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Eine neuartige Tür aus Dresden stoppt das Hochwasser

Wie lassen sich Gebäude besser vor Starkregen und Überschwemmungen schützen? Dresdner Forscher entwickelten dafür eine neuartige Haustür.

Von Jana Mundus
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Viele Häuser standen im Jahr 2002 während des Elbe-Hochwassers auch in Gohlis bei Riesa in den Fluten. Mit Booten wurden Anwohner evakuiert.
Viele Häuser standen im Jahr 2002 während des Elbe-Hochwassers auch in Gohlis bei Riesa in den Fluten. Mit Booten wurden Anwohner evakuiert. © ddp/Uwe Meinhold

Die Fluten bahnen sich ihren Weg. Durch feinste Schlitze und Lücken dringen sie bei Hochwasser in Häuser ein, durchfeuchten Wände, Teppiche und Möbel. In den vergangenen Jahrzehnten nahm auch in Deutschland die Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterlagen zu. Immer wieder führen sie zu hohen Pegeln und Überschwemmungen. Wer sich davor schützen will, kann auf spezielle Hochwasser-Schutztüren setzen. Die bestehen jedoch aus Stahl und erinnern eher an Schiffstüren. Gerade für den Altbau oder denkmalgeschützte Gebäude stellt das gestalterisch keine Option dar. Forscher aus Dresden entwickelten nun eine Tür aus Holz – und begegnen damit Vorurteilen.

Rodger Scheffler kennt die Vorbehalte gegen den Baustoff: Holz verzieht sich, es quillt, es modert. Wie soll es da Schutz bei Hochwasser bieten? „Das mag für einige Holzarten ja stimmen, aber eben längst nicht für alle“, sagt er. Scheffler muss es wissen. Am Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) leitete er das Projekt rund um die Tür, die vor Schäden durch Hochwasser schützen soll. Die Idee dazu entwickelte sich bereits vor einigen Jahren. „Natürlich kannte auch jeder von uns Kollegen oder Freunde, die bei den letzten Elbe-Hochwassern betroffen waren.“ Die Frage stand im Raum, ob nicht schon die richtige Tür dafür sorgen könnte, das Eindringen von Wasser bestmöglich zu verhindern.

Schwachstellen aufdecken

Aus den verschiedensten Arbeitsbereichen des Instituts bildete sich ein Projektteam. Experten für Fenster und Türen, Physik und Oberflächenbeschichtungen gingen das Thema gemeinsam an. „Zuerst haben wir uns die Schwachstellen normaler Holztüren bei Hochwasser angeschaut“, beschreibt Scheffler das Vorgehen. Gleich mehrere Probleme traten dabei zutage. Zum einen sickert in vielen Fällen Wasser an den Türschwellen hinein, weil diese feinste Lücken bieten. Auch die Türscharniere und mangelnde Dichtungen bieten Raum für das Eindringen der Fluten. „Uns fiel außerdem auf, dass bei den Türen meist nur die sichtbaren Stellen beschichtet sind“, fügt der Wissenschaftler hinzu. Dabei ist solch eine schützende Schicht gerade auch beim möglichen Eindringen von Wasser wichtig.

Im Institut für Holztechnologie wurde die Tür ausgiebig getestet. Zwei Firmen, die am Projekt beteiligt waren, bieten sie nun zum Kauf an.
Im Institut für Holztechnologie wurde die Tür ausgiebig getestet. Zwei Firmen, die am Projekt beteiligt waren, bieten sie nun zum Kauf an. © PR/IHD

In der Folge entwickelte das Team eine neuartige Schutztür. In einem eigens für das Projekt gebauten Hochwasserprüfstand am Institut testeten sie sie ausgiebig. Nicht nur 24 Stunden lang setzten sie die Tür unter Wasser. Sie musste auch zwei Wochen lang beweisen, dass sie dem Wasser standhalten kann. Mit Technik wie Wärmebildkameras oder Sensoren, die Feuchtigkeit messen, untersuchten die Forscher die Tür anschließend auf etwaige Beschädigungen. Erste wichtige Erkenntnis nach den Untersuchungen: Die Tür muss mindestens 85 Millimeter dick sein, um dem Wasserdruck standhalten zu können. „Außerdem sollte sie nach außen zu öffnen sein“, ergänzt Scheffler. Denn genau das sei oftmals das Problem, dass die Türscharniere nachgeben und das Wasser durch die geöffnete Tür ungehindert in die Wohnung fließt.

Extra Idee fürs Evakuieren

Als Holzart empfehlen die Experten für die Türen Amerikanische Eiche und die tropischen Laubhölzer Meranti. Auch Accoya, speziell chemisch modifizierte Hölzer, eignen sich, sind aber teuer. In Sachen Dichtigkeit setzen die Forscher auf ein umlaufendes Silikon-Dichtungssystem mit weichen Dichtungsecken. Sogar für die Bohrlöcher im Türfalz entwickelten sie einen Schutz. Darüber hinaus sei es aber essenziell, alle wichtigen Bauteile hochwertig zu beschichten, was ein Quellen verhindert.

Besonders am Herzen lag den Wissenschaftlern aber auch die Evakuierung der Menschen, wenn vor deren Häusern das Wasser steigt. Damit in diesem Moment die Tür nicht komplett geöffnet werden muss, ist die Neuentwicklung aus Dresden zweigeteilt. So reicht es, den oberen Bereich zu öffnen, um ins Freie zu gelangen.

Schon früh ins Projekt involviert waren zwei Herstellerfirmen für Haustüren: die Variotec GmbH aus der Oberpfalz und die HFBB Holzfensterbau Bernau GmbH aus Brandenburg. Deshalb kann, wer möchte, die Tür heute auch kaufen. Es ist nicht das Einzige, worüber sich die Wissenschaftler nach Projektende freuen können. Vom Trägerverein des IHD gab es jetzt obendrauf noch den ersten Platz beim diesjährigen Forschungspreis.