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Dresdner Studie zeigt: Eltern können ihre Kinder am Körpergeruch erkennen

Eine Dresdner Studie zeigt, dass Eltern ihre Kinder am Körpergeruch erkennen. Das ändert sich jedoch im Laufe der Kindheit. Aus gutem Grund.

Von Jana Mundus
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Laura Schäfer (l.) erforscht an der TU Dresden, wie Eltern den Geruch ihres Kindes bewerten. Mütter von Söhnen empfinden deren Geruch ab einem Alter von neun Jahren als unangenehm.
Laura Schäfer (l.) erforscht an der TU Dresden, wie Eltern den Geruch ihres Kindes bewerten. Mütter von Söhnen empfinden deren Geruch ab einem Alter von neun Jahren als unangenehm. © privat

Ein Baby schnuppert gut. Sein Duft ist eine Mischung aus Milch, Babycreme und pudriger Frische. Er versetzt nicht nur Eltern in Verzücken, sondern zieht auch andere in seinen Bann. Die Dresdner Psychologin Laura Schäfer hat sich in ihrer Dissertation intensiv mit diesem Wohlgeruch beschäftigt. Aber auch mit der Frage, wann Eltern ihre Kinder nicht mehr riechen können. Die Wissenschaftlerin untersuchte in einer Familienstudie, wie Eltern, insbesondere Mütter, den Körpergeruch ihres Kindes wahrnehmen. In den ersten Lebensjahren wird der Duft des eigenen Babys überdurchschnittlich häufig erkannt und durchweg positiv bewertet. Doch das ändert sich im Laufe der Kindheit. Zwischen Müttern und Söhnen gibt es demnach sogar einen Mechanismus, der wahrscheinlich Inzest verhindern soll.

Studien zum menschlichen Geruch sind eher in der Nische Zuhause. Doch genau dort möchte Laura Schäfer sie herausholen. Die promovierte Wissenschaftlerin der Medizinischen Fakultät der TU Dresden hat ihre Dissertation kindlichen Gerüchen und ihrer Signalwirkung für die Mutter-Kind-Bindung gewidmet. Die Datensammlung dauerte insgesamt drei Jahre und die Stichprobe umfasst 300 Teilnehmer, wobei die 0 bis 18 Jahre alten Kinder in vier Gruppen eingeteilt wurden. Für ihre Dissertation wurde die Psychologin nun mit dem Carl Gustav Carus Förderpreis ausgezeichnet. Sie gehört damit zu den insgesamt sieben Preisträgern, die mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten die Jury der Stiftung Hochschulmedizin Dresden überzeugt haben.

Kindersachen aus dem Tiefkühler

Für Laura Schäfers Studie mussten die teilnehmenden Familien erst einmal Wäschewaschen. Es gab eine Experimentalnacht, die im gewohnten häuslichen Umfeld von Mutter und Kind stattfand. Die Familien erhielten dafür vorab Spezialwaschmittel, das die verwendete Bettwäsche geruchsneutral reinigte. Zudem gab es für Mutter und Kind ein geruchsneutrales T-Shirt, dass eine Nacht lang getragen werden musste und am darauffolgenden Tage in der Klinik abgegeben wurde. „Durch Einfrieren haben wir die Geruchsproben konserviert“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Einige Wochen später wurden die Mütter gebeten, zu einem etwa 45-minütigen Test in die Klinik zu kommen. Es wurde ihr Riechstatus überprüft. Anschließend erhielten sie T-Shirts der Kinder und Jugendlichen vorgelegt. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob die vom eigenen Kind getragene Kleidung erkannt wird und wie angenehm oder unangenehm der Körpergeruch empfunden wird. Zudem wurde eine Speichelprobe genommen, um den Hormonstatus und das HLA-Profil zu bestimmen. Das Humane Leukozytenantigen-System ist eine Gengruppe, die für die Funktion des Immunsystems wichtig ist. In der Paarforschung geht man davon aus, dass sich Menschen mit einem unterschiedlichen HLA-Profil eher attraktiver finden, was die Immunabwehr von potenziellen Nachkommen stärken würde.

Natürlicher Schutz vor Inzest

Der Körpergeruch eines Menschen besteht zu etwa 99 Prozent aus Wasser, der Rest sind Eiweiße, Fette und andere Substanzen. Jeder Körpergeruch ist individuell, er stellt den olfaktorischen Fingerabdruck eines Menschen dar, der sich im Laufe des Lebens allerdings verändert und auch von Ernährungsgewohnheiten beeinflusst wird. Studien der Dresdner Wissenschaftler hatten bereits gezeigt, dass der Körpergeruch auch die wahrgenommene Attraktivität beeinflusst.

Das konnte mit den neuen Untersuchungen nun bestätigt werden. Mütter von Söhnen beginnen etwa im neunten Lebensjahr ihres Sohnes, dessen Körpergeruch abzulehnen. „Man könnte hier auch von einer olfaktorischen Inzestprävention sprechen“, sagt Laura Schäfer. „Die Ablehnung geht mit einem Anstieg des Testosteronspiegels einher.“ Postpubertär gibt sich dieses Phänomen übrigens wieder. Zwischen Müttern und Mädchen würden diese Effekte nicht überzufällig festgestellt.

Grundlegend werden Gerüche, die häufig wahrgenommen werden und deshalb vertraut sind, als angenehmer empfunden. Ob diese Geruchsgewöhnung auch der Grund ist, warum sich erwachsene Söhne und ihre Mütter wieder besser riechen könne, müsse in folgenden Studien noch geklärt werden. „Wir haben eine Querschnittstudie in den Altersgruppen 0 bis 3, 4 bis 8, 9 bis 13 und 14 bis 18 durchgeführt. Um die Effekte bei Einzelpersonen noch genauer zeigen und interpretieren zu können, wäre eine Langzeitstudie sinnvoll.“. Sie möchte auch ihre weitere Forschungsarbeit dem Geruchssinn widmen. Er wird oft unbewusst wahrgenommen, steuert aber wesentlich unser Verhalten und dient maßgeblich unserer Kommunikation.