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Wie sich die Wirtschaft wandelt

Der Kohleausstieg trifft Sachsen besonders stark. Innovative Forschung und moderne Arbeitskultur sollen hier eine Modellregion entstehen lassen. Der Anfang ist gemacht.

Von Annett Kschieschan
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Eine Seite umblättern und ein neues Kapitel aufschlagen? So einfach funktioniert die Sache mit dem Strukturwandel nicht. Viele Entwicklungen sind das Ergebnis jahrelangen Ringens.
Eine Seite umblättern und ein neues Kapitel aufschlagen? So einfach funktioniert die Sache mit dem Strukturwandel nicht. Viele Entwicklungen sind das Ergebnis jahrelangen Ringens. © AdobeStock

Ein Wort, das mancher nicht mehr hören mag. Sperrig und auf den ersten Blick ziemlich inhaltsleer. Aber der Strukturwandel ist längst angekommen in Sachsen. Und er wird die Wirtschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten prägen. Der Ausstieg aus der Braunkohle trifft das Bundesland besonders hart.

Allein in der Lausitz, dem zweitgrößten deutschen Braunkohlerevier, hängen rund 24.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Kohle. Im Mitteldeutschen Braunkohlerevier, das zum Großteil in Sachsen-Anhalt liegt, aber bis in den Westen Sachsens reicht, sind noch einmal knapp 3.000 Menschen direkt in der Braunkohle beschäftigt. Wie soll es für sie und die Regionen selbst weitergehen? Mit dieser Frage befassen sich Wissenschaft, Wirtschaft und Politik intensiv. Vor allem für die Lausitz gibt es Ideen, die zum Teil bis in die 90er Jahre zurückreichen.In der jüngeren Vergangenheit haben einige von ihnen Fahrt aufgenommen. Brandenburg und Sachsen arbeiten in Sachen Strukturwandel inzwischen intensiver zusammen. So gibt es ein gemeinsames Investorenportal, das die Region mit ihren Stärken und Chancen in den Fokus rückt.

Energieforschung und Gründergeist

Erst vor wenigen Wochen haben außerdem Kathrin Schneider, Chefin der Brandenburger Staatskanzlei, und Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Darin bekräftigen die Länder das Ziel, die Lausitz gemeinsam zu einer europäischen Modellregion für den Strukturwandel und zu einer nachhaltigen Energieregion zu entwickeln. Besonders modern, beispielgebend gar für andere Länder, soll sie künftig aufgestellt sein, die Lausitz. „Für die Umsetzung länderüberschreitender Infrastrukturen und die Schaffung von Industriearbeitsplätzen etwa an den Industriestandorten Schwarze Pumpe und Schwarzheide/Lauchhammer ist eine gute Abstimmung unabdingbar“, so Kathrin Schneider.

Aber auch beim Aufbau neuer Forschungseinrichtungen und der Entwicklung der geplanten „Gesundheitsregion Lausitz“ sei eine enge Kooperation für beide Seiten von Vorteil. „Mit dem Ausbau des Bahnwerks in Cottbus, der Kathodenfabrik am BASF-Standort in Schwarzheide und dem Gründerzentrum Dock 3 in Schwarze Pumpe haben wir bereits wichtige Meilensteine gesetzt. Darauf bauen wir auf“, so Kathrin Schneider weiter. Viele innovative Forschungszentren, der Bahnausbau, eine engmaschige Beratungsstruktur für die zahlreichen kleinen Firmen in der Region - das alles soll dazu beitragen, den Strukturwandel zum Erfolg zu machen.

Gute Basis vor Ort

Das 2020 vom Bund verabschiedete Investitionsgesetz für die Kohleregionen unterstützt die Strukturentwicklung mit insgesamt rund 40 Milliarden Euro. Für das Lausitzer Revier stellt der Bund im Rahmen von drei Förderperioden bis zum Jahr 2038 insgesamt rund sechs Milliarden Euro bereit.

Dabei muss kein Investor bei null beginnen. Eine gute Basis für die Wirtschaft der Zukunft gibt es im Osten Sachsens und im Süden Brandenburgs durchaus. Längst werden hier Weichen gestellt für das, was kommen soll. „Neben der Entwicklung von großflächigen Gewerbe- und Industrieansiedlungen im Industriepark Schwarze Pumpe konnten im Freistaat Sachsen bereits die Ansiedlung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und auch von Forschungseinrichtungen wie dem Hydrogen Lab Görlitz und dem Center for Advanced Systems Understanding (Casus) erreicht werden“, bilanziert Thomas Schmidt, der zudem das geplante Großforschungszentrum in der Lausitz, das Zentrum der Kreislaufwirtschaft Circecon und die Ansätze für den Einsatz batterieelektrischer oder wasserstoffbetriebener Schienenfahrzeuge als wichtige Impulsgeber für die Zukunft nennt.

Brandenburg und Sachsen hatten bereits 2017 mit dem “Großräschener Grundsatzpapier“ die Weichen für eine einheitliche Strukturentwicklung der Lausitz gelegt und sich dabei auf die fünf Schwerpunkte Infrastruktur, Digitalisierung und Forschung, Wirtschaftsförderung, Fachkräftesicherung und Tourismus verständigt.Welche konkreten Projekte dazu entwickelt und umgesetzt werden, soll möglichst transparent sein. Über ein sogenannten „Schaufenster-Format“ sollen alle interessierten Anwohner die Möglichkeit haben, ganz nah mitzuerleben, wie sich die Region verändert.