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Die Wasserschutzpolizei, die nicht ins Fernsehen kommt

Pirna hat neue Wasserschutzpolizisten. Allerdings arbeiten die nur vor der Kamera. Dabei hätte die echte Wapo auf der Elbe Verstärkung dringend nötig.

Von Jörg Stock
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"Der beste Job der Welt." Die Wasserschutzpolizisten Maik Breitfeld (vorn) und Stefan Lisofsky auf Elb-Streife in der Sächsischen Schweiz. Hier treffen sie manchmal auch ihre Doppelgänger vom Filmteam "Wapo Elbe".
"Der beste Job der Welt." Die Wasserschutzpolizisten Maik Breitfeld (vorn) und Stefan Lisofsky auf Elb-Streife in der Sächsischen Schweiz. Hier treffen sie manchmal auch ihre Doppelgänger vom Filmteam "Wapo Elbe". © Daniel Schäfer

Wer Wasserschutzpolizist auf der Elbe ist, der braucht kräftige Arme zum Winken, sagt Polizeihauptkommissar Maik Breitfeld. Er wird heute Kanusportlern zuwinken, Schlauchbootpaddlern, Schiffspassagieren und Dampferkapitänen. Polizeihauptmeister Stefan Lisofsky, sein Kollege, erklärt sich die Vertrautheit mit der ziemlich eingeschworenen Gemeinschaft derer, die am Fluss und auf dem Fluss zu tun haben. Die Fluktuation sei gering. "Man ist wie eine große Familie."

Mit dem finnischen Turbo auf die Bundeswasserstraße

Breitfeld und Lisofsky, Angehörige der Wasserschutzpolizei Sachsen, Abschnitt Dresden, sind auf Streife. Ihr Streifenwagen ist ein Schnellboot, ein Alu-Katamaran aus Finnland mit Außenbordern, zweimal achtzig PS. Gerade haben sie vom Posten Pirna in Richtung Sächsische Schweiz abgelegt, um auf der Bundeswasserstraße Elbe Sicherheit und Ordnung zu wahren. Davon abgesehen haben sie keinen konkreten Auftrag. Und das ist das Gute an diesem Job, findet Stefan Lisofsky. "Wir dürfen uns die Arbeit selbst suchen."

Die "WSP 21" hat auf ihrer Streifenfahrt in Rathen angelegt. Hier kentern immer wieder Paddelboote beim Kontakt mit dem Seil der Fähre. Auch dieses Jahr ist das schon passiert.
Die "WSP 21" hat auf ihrer Streifenfahrt in Rathen angelegt. Hier kentern immer wieder Paddelboote beim Kontakt mit dem Seil der Fähre. Auch dieses Jahr ist das schon passiert. © Daniel Schäfer

Arbeit ist erst mal keine in Sicht, obwohl der Fluss, anders als noch vor wenigen Tagen, reichlich Wasser führt. Zwei Meter zwanzig Tiefe zeigt das Sonar, doch die Elbe liegt weit und leer vor dem Bug. Handelsschifffahrt gibt es kaum noch, sagen die Polizisten, abgesehen von einem gelegentlichen Schubverband mit Sojaschrot, Turbinen oder Altmetall. Und die Wassersportler scheinen wegen des angesagten Mistwetters gleich die Segel gestrichen zu haben.

Filmleute besorgen sich echtes Polizeiboot aus NRW

Aber es gibt Anlass zum Winken. Die Wasserschutzpolizei auf dem Fluss winkt der Wasserschutzpolizei an Land. Bei der Pirnaer Stadtbrücke hat sie ihre Wache eröffnet, mit schick getöntem Glas an der Front, großem Polizeistern an der Ufermauer und schnittigem Patrouillenboot am Anleger. Und mit Scheinwerfern und Kameras. Denn die, die da, ebenfalls weiße Hemden und goldene Tressen tragend, herübergrüßen, sind Schauspieler, die für "Wapo Elbe" drehen, die neue Vorabend-Krimiserie der ARD.

Die Filmpolizisten von "Wapo Elbe" an der Pirnaer Stadtbrücke. Die Schauspieler hatten vor dem Dreh einen Tag Praktikum bei der echten Wasserschutzpolizei.
Die Filmpolizisten von "Wapo Elbe" an der Pirnaer Stadtbrücke. Die Schauspieler hatten vor dem Dreh einen Tag Praktikum bei der echten Wasserschutzpolizei. © Rudolf Wernicke

Für die echten Polizisten gehört nun auch die Filmtruppe, zumindest vorübergehend, zur Großfamilie. Man weiß voneinander und steht in Kontakt, sagt Maik Breitfeld. Bereits ein gutes Jahr vor Beginn der Dreharbeiten hatten die Produzenten die Wasserschützer im Dienstsitz am Dresdner Alberthafen besucht und Tipps für die Entwicklung ihres Drehbuchs mitgenommen. Kurz vor Drehstart verbrachten dann die Schauspieler einen ganzen Tag auf der Dienststelle, "ein Segen" für die Vorbereitung, lobt die Produktionsleitung.

Einen Wunsch konnte die richtige Polizei der TV-Polizei nicht erfüllen: ein Streifenboot ausborgen. Monatelang ein Fahrzeug für Dreharbeiten abordnen, inklusive Bootsführer, sei schlicht und einfach unmöglich, sagt Hauptkommissar Breitfeld. Fünf Streifenboote hat die Wasserschutzpolizei im Dienst. Jedes einzelne werde gebraucht. Im Einsatzfall hätte man das Drehteam stehen lassen müssen.

Die Wache der "Wapo Elbe" ist eigentlich die Trainingsstätte des Pirnaer Rudervereins. Die "Elbaue" hingegen war bis kürzlich noch ein reguläres Polizeiboot.
Die Wache der "Wapo Elbe" ist eigentlich die Trainingsstätte des Pirnaer Rudervereins. Die "Elbaue" hingegen war bis kürzlich noch ein reguläres Polizeiboot. © Daniel Förster

Die Filmcrew fand einen Ausweg. Wenige Wochen, bevor die Kameras loslaufen sollten, gelang es, ein ausgemustertes, aber original eingerichtetes Polizeiboot aus Nordrhein-Westfalen zu ersteigern, "ein großartiger Coup", freuen sich die Produzenten noch immer. Das Fahrzeug ist mehr als eine Kulisse. Unter seinem neuen Namen "Elbaue" ist es sogar im Schiffsregister eingetragen, melden die Filmer stolz.

Keine Aussage zum Baubeginn am neuen Stützpunkt

Die schicke Wache der "Wapo Elbe" hingegen ist keine. Tatsächlich handelt es sich um den Kraft- und Trainingsraum des Pirnaer Rudervereins 1872, der nach den jüngsten Elbefluten neu errichtet worden war. Da haben die wirklichen Wasserschützer weniger Glück mit ihrer Unterkunft. Zweihundert Meter stromab steht ihr alter Dienstort, teils ohne Putz, in der Uferlandschaft herum. Der Betrieb wurde 2013 eingestellt und in ein Gebäude des Polizeireviers in der Pirnaer Innenstadt verlegt.

Mehr als eine Handbreit Wasser unterm Kiel: Die Elbe ist bei dieser Streifenfahrt gut gefüllt. Das Sonar meldet über drei Meter Tiefe.
Mehr als eine Handbreit Wasser unterm Kiel: Die Elbe ist bei dieser Streifenfahrt gut gefüllt. Das Sonar meldet über drei Meter Tiefe. © Daniel Schäfer

Grund dafür sind laut Hochbauverwaltung des Freistaats SIB Flutschäden. Inzwischen wurde die Liegenschaft verkauft. Vorgesehen ist nun, den benachbarten Garagenkomplex als neuen Dienstsitz für den Pirnaer Stützpunkt umzubauen. Derzeit laufen dazu die Planungen, teilt das SIB auf Anfrage mit. Zu Kosten und Zeitschiene des Baus könne man derzeit keine Aussagen treffen.

In der Uniform schwitzen, während andere Spaß haben

Maik Breitfeld und Stefan Lisofsky geben Gas in ihrem Boot, beschleunigen auf gute fünfzig Stundenkilometer. Spätestens jetzt wird klar: Das ist kein Urlaub. Die Motoren dröhnen, der Fahrtwind zerrt an den Klamotten, das Wasser schlägt wie mit Fausthieben gegen den Rumpf. Und selbst wenn die Sonne lacht: Zwölf Stunden in der Uniform schwitzen, während sich die anderen in Badesachen auf Booten oder Surfbrettern vergnügen - "das ist nicht immer angenehm", sagt Maik Breitfeld.

Hindernis auf der Bundeswasserstraße: Die Polizisten Breitfeld und Lisofsky hieven eine herrenlose Plastetonne über die abgesenkte Bugklappe auf ihr Boot.
Hindernis auf der Bundeswasserstraße: Die Polizisten Breitfeld und Lisofsky hieven eine herrenlose Plastetonne über die abgesenkte Bugklappe auf ihr Boot. © Daniel Schäfer

Der Wassersport ist das neue große Thema für die Polizisten. Nicht so sehr auf der Elbe, wo es wenig Platz und viele Regeln gibt. Aber westlich von hier, im Neuseenland, boomt es. Leipzig wird zum Klein Venedig. Und das Lausitzer Revier schickt sich an, die größte von Menschenhand geschaffene Wasserlandschaft Europas zu werden. Jedes Restloch, das sich mit Wasser füllt und dann mit Segeljachten und Ausflugskähnen, wird zum schiffbaren Landesgewässer. Zuständig: die Wasserschutzpolizei.

Die potenziellen Einsatzorte der Einheit haben sich in den letzten Jahren in Sachsen mehr als verzehnfacht. Die Anzahl der Bediensteten stieg laut Innenministerium 2020 und 2021 um sechs. Aktuell verfügt die Wasserschutzpolizei über 56 Köpfe, davon 52 Vollzugsbeamte. Die Einrichtung neuer Stützpunkte sei aktuell nicht vorgesehen, heißt es.

Der Einsatzkoffer: Alkomat, Blutentnahmeset, Fotoapparat, Funkgerät und jede Menge Schlüssel für Stege, Poller, Garagen und Diensträume.
Der Einsatzkoffer: Alkomat, Blutentnahmeset, Fotoapparat, Funkgerät und jede Menge Schlüssel für Stege, Poller, Garagen und Diensträume. © Daniel Schäfer

So muss Stefan Lisofsky am Steuerrad seines Boots vage bleiben, wenn man ihn fragt, ob die tägliche Streife auf der Bundeswasserstraße Elbe noch realistisch ist. "Wir versuchen, es jeden Tag zu ermöglichen", sagt er. Aber die anderen Gewässer dürfe man auch nicht vernachlässigen, insbesondere die neuen Seen, auf denen es beim Ausprobieren neuster Trends manchmal zugehe, wie auf der Wassersportmesse. "Da muss man einen Mittelweg finden", sagt der Polizist, "und überall mal präsent sein."

Die Schauspieler von "Wapo Elbe" können ihnen dabei nicht helfen, obwohl es schon mal vorkommt, dass sie auf dem Weg vom Garderobenmobil zum Motiv von Hilfe suchenden Menschen angesprochen werden, etwa mit der Frage, wo es denn ins Stadtzentrum gehe und dergleichen. Mit einem Notfall sei bisher keiner in der "Wache" aufgetaucht, lässt die Produktionsleitung wissen. "Die Karte der echten Kollegen mussten wir noch nicht ziehen."