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So bilden Sie die Rettungsgasse im Stau richtig

Jährlich gibt es tausende Unfälle und Staus auf deutschen Autobahnen. Dann ist die Rettungsgasse besonders wichtig. Doch wie wird sie gebildet? Ein Überblick.

Von Erik-Holm Langhof
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Die Rettungsgasse ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben und kann bei einem Unfall überlebenswichtig sein. Doch wie bildet man sie richtig?
Die Rettungsgasse ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben und kann bei einem Unfall überlebenswichtig sein. Doch wie bildet man sie richtig? © Stefan Puchner/dpa

In Deutschland stehen Autofahrer täglich im Stau und stockendem Verkehr. Häufig sind teils schwere Unfälle der Grund dafür. Damit möglichen Verletzten schnell geholfen werden kann, ist es wichtig, dass schnell und richtig eine Rettungsgasse gebildet wird.

Doch dabei gibt es immer wieder Probleme. Für Aufregung sorgte 2022 unter anderem ein Unfall auf der A9 nördlich von Leipzig, bei dem mehrere Einsatzkräfte über drei Kilometer bis zur Unfallstelle laufen musste.

Die in Deutschland gesetzlich vorgeschriebene Gasse für Rettungsfahrzeuge kann überlebenswichtig sein. Aber wie bildet man sie richtig? Und was droht beim Nichteinhalten der rechtlichen Bestimmungen? Sächsische.de bietet einen Überblick.

Wann muss eine Rettungsgasse gebildet werden?

Eine Rettungsgasse ist für die Versorgung von Beteiligten eines Unfalls dringend notwendig. Dank ihr kommen Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst oder der Abschlepper schnellstmöglich an die betroffene Stelle.

Verkehrsteilnehmer müssen dann eine Rettungsgasse bilden, wenn sie außerorts auf einer Straße mit mindestens zwei Fahrbahnen in eine Richtung unterwegs sind und der Verkehr anfängt zu stocken.

Konkret heißt das: Auf mehrspurigen Fahrbahnen wie Autobahnen muss bereits dann eine Rettungsgasse gebildet werden, wenn Sie Schrittgeschwindigkeit fahren und nicht erst, wenn sich Einsatzfahrzeuge bereits nähern. Denn wenn auf der Autobahn die Autos bereits im Stau stehen, fehlt oft der Platz zum Rangieren.

Aber auch innerorts muss Einsatzfahrzeugen Platz geschaffen werden. Dafür können unter Vorsicht auch Ampeln bei Rot überfahren werden. Die gesetzliche Pflicht ergibt sich aus Paragraf 11 Absatz 2 Straßen-Verkehrsordnung.

Wie bildet man eine Rettungsgasse?

Wie Sie die Rettungsgasse richtig bilden, ist in der Straßenverkehrsordnung eindeutig geregelt. Es gelten folgende Bedingungen:

  • Auf Straßen mit zwei Fahrstreifen muss bei stockendem Verkehr in der Mitte zwischen beiden Fahrspuren eine Rettungsgasse gebildet werden. Autos auf dem linken Fahrstreifen weichen so weit wie möglich nach links aus, Verkehrsteilnehmer auf der rechten Fahrspur so weit wie möglich nach rechts.
  • Bei dreispurigen Straßen ist die Rettungsgassen zwischen der äußersten linken und der mittleren Spur zu bilden. Die mittlere und rechte Spur weichen somit nach rechts aus.
  • Auch bei Autobahnen oder Kraftfahrstraßen (Schnellstraßen) mit vier Spuren in eine Richtung müssen Fahrzeugführer zwischen der äußersten linken und allen anderen Spuren eine Rettungsgasse bilden.
  • Die Richtlinien gelten unter anderem auch für Autobahnauffahrten. Dort muss darauf geachtet werden, dass Rettungskräfte möglichst problemfrei zur eigentlichen Rettungsgasse gelangen können - auch über mehrere Spuren hinweg.
  • Grundsätzlich gilt, dass der Seitenstreifen, gern auch Standstreifen oder Pannenstreifen genannt, frei bleiben sollte. Dieser sollte nur befahren werden, wenn dies zwingend für die Rettungsgasse notwendig ist oder Sie von Rettungskräften dazu aufgefordert werden.
© ADAC

Wie verhält man sich bei Stau im Baustellenbereich?

Nicht nur auf freier Strecke, sondern auch im Bereich einer Baustelle müssen Sie im Notfall eine Rettungsgasse bilden. Aufgrund der Enge im Baustellenbereich sollten Auto- und Lastwagenfahrer daher noch mehr Aufmerksamkeit auf den Verkehr legen.

Folgendes sollten Sie beim Bilden einer Rettungsgasse im Baustellenbereich beachten:

  • Grundsätzlich gilt auch hier, dass die Rettungsgasse zwischen der äußersten linken und allen anderen Spuren gebildet wird.
  • Zusätzlich empfehlen die Einsatzkräfte bei zwei Spuren möglichst nur die rechte Spur zu befahren, um den Rettungskräften die linke Spur freizuhalten.
  • Wenn die linke Spur nicht freigehalten werden kann, dann bitten die Einsatzkräfte um große Lücken zum Vordermann. Damit besteht genug Rangiermöglichkeit und (auch große) Einsatzfahrzeuge können sich durchschlängeln.
  • Grundsätzlich gilt in Baustellen immer: Lastwagen, Busse und Fahrzeuge mit Anhängern ausschließlich rechts fahren.

Wann droht ein Bußgeld?

Seit dem Jahr 2017 hat der Gesetzgeber die Bußgelder in Bezug auf das Bilden einer Rettungsgasse sowie auf das Behindern von Einsatzkräften deutlich erhöht. Ein Bußgeld droht schon dann, wenn Sie bei Stau oder stockendem Verkehr keine Rettungsgasse gebildet haben. Eine Behinderung oder gar Gefährdung der Rettungskräfte wirkt sich im Bußgeldkatalog noch einmal erschwerend aus. Wenn es auch noch zu einer Sachbeschädigung kommt, können schließlich Summen bis hin zu 320 Euro fällig werden.

Auch das unerlaubte Nutzen einer Rettungsgasse kann für Sie teuer werden. Denn diese ist lediglich der Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst sowie den Abschleppern vorbehalten. Übrigens: Die Rettungsgasse und der Seitenstreifen dürfen auch nicht von Motorradfahrern genutzt werden - es gibt keine Ausnahmeregeln für Zweiräder.

Gleiches gilt auch fürs unerlaubte Wenden auf der Autobahn. Sie dürfen auf deutschen Autobahnen nicht Wenden, rückwärts oder gar in die entgegengesetzte Richtung fahren, solange Sie dazu keine ausdrückliche Aufforderung von Einsatzkräften erhalten. Wer durch ein solches unerlaubtes Manöver "Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet", dem drohen nach Paragraf 315c Strafgesetzbuch bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe.

Verboten ist im Übrigen ebenfalls das Betreten der Autobahn. Gemäß Paragraf 18 der Straßen-Verkehrsordnung „dürfen zu Fuß Gehende Autobahnen nicht betreten“ - außer es ist ein Notstand (wie bei Erste Hilfe-Maßnahmen oder einer Panne) gegeben. Ansonsten droht ein Bußgeld von zehn Euro. Herrscht im Stau allerdings absoluter Stillstand, wird die Polizei wahrscheinlich kulant sein. Die Rettungsgasse sollte aber immer frei bleiben.

Diese Sanktionen drohen Ihnen, wenn Sie keine freie Gasse für Hilfsfahrzeuge schaffen:

  • Nicht gebildete Rettungsgasse: 200 Euro, 2 Punkte im Fahreignungsregister und ein Monat Fahrverbot
  • Nicht gebildete Rettungsgasse mit Behinderung, zum Beispiel von Einsatzkräften: 240 Euro, 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot
  • Nicht gebildete Rettungsgasse mit Gefährdung: 280 Euro, 2 Punkte und einen Monat Fahrverbot
  • Nicht gebildete Rettungsgasse mit Sachbeschädigung: 320 Euro, 2 Punkte und einen Monat Fahrverbot

Diese Bußgelder drohen, wenn Sie die Rettungsgasse unberechtigt nutzen:

  • Unberechtigte Nutzung einer Rettungsgasse bei stockendem Verkehr: 240 Euro, 2 Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot
  • Unberechtigte Nutzung mit Behinderung: 280 Euro, 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot
  • Unberechtigte Nutzung mit Gefährdung: 300 Euro, 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot
  • Unberechtigte Nutzung mit Sachbeschädigung: 320 Euro, 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot

Welche Regeln gelten im Ausland?

Ähnlich wie in Deutschland gibt es in den meisten europäischen Staaten ebenfalls Regeln zur Vorfahrt von Einsatzfahrzeugen. Auch die Rettungsgasse ist in einigen Ländern gesetzlich vorgeschrieben

Ein Überblick über die Regeln im Ausland:

  • Österreich: Ähnlich wie in Deutschland ist im Nachbarland die Rettungsgasse bei stockendem Verkehr seit 2012 vorgeschrieben. In Österreich gilt die Vorschrift allerdings für alle mehrspurigen Fahrbahnen, die von der Gegenseite abgegrenzt sind, unabhängig davon, ob inner- oder außerorts. Auch hier wird die Rettungsgasse zwischen der äußersten linken und der nächsten daneben liegenden Spur gebildet. Es darf aber auch der Seitenstreifen befahren werden.
  • Schweiz: Das Straßenverkehrsgesetz definiert, dass den "Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- und Zollfahrzeugen [...] beim Wahrnehmen der besonderen Warnsignale die Straße sofort freizugeben [ist]." Seit 1. Januar 2021 ist zudem jeder Fahrzeugführer auf Autobahnen und Autostraßen verpflichtet, eine Rettungsgasse zwischen dem linken äußeren und dem zweiten Fahrstreifen von links zu bilden.
  • Polen: Im sächsischen Nachbarland gibt es zwar Appelle der Polizei und Feuerwehr zur Bildung einer Rettungsgasse, jedoch bislang keine Vorschrift diesbezüglich. Jedoch drohen nach dem Straßenverkehrsgesetz bei der allgemeinen Behinderung von Einsatzkräften ein Bußgeld von 500 Złoty (etwa 118 Euro) und fünf Punkte in der Verkehrssünderkartei. In besonderen Fällen kann es auch zu Strafanzeigen kommen.
  • Tschechien: Seit Oktober 2018 muss in Tschechien genau wie in Deutschland und Österreich eine Rettungsgasse gebildet werden. Es gilt vorsorglich einen freien Fahrstreifen von mindestens drei Metern auf Autobahnen und Schnellstraßen ab zwei Fahrspuren zwischen dem äußeren linken und den danebenliegenden Fahrspuren zu schaffen. Vor 2018 mussten Fahrer noch zwischen dem äußersten rechten und dem links daneben befindlichen Fahrstreifen eine Rettungsgasse bilden. Dies wurde zur Vereinheitlichung in der EU geändert.
  • Ungarn: Auch in Ungarn muss seit September 2012 eine Rettungsgasse gebildet werden. Es gelten die gleichen Regeln wie in Österreich: Freie Bahn zwischen äußeren linken und allen anderen Fahrstreifen bilden sowie bei Bedarf auch den Seitenstreifen befahren.

Informationen zu den Regelungen in anderen Staaten finden Sie beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC).