weg von Prag nach Berlin: Die Strecke durchs Elbtal ist nach Ansicht der Bahn an der Belastungsgrenze. © Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Dresden. Da waren’s nur noch zwei. Die Planungen für eine neue Bahnstrecke zwischen Dresden und Prag werden konkreter: Die Deutsche Bahn (DB) hat eine Teil- und eine Volltunnelvariante für den Bau von Deutschlands längstem Bahntunnel zwischen Heidenau und dem tschechischen Ústí nad Labem (Außig) erarbeitet und am Donnerstag der Presse vorgestellt.

Der insgesamt rund 43 Kilometer lange Neubau soll das flutgefährdete Elbtal entlasten, Anwohner dort vom Lärm der täglich bis zu 240 Züge befreien und die Fahrzeit Dresden–Prag von 2:15 auf eine Stunde mehr als halbieren – dank Geschwindigkeiten von 200 km/h auf deutscher und bis zu 320 km/h auf tschechischer Seite. Güterzüge sind dann mit 120 km/h unterwegs.

Das milliardenschwere Projekt verknüpft die internationalen Verkehrsnetze und verbindet die Nord- und Ostseehäfen mit dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer. Die Bahn geht nach der Planungsphase von zehn bis 13 Jahren Bauzeit aus. Wenn alles gut laufe, könnten Anfang der 2040er-Jahre die ersten Züge rollen.

Waren bislang 500 bis 5.000 Meter breite Korridore untersucht worden, so gibt es nun zwei konkrete Linienführungen. Die Variante sieht einen 2,5 Kilometer langen Tunnel ab Heidenau und einen etwa 27 Kilometer langen grenzüberschreitenden Tunnel durch das Erzgebirge vor. Eine Brücke über das Seidewitztal soll die beiden Bauwerke miteinander verbinden.

Neue Planung hat Folgen für den Dresdner Osten

Die Volltunnelvariante startet auch in Heidenau und verläuft über gut 30 Kilometern nach Tschechien. Hier prüft die DB auch eine viergleisige Einbindung der Strecke in Heidenau. „Sie hätte den Vorteil, dass schnelle Personenzüge Güterzüge vor dem Erzgebirgstunnel überholen können“, sagt DB-Projektleiter Kay Müller. Während beim Volltunnel ein Überholbahnhof in Heidenau vorgesehen sei, brauche es den bei der teils oberirdischen Trasse in Goes, so der Manager.

Egal welche Variante am Ende den Zuschlag bekommt: Beide Versionen haben Folgen für die 16 Kilometer lange Strecke zwischen dem Dresdner Hauptbahnhof und dem Bahnhof Heidenau, der als neuralgischer Punkt massiv umgebaut werden muss – wie auch der Haltepunkt Dresden-Zschachwitz. So müssen Gleise neu gebaut, andere verschoben und im Bahnhofsbereich verlängert und zwei Brücke über Straßen neu gebaut werden. In der Folge können Güterzüge auf dem Abschnitt dann mit 80 statt 60 Stundenkilometern fahren.

Die Bahn untersucht für die 43 km lange Neubaustrecke eine Volltunnelvariante (rot) mit zwei- bzw. viergleisiger Zufahrt und eine teils oberirdische Version (gelb). Die Strecke durch das Elbtal (r.) ist überlastet.
Die Bahn untersucht für die 43 km lange Neubaustrecke eine Volltunnelvariante (rot) mit zwei- bzw. viergleisiger Zufahrt und eine teils oberirdische Version (gelb). Die Strecke durch das Elbtal (r.) ist überlastet. © Grafik: Deutsche Bahn

Die erweiterte Planung hat Folgen für viele Anwohner im Dresdner Osten und in Heidenau-Großsedlitz. Sie sollten bis 2026 einen Schallschutz bekommen, müssen jetzt aber bis in die 2030er-Jahre warten. Weil die geplanten Wände die notwendige Mindestnutzungsdauer von 25 Jahren nicht erreichen würden, hatte das Eisenbahn-Bundesamt die Planungen ausgesetzt. Sie müssen wegen der zusätzlichen Gleise für die Neubaustrecke, kaum hingesetzt, teils wieder abgerissen werden. Mit Blick auf die Steuergelder habe man das Vorhaben laut Bahn-Manager Müller zurückgestellt, wolle dann aber noch besseren Schallschutz einbauen.

Bürgerinitiative fühlt sich ausgebootet

Die DB hatte die verbliebenen zwei von ursprünglich sieben möglichen Streckenverläufen am Mittwoch Vertretern betroffener Kommunen, der Wirtschaft, von Fahrgast- und Umweltverbänden und Bürgerinitiativen vorgestellt. Solche „Dialogforen“ sollen den Planungsprozess begleiten und die Interessen der Region einbringen.

Allerdings rumort es im Gremium, das für Transparenz und Ruhe sorgen sollte. Die Bürgerinitiative „Basistunnel nach Prag“, die selbst vier Trassenvarianten eingebracht hatte, spricht von „Scheinbeteiligung“. Sie fordert einen Volltunnel und hatte mehr als 37.000 Einwände gegen die teiloffene Strecke gesammelt.

Bahnmanager Müller, räumt ein, dass von den ursprünglichen Ideen der Initiative nicht viel übrig geblieben sei, die Linienführung aber auch in deren Sinne optimiert wurde. Müller spricht von verschiedensten Interessen, die zu berücksichtigen seien. Fahrgastverband, Umweltschützer und Kommunen hätten die gleichen Rechte wie die Bürgerinitiative, sagt er. Mit großem Aufwand sei auch die Volltunnelvariante weiter verfolgt worden, er sehe aber „keinen Anlass, bereits jetzt eine Vorzugsvariante festzulegen“. Das werde nach gründlicher Prüfung bis Ende 2024 passieren, so der Projektleiter. Und dann seien auch seriöse Kostenschätzungen möglich.

Weitere Informationen:

  • Die Bahn beantwortet Fragen zu den Trassen unter infomarkt.neubaustrecke-dresden-prag.de
  • Bei einem digitalen Bürgerdialog erklärt der Bahn-Projektleiter Kay Müller am 30. November ab 18 Uhr live den Prozess der Trassenfindung. Im Anschluss können alle Interessierten ihre Fragen stellen: www.db-buergerdialog.de .